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Addierter Betrag reicht bei Sozialwohnungen nicht
Jede Betriebskostenart muß im Mietvertrag betragsmäßig aufgeführt werden
13.07.2007 (GE 13/2007, Seite 875) Für die Umlage von Betriebskosten auf preisgebundenen Wohnraum (Sozialwohnungen) ist die Angabe eines einheitlichen Vorauszahlungsbetrags nicht ausreichend. Nach § 20 Abs. 1 der Neubaumietenverordnung sind Betriebskosten dem Mieter bei Überlassung der Wohnung "nach Art und Höhe" bekanntzugeben. Nicht immer wird das gemacht. Dann ist die Vereinbarung über die Abwälzung von Betriebskosten unwirksam – die unwirksame Vereinbarung kann jedoch durch Aufschlüsselung der auf die einzelnen Betriebskostenarten entfallenden Kosten in einer Abrechnung für nachfolgende Abrechnungsperioden geheilt werden. Die Heiz- und Warmwasserkostenvorauszahlungen für eine sog. verbundene Anlage i. S. d. § 9 HeizKV brauchen nicht aufgeschlüsselt zu werden. Vorbehaltlose Zahlungen des Mieters auf eine Betriebskostenabrechnung sind nicht als Schuldbestätigung zu werten.
Der Fall: In dem Mietvertrag vom 8. Januar 2004 über eine bis zum 31. Dezember 2001 öffentlich geförderte preisgebundene Wohnung war ein einheitlicher Betriebskostenvorschuß für sämtliche kalten Betriebskosten mit 155 € und für die Heiz- und Warmwasserkosten mit 45 € vereinbart. Die Vermieterin rechnete mit einer Betriebs- und Heizkostenabrechnung vom 28. Dezember 2005 für 2004 ab. Die Mieter bezahlten den sich daraus ergebenden Nachforderungsbetrag. Später verlangten sie Rückzahlung der für die Zeit von Februar 2004 bis einschließlich Juli 2006 geleisteten Vorauszahlungen mit dem Argument, bei den im Mietvertrag aufgeführten Nebenkostenarten sei entgegen § 20 Abs. 1 Satz 3 NMV die jeweilige Höhe der auf sie entfallenden Kosten nicht ausgewiesen, so daß sie die Vorauszahlungen ohne Rechtsgrund geleistet hätten. Das Amtsgericht verurteilte die Vermieterin zur Rückzahlung sämtlicher Betriebskostenvorauszahlungen für die streitbefangene Zeit. Dagegen richtete sich die Berufung der Vermieterin.

Das Urteil: Die ZK 62 des Landgerichts Berlin gab der Berufung insoweit statt, als die Vermieterin zur Rückzahlung der in der Zeit von Februar 2004 bis Dezember 2005 geleisteten Heiz- und Warmwasserkostenvorschüsse und in der Zeit von Januar bis Juli 2006 geleisteten Vorschüsse für sämtliche kalten und warmen Betriebskosten verurteilt worden war. Die Berufung hatte dagegen keinen Erfolg, soweit die Vermieterin zur Rückzahlung der Vorschüsse für die kalten Betriebskosten für Februar 2004 bis Dezember 2005 verurteilt worden war.
Letztere seien zurückzuzahlen, weil im Mietvertrag für die kalten Betriebskosten nur ein einheitlicher Betrag angegeben worden sei, was gegen § 20 Abs. 1 Satz 3 NMV verstoßen habe, wonach die Betriebskosten dem Mieter preisgebundenen Wohnraums bei Überlassung der Wohnung nach Art und Höhe hätten bekanntgegeben werden müssen. Das gelte jedoch nicht für die Heiz- und Warmwasserkostenvorschüsse für die verbundene Anlage. Die hinsichtlich der kalten Betriebskosten unwirksame Vereinbarung sei jedoch durch die Aufschlüsselung der auf die einzelnen Betriebskostenarten entfallenden Kosten in der Abrechnung vom 28. Dezember 2005 für die Zukunft geheilt worden. Dagegen könne sich die Vermieterin nicht darauf berufen, daß für die Zeit davor die Mieter durch vorbehaltlose Zahlungen auf die Betriebskostenabrechnung ihre Verpflichtung zur Zahlung der Vorschüsse bestätigt hätten, denn für eine derartige Schuldbestätigung fehle das entsprechende Erklärungsbewußtsein.

Anmerkung: Die Entscheidung setzt sich leider nicht mit der h. M. auseinander, daß die vorbehaltlose Zahlung einer Abrechnungsnachforderung durch den Mieter als deklaratorisches Anerkenntnis anzusehen ist mit der Wirkung eines Ausschlusses von solchen tatsächlichen oder rechtlichen Einwendungen, die der Mieter kannte oder aufgrund der Abrechnungsunterlagen hätte kennen können (BGH, Urteil vom 18.1.2006, VIII ZR 94/05, GE 2006, 246; OLG Hamburg, WuM 1988, 26 = DWW 1987, 296; WuM 1991, 598; LG Bayreuth, Urteil vom 8.5.2005,13 S 5/05, NJW 2005, 2563; LG Berlin, GE 1990, 759; GE 1999, 909; GE 2000, 813; GE 2000, 1686 = ZMR 2001, 111; LG Hamburg, WuM 2000, 311; LG Köln, ZMR 2001, 547; AG Potsdam, GE 2001, 629; AG Tiergarten GE 2002, 998). Insoweit dürfte auch für den preisgebundenen Wohnraum nichts anderes gelten als für den preisfreien Wohnraum. Zwar ist es richtig, daß § 20 Abs. 1 Satz 3 NMV insoweit leer liefe; aber könnte nicht auch der Mieter preisgebundenen Wohnraums durch Zahlung des Betriebskostensaldos auf deren Schutz verzichten?

LG Berlin, Urteil vom 23. April 2007 - 62 S 28/07 - Wortlaut Seite 913
Autor: Harald Kinne