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Nachbarrecht
Anspruch auf Beseitigung einer Schilfmatte?
21.09.2007 (GE 18/2007, Seite 1229) Ein Schilfmattenzaun an der Grenze zum Nachbargrundstück muß beseitigt werden, eine Grenzhecke darf nicht eigenmächtig beschnitten werden, entschied das AG Wedding. Die Auffassung bezüglich des Schilfmattenzauns ist jedoch falsch.
Der Fall: Die Parteien sind Nachbarn. Zwischen ihren Grundstücken befindet sich auf der Grundstücksgrenze ein etwa 1 m hoher Maschendrahtzaun. Dahinter befindet sich auf dem im Eigentum der Beklagten stehenden Grundstück an der Grenze zu dem im Eigentum der Kläger stehenden Grundstück eine Ligusterhecke. Nachdem der Kläger die Hecke zurückgeschnitten hatte, errichteten die Beklagten zwischen Hecke und Maschendrahtzaun einen ca. 2 m hohen Schilfmattenzaun, womit der Kläger nicht einverstanden war und deswegen auf Beseitigung klagte. Ferner verlangte er Ersatz der ihm für die erfolglose Aufforderung zur Beseitigung durch einen Rechtsanwalt entstandenen Kosten. Die Beklagten verlangten widerklagend u. a. Unterlassung des Beschneidens der Ligusterhecke.

Das Urteil: Das AG Wedding verurteilte die Beklagten, den Schilfmattenzaun zu beseitigen und auf die Widerklage den Kläger zur Unterlassung des Beschneidens der Ligusterhecke.
Bei dem Schilfmattenzaun handele es sich um eine gemeinschaftlich genutzte Grenzeinrichtung, weil sie zum Vorteil beider Grundstücke zu deren Trennung diene. Daher könne der Kläger gem. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen, daß der eigenmächtig von den Beklagten errichtete Schilfmattenzaun beseitigt werde, um die ursprüngliche Grenzeinrichtung, den Maschendrahtzaun, wieder zur Geltung zu bringen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 23 Abs. 3 NachbarG Bln. Zwar könne danach ein Nachbar von demjenigen, von dem eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgehe, die Erhöhung oder Verstärkung der Einfriedung verlangen. Eine solche unzumutbare Beeinträchtigung sei aber nicht dargelegt. Da die Beklagten zur Beseitigung verpflichtet seien, seien sie auch zum Ersatz der für die Durchsetzung des Anspruchs entstandenen Rechtsanwaltskosten verpflichtet.
Die Widerklage sei ebenfalls insoweit begründet, als der Kläger eigenmächtig die Ligusterhecke zurückgeschnitten habe. Das eigenmächtige Beschneiden sei auch widerrechtlich gewesen, da selbst bei Überschreitung der zulässigen Höhe der Hecke dem Kläger lediglich ein Beseitigungsanspruch gemäß § 31 NachbarG Bln zugestanden habe, er aber nicht zum eigenmächtigen Rückschneiden berechtigt gewesen sei.

Anmerkung: Das AG Wedding hat § 921 BGB verkannt, denn erste Voraussetzung einer dort definierten Grenzanlage ist, daß die Einrichtung von der Grenzlinie geschnitten wird (BGH GE 2000, 54). An der Grenze ganz auf dem Nachbargrundstück stehende Einrichtungen – wie hier der Schilfmattenzaun – scheiden dagegen aus. Wird aber die Einrichtung nicht von der Grenzlinie geschnitten, kommt es darauf, ob die Einrichtung dem Vorteil beider Grundstücke dient, nicht mehr an. Gemäß § 6 Abs. 7 BauO Bln sind geschlossenen Einfriedungen bis zu 2 m Höhe an einer Nachbargrenze zulässig. § 23 Abs. 3 NachbarG Bln ist nicht einschlägig, denn diese Vorschrift regelt nur die Beschaffenheit einer Einfriedung, die der Nachbar an der rechten Grenze zum rechten Nachbargrundstück verlangen kann (§ 21 Nr. 1, 2 a NachbarG Bln). Eine solche Einfriedung war aber bereits in der Gestalt des Maschendrahtzaunes vorhanden.

AG Wedding, Urteil vom 21. Juni 2007 - 19 C 396/06 - Wortlaut Seite 1261
Autor: Harald Kinne