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Steuerhinterziehung ist wirklich kein Kavaliersdelikt.
26.07.2007 (GE 14/2007, Seite 928) Fettnapf-Walter hat wieder einmal zugetreten: Unser protokollarisch ranghöchster Berliner, Parlamentspräsident Walter Momper, erwies einem alten Kumpel einen Freundschafts- und der Stadt damit einen Bärendienst.
Momper war als Festredner beim 50jährigen Bestehen der Firma Getränke Lehmann ("ick koof bei Lehmann") aufgetreten. Der Firmeninhaber, Horst Lehmann, war in den letzten 50 Jahren aus kleinen Anfängen zu einer in ganz Berlin bekannten örtlichen Größe aufgestiegen, war zwei Tage vor dem 50. Firmengeburtstag kurzzeitig verhaftet worden, weil er angeblich Vorschub bei von zahlreichen seiner Gastronomiekunden angeblich begangenen Steuerbetrügereien geleistet haben soll. Die sollen in Lehmanns Filialen Getränke wie andere Leute auch eingekauft und bar bezahlt haben, und zwar an ihren eigenen Büchern vorbei. Die Vorwürfe gegen Lehmann sind nicht neu, bisher allerdings auch kein Grund gewesen, strafrechtlich gegen ihn vorzugehen, weil man bekanntlich im Steuerrecht besonders trefflich darüber streiten kann, was nun zulässig, Gestaltungsmißbrauch oder gar strafbar sein kann. Momper, der mit Horst Lehmann offenbar langjährig befreundet ist, sah das wohl auch so und nahm seinen Kumpel vor versammelter Gästeschar in Schutz. Der habe Geschick bei der Führung seines Unternehmens "auch über die Klippen des Steuerrechts" hinweg bewiesen, und er wünsche Lehmann und seiner Mannschaft, "daß Ihr da mit Euren Anwälten gut rauskommt und nichts zurückbleibt". Zunächst einmal müsse die Unschuldsvermutung gelten. Falsch ist daran gar nichts; daß man Freunde in Schutz nimmt, ist auch in Ordnung. Aber problematisch werden solche Äußerungen, wenn sie vom protokollarisch Ersten Mann des Landes kommen und die Trennung schwerfällt, ob da nun der Parlamentspräsident oder Freund Walter gesprochen hat. Daß die Kritik der versammelten Opposition auf Walter Momper niederprasselte, war klar, spitz waren auch die Hinweise aus Mompers eigener Fraktion, die ihm nach dem Besuch der Staatsanwälte abgeraten hatten, bei der Geburtstagsfeier aufzutreten. Momper mag sich gesagt haben, daß politische Ämter auf Zeit, aber Freunde fürs Leben seien. Klug war es also nicht, aber mutig, und jedenfalls eines der kleineren Fettnäpfchen in Mompers langer Karriere.
Autor: Dieter Blümmel