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Früher war alles besser
26.07.2007 (26.07.2007 GE 14/2007, Seite 921) Ein Satz für die Ewigkeit wars nicht, aber immerhin mit Potential für den Spruch des Monats: "Unter Eberhard Diepgen wäre das nicht passiert", grantelte Hartmann Vetter, Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins, in Richtung Rotes Rathaus und meinte damit die Entscheidung der Berliner Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer, die trotz des tagelangen öffentlichen Sperrfeuers durch die Mieterverbände der wissenschaftlichen Wahrheit den Vorzug vor der politischen Lüge gegeben hatte.
Es stimmt: Eberhard Diepgen war da anders. Und Hartmann Vetter hat recht: Unter Diepgen wäre das nicht passiert. Da hätte der Mietspiegel 2007 nicht so ausgesehen, wie er jetzt aussieht. Aber es wäre auch kein qualifizierter Mietspiegel gewesen. Solange Diepgen Regierender Bürgermeister war und Einfluß auf die Mietspiegel nahm, hat es überhaupt nie qualifizierte Mietspiegel gegeben und dies nicht nur deshalb, weil das BGB sie erst am 1. September 2001 eingeführt hatte und Diepgen da nicht mehr Regierender Bürgermeister war.
Wenn damals die Zahlen auf dem Tisch lagen, "bat" der Regierende Eberhard Diepgen die Verbandsvertreter der Mieter und Vermieter ins Senatsgästehaus Druck durch Eindruck und knetete sie dann mit seiner Mischung aus Charme und Brutalität so lange weich, bis die Interpretation des Zahlenwerks wenigstens den Mietervertretern ein Lächeln in die Augenwinkel zauberte.
Ja, unter Eberhard Diepgen wäre das nicht passiert. Ich frage mich allerdings, warum die Mietervertreter nicht danach fragen, was unter Eberhard Diepgen so alles passiert ist. Die Antwort liegt nahe: Sie könnten jetzt nicht so laut "Haltet den Dieb" rufen und so sorglos Ursache und Wirkung verwechseln.
"Der Verkauf von über 150.000 Wohnungen an Heuschrecken in den letzten zehn Jahren" habe im Mietspiegel 2007 zu den kräftigen Mietsteigerungen geführt, weiß Hartmann Vetter. Belege dafür hat niemand. Was Kritiker des neuen Mietspiegels und auch die Zeitungen nicht mehr wissen, ist, daß die durchschnittliche Mietsteigerung zwischen dem Mietspiegel 2003 und dem von 2005 höher war als zwischen dem von 2005 und dem von 2007 wenn auch marginal (5,9 % statt jetzt 5,8 %). Zwischen 2003 und 2005 hatten die jetzt vielgescholtenen "Heuschrecken" mangels Masse noch gar keinen Einfluß auf die Mietentwicklung.
Was die Verbandsvertreter der Mieter auch nicht wissen wollen, ist, wer die Gründe für den notwendigen Verkauf der Wohnungsbaugesellschaften gelegt hat. Die Erkenntnis wäre ja auch ein Angriff auf den früheren Schutzheiligen der Berliner Mieter. Berlins Schuldenberg ist untrennbar mit dem Namen Eberhard Diepgen verbunden, die teils miese Situation der städtischen Wohnungsgesellschaften auch, denn die Dämpfung des Mietanstiegs hatte unter Diepgen erste Priorität. Den Preis für diese Politik zahlen die Mieter nur verspätet.
Der qualifizierte Berliner Mietspiegel in hiesiger Machart ist vom BGH anerkannt, sogar die nicht zugehörige Orientierungshilfe. Es gibt nichts Vergleichbares, das so zu Rechtssicherheit, aber auch zur Investitionssicherheit in der Wohnungswirtschaft beigetragen hat wie der Berliner Mietspiegel. Er muß, weil er eben kein "Bordeaux-Mietspiegel" ist (auf den Mieter und Vermieter sich bei einem Glas Wein verständigen), die Realität auf dem Mietenmarkt ungeschminkt widerspiegeln, darf kein Zerrspiegel sein, der die Mieten zu üppig oder zu mager ausweist. Er ist schließlich Träger einer gesetzlichen Vermutung: daß er nämlich die ortsübliche Miete ausweist.
Das ist eigentlich kein Feld für das Interessensgeschrei der Verbände. Berlins Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer hat das begriffen. Die Frau ist sachorientiert, prinzipienfest, gesetzes-treu und alles andere als wankelmütig. Mich jedenfalls hat es beeindruckt, wie sie im Sperrfeuer von Mieterverbänden und eigener Partei unaufgeregt und fest ihren Mann pardon: ihre Frau gestanden hat.
Im übrigen: Nach dem Mietspiegel ist vor dem Mietspiegel. Und wenn alle ihren Egoismus ein wenig zurücknehmen, ist vielleicht auch wieder ein gemeinsam getragener Mietspiegel keine Utopie.
Wenn damals die Zahlen auf dem Tisch lagen, "bat" der Regierende Eberhard Diepgen die Verbandsvertreter der Mieter und Vermieter ins Senatsgästehaus Druck durch Eindruck und knetete sie dann mit seiner Mischung aus Charme und Brutalität so lange weich, bis die Interpretation des Zahlenwerks wenigstens den Mietervertretern ein Lächeln in die Augenwinkel zauberte.
Ja, unter Eberhard Diepgen wäre das nicht passiert. Ich frage mich allerdings, warum die Mietervertreter nicht danach fragen, was unter Eberhard Diepgen so alles passiert ist. Die Antwort liegt nahe: Sie könnten jetzt nicht so laut "Haltet den Dieb" rufen und so sorglos Ursache und Wirkung verwechseln.
"Der Verkauf von über 150.000 Wohnungen an Heuschrecken in den letzten zehn Jahren" habe im Mietspiegel 2007 zu den kräftigen Mietsteigerungen geführt, weiß Hartmann Vetter. Belege dafür hat niemand. Was Kritiker des neuen Mietspiegels und auch die Zeitungen nicht mehr wissen, ist, daß die durchschnittliche Mietsteigerung zwischen dem Mietspiegel 2003 und dem von 2005 höher war als zwischen dem von 2005 und dem von 2007 wenn auch marginal (5,9 % statt jetzt 5,8 %). Zwischen 2003 und 2005 hatten die jetzt vielgescholtenen "Heuschrecken" mangels Masse noch gar keinen Einfluß auf die Mietentwicklung.
Was die Verbandsvertreter der Mieter auch nicht wissen wollen, ist, wer die Gründe für den notwendigen Verkauf der Wohnungsbaugesellschaften gelegt hat. Die Erkenntnis wäre ja auch ein Angriff auf den früheren Schutzheiligen der Berliner Mieter. Berlins Schuldenberg ist untrennbar mit dem Namen Eberhard Diepgen verbunden, die teils miese Situation der städtischen Wohnungsgesellschaften auch, denn die Dämpfung des Mietanstiegs hatte unter Diepgen erste Priorität. Den Preis für diese Politik zahlen die Mieter nur verspätet.
Der qualifizierte Berliner Mietspiegel in hiesiger Machart ist vom BGH anerkannt, sogar die nicht zugehörige Orientierungshilfe. Es gibt nichts Vergleichbares, das so zu Rechtssicherheit, aber auch zur Investitionssicherheit in der Wohnungswirtschaft beigetragen hat wie der Berliner Mietspiegel. Er muß, weil er eben kein "Bordeaux-Mietspiegel" ist (auf den Mieter und Vermieter sich bei einem Glas Wein verständigen), die Realität auf dem Mietenmarkt ungeschminkt widerspiegeln, darf kein Zerrspiegel sein, der die Mieten zu üppig oder zu mager ausweist. Er ist schließlich Träger einer gesetzlichen Vermutung: daß er nämlich die ortsübliche Miete ausweist.
Das ist eigentlich kein Feld für das Interessensgeschrei der Verbände. Berlins Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer hat das begriffen. Die Frau ist sachorientiert, prinzipienfest, gesetzes-treu und alles andere als wankelmütig. Mich jedenfalls hat es beeindruckt, wie sie im Sperrfeuer von Mieterverbänden und eigener Partei unaufgeregt und fest ihren Mann pardon: ihre Frau gestanden hat.
Im übrigen: Nach dem Mietspiegel ist vor dem Mietspiegel. Und wenn alle ihren Egoismus ein wenig zurücknehmen, ist vielleicht auch wieder ein gemeinsam getragener Mietspiegel keine Utopie.
Autor: Dieter Blümmel