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Wenn die Maus satt ist, wird das Mehl bitter …
Cerberus zieht sich aus dem Berliner Wohnungsmarkt zurück
14.08.2007 (GE 15/2007, Seite 1008) Wer in Deutschland mit der Bewirtschaftung von Wohnungen Geld verdienen will, braucht erstens einen spitzen Bleistift, zweitens gesunden Menschenverstand, Geduld und eine dicke Haut und schließlich auch noch eine gehörige Portion Bescheidenheit. Wer über all das nicht verfügt oder auch nur über eines davon nicht, wird über kurz oder lang das Weite suchen. Und so ist es kein Wunder, daß die ersten "Heuschrecken" sich inzwischen wieder saftigere Weideplätze suchen.

Wenn die Maus satt ist, wird das Mehl bitter …

Cerberus, der amerikanische Finanzinvestor, gehörte schon immer zu den schnellsten. Als einer der ersten kaufte er – der größte Brocken war 2004 die landeseigene Berliner Wohnungsbaugesellschaft GSW –, als einer der ersten nimmt er auch wieder die Hufe in die Hand. Eineinhalb Jahre nach dem Kauf der einst gewerkschaftseigenen Wohnungsgesellschaft BauBeCon schlägt Cerberus den gesamten Bestand auch schon wieder los, und das ausgerechnet an eine Erwerbergesellschaft, an der zu 60 % eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bank beteiligt ist – die Rosenberg Real Estate Equity Funds (RREEF) – zu 40 % die italienische Pirelli Real Estate aus einem Konzern, der eher für die von ihm produzierten Reifen bekannt ist. Da kann man wenigstens vernünftige Bremsmanöver fahren, damit es nicht an die Wand geht. Es macht ja auch keinen großen Spaß, wenn man sieht, daß sich die Einkaufspreise seit 2000 verdoppelt und die zu erwirtschaftenden Renditen – gemessen an den Erwartungen – geviertelt haben. Morgan Stanley hat kürzlich einmal genüßlich vorgerechnet, daß die GSW 2004 noch zum Quadratmeterpreis von 500 Euro zu haben war, während für die GEHAG 2007 das Doppelte ausgegeben werden mußte. Dazwischen lagen Wohnungstransaktionen von TKI (2004, 675 Euro), RSE (2004, 690 Euro), Viterra (2005, 790 Euro), Nileg (2005, 890 Euro), BauBeCon (2005 900 Euro – die schlug Cerberus jetzt übrigens immerhin für rund 960 Euro pro Quadratmeter wieder los). Ob die Deutsche Bank mit ihrem erneuten Markteintritt jetzt wieder glücklich wird, sei dahingestellt. Als besonders erfolgreich auf diesem Sektor gilt das größte deutsche Bankhaus nicht unbedingt. Immerhin: Neben den jetzt von Cerberus erworbenen rund 33.500 Einheiten gehören der Deutschen Bank auch weitere 21.004 Einheiten, die sie 2006 – auch zusammen mit Pirelli – erworben hat. Die Flucht aus dem deutschen Wohnungsmarkt angetreten hat auch der US-Finanzinvestor Oaktree, der im Juli seinen Mehrheitsanteil an der GEHAG an die Deutsche Wohnen AG abgetreten hat, und auch der Finanzinvestor Blackstone hat 31.000 Wohnungen in Deutschland wieder verkauft – an Pirelli Real Estate. Verkaufswillige mögen sich trösten: Die Nachfrage von Investoren nach deutschen Wohnungen bleibt, auch wenn Großeinkäufe seltener werden. Jetzt interessieren sich die Franzosen für das Land, besonders für den Berliner Wohnungsbestand: Kürzlich organisierte die französische Botschaft in Berlin-Mitte auf drängenden Wunsch französischer Investoren eine Tagung über die Chancen des Berliner Wohnungsmarktes. Der Einwand, daß man jetzt sozusagen auf dem Scheitel der Welle kaufe, interessierte die distinguierten Herren in Nadelstreifen mit dezenten Köfferchen überhaupt nicht. Man müsse den Parisern nur die Preise für Eigentumswohnungen in den Nebenstraßen des Kurfürstendamms nennen und erläuternd hinzufügen, der Kurfürstendamm sei sozusagen die Champs-Elysées von Berlin – und schon würde unbesehen alles gekauft, was auf dem Markt sei. Daß man in Deutschland nach dem Gesetz die Wohnungsmieten alle drei Jahre um bis zu 20 % anheben kann, wußten die Franzosen auch schon. Daß das aber keiner schafft, sondern sich die Mietsteigerungen eng am niedrigen Lebenshaltungskostenindex entlanghangeln, hat die Herren nicht interessiert.
Autor: Dieter Blümmel