Archiv / Suche
Bundesgerichtshof setzt den Mietern Hürden
Fristlose Kündigung einer von Schimmelpilz befallenen Wohnung erst nach Fristsetzung oder Abmahnung
29.06.2007 (GE 12/2007, Seite 814) Bei Gesundheitsgefährdung durch Schimmelpilz kann der Mieter grundsätzlich erst dann fristlos kündigen, wenn er dem Vermieter eine angemessene Abhilfefrist gesetzt oder ihn abgemahnt hat. Die Angabe im Mietvertrag, daß das Gebäude abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden soll, ist zur Mitteilung des Befristungsgrundes eines auf estimmte Zeit eingegangenen Mietverhältnisses ausreichend. Gegenüber dem Mietzahlungsanspruch kann der ausgezogene Mieter nicht einwenden, der Vermieter hätte die Mietsache anderweitig vermieten können.
Der Fall: Mit Mietvertrag vom 12. Januar 2002 vermietete der Kläger der Beklagten eine etwa 30 m2 große Wohnung in einem Anbau seines Hauses. Der Mietvertrag war mit der Begründung auf den 31. Dezember 2003 befristet, daß das bestehende Gebäude abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden solle (= echter Zeitmietvertrag).
Mit Schreiben vom 16. September 2002 kündigte die Beklagte den Mietvertrag zum 1. Januar 2003. Der Kläger widersprach der Kündigung unter Hinweis auf die vereinbarte Laufzeit des Mietvertrages bis zum 31. Dezember 2003. Im November 2002 stellte die Beklagte, die in diesem Monat die Wohnung mit Zustimmung des Klägers gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten bewohnte, Schimmelpilzbefall an der Tapete hinter ihrem Schrank und hinter dem Bett fest. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2002 erklärte sie die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Als Grund für die Kündigung gab sie im Kündigungsschreiben unter Hinweis auf den Schimmelpilzbefall an, daß sie unter Neurodermitis und Asthma leide und in den letzten Monaten laufend Hautausschlag und öfter Asthmaanfälle gehabt habe. Einige Tage später zog die Beklagte aus der Wohnung aus und zahlte keine Miete mehr.
Der Kläger hat von der Beklagten die Zahlung der Miete für die zwölf Monate von Januar bis Dezember 2003 verlangt. Die Beklagte hat von dem Kläger im Wege der Widerklage die Rückzahlung der Mietsicherheit beansprucht. Der Beklagte erhielt zunächst Recht, was zur Revision führte.
Das Urteil: Der BGH gab der Revision statt und verwies die Sache an das Berufungsgericht zurück. Bisher könne nicht angenommen werden, daß die wegen Gesundheitsgefährdung durch Schimmelpilz ausgesprochene fristlose Kündigung der Beklagten vom 6. Dezember 2002 den Mietvertrag beendet habe, denn grundsätzlich habe die Beklagte vor der Kündigung dem Vermieter erst eine Frist zur Beseitigung des Schimmelpilzes setzen oder ihn abmahnen müssen. Dies ergebe sich daraus, daß auch die Kündigung wegen Gesundheitsgefährdung unabhängig von den anderweitigen, aber im Gesetz nicht zum Ausdruck gekommenen Vorstellungen des Gesetzgebers nur einen besonders geregelten Fall der außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund darstelle, die aber erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig sei. Diese sei nur dann entbehrlich, wenn Fristsetzung oder Abmahnung keinen Erfolg versprächen oder die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt sei. Dies habe das Berufungsgericht bisher nicht festgestellt. Insoweit sei durch medizinisches Sachverständigengutachten erst noch festzustellen, ob der Schimmelpilzbefall überhaupt gesundheitsgefährdend gewesen sei, wovon nicht allgemein ausgegangen werden könne. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, daß eine Fristsetzung mangels Erfolgsaussicht entbehrlich gewesen sei, weil sich erneuter Schimmelbefall mit zumutbaren Mitteln nicht hätte vermeiden lassen können. Insoweit sei durch Sachverständigengutachten noch festzustellen, ob nicht bereits die viermalige Lüftung durch Kippen der Fenster für etwa drei bis acht Minuten während des Tages zur Vermeidung von Schimmelpilz ausgereicht hätte, was der Beklagten zumutbar sei. Auch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 16. September 2002 habe das Mietverhältnis nicht vor dem Ende seiner Befristung am 31. Dezember 2003 beendet.
Die Angabe im Mietvertrag, daß das Gebäude, in dem die Wohnung liegt, abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden soll, sei zur Mitteilung des Befristungsgrundes ausreichend gewesen. Ob der Grund für die Befristung nach Abschluß des Mietvertrages entfallen sei, sei unerheblich, weil dann die Befristung nicht unwirksam gewesen sei, sondern nur dazu führen würde, daß der Mieter eine Verlängerung des befristeten Mietvertrages auf unbestimmte Zeit verlangen könne. Die Beklagte könne auch nicht einwenden, daß der Kläger die Wohnung nach ihrem Auszug nicht weitervermietet habe, denn bei dem Mietzahlungsanspruch des Klägers handele es sich um einen sog. Erfüllungsanspruch, dem gegenüber der Einwand des Mitverschuldens nicht durchgreife.
BGH, Urteil vom 18. April 2007 - VIII ZR 182/06 - Wortlaut Seite 841
Mit Schreiben vom 16. September 2002 kündigte die Beklagte den Mietvertrag zum 1. Januar 2003. Der Kläger widersprach der Kündigung unter Hinweis auf die vereinbarte Laufzeit des Mietvertrages bis zum 31. Dezember 2003. Im November 2002 stellte die Beklagte, die in diesem Monat die Wohnung mit Zustimmung des Klägers gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten bewohnte, Schimmelpilzbefall an der Tapete hinter ihrem Schrank und hinter dem Bett fest. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2002 erklärte sie die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Als Grund für die Kündigung gab sie im Kündigungsschreiben unter Hinweis auf den Schimmelpilzbefall an, daß sie unter Neurodermitis und Asthma leide und in den letzten Monaten laufend Hautausschlag und öfter Asthmaanfälle gehabt habe. Einige Tage später zog die Beklagte aus der Wohnung aus und zahlte keine Miete mehr.
Der Kläger hat von der Beklagten die Zahlung der Miete für die zwölf Monate von Januar bis Dezember 2003 verlangt. Die Beklagte hat von dem Kläger im Wege der Widerklage die Rückzahlung der Mietsicherheit beansprucht. Der Beklagte erhielt zunächst Recht, was zur Revision führte.
Das Urteil: Der BGH gab der Revision statt und verwies die Sache an das Berufungsgericht zurück. Bisher könne nicht angenommen werden, daß die wegen Gesundheitsgefährdung durch Schimmelpilz ausgesprochene fristlose Kündigung der Beklagten vom 6. Dezember 2002 den Mietvertrag beendet habe, denn grundsätzlich habe die Beklagte vor der Kündigung dem Vermieter erst eine Frist zur Beseitigung des Schimmelpilzes setzen oder ihn abmahnen müssen. Dies ergebe sich daraus, daß auch die Kündigung wegen Gesundheitsgefährdung unabhängig von den anderweitigen, aber im Gesetz nicht zum Ausdruck gekommenen Vorstellungen des Gesetzgebers nur einen besonders geregelten Fall der außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund darstelle, die aber erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig sei. Diese sei nur dann entbehrlich, wenn Fristsetzung oder Abmahnung keinen Erfolg versprächen oder die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt sei. Dies habe das Berufungsgericht bisher nicht festgestellt. Insoweit sei durch medizinisches Sachverständigengutachten erst noch festzustellen, ob der Schimmelpilzbefall überhaupt gesundheitsgefährdend gewesen sei, wovon nicht allgemein ausgegangen werden könne. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, daß eine Fristsetzung mangels Erfolgsaussicht entbehrlich gewesen sei, weil sich erneuter Schimmelbefall mit zumutbaren Mitteln nicht hätte vermeiden lassen können. Insoweit sei durch Sachverständigengutachten noch festzustellen, ob nicht bereits die viermalige Lüftung durch Kippen der Fenster für etwa drei bis acht Minuten während des Tages zur Vermeidung von Schimmelpilz ausgereicht hätte, was der Beklagten zumutbar sei. Auch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 16. September 2002 habe das Mietverhältnis nicht vor dem Ende seiner Befristung am 31. Dezember 2003 beendet.
Die Angabe im Mietvertrag, daß das Gebäude, in dem die Wohnung liegt, abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden soll, sei zur Mitteilung des Befristungsgrundes ausreichend gewesen. Ob der Grund für die Befristung nach Abschluß des Mietvertrages entfallen sei, sei unerheblich, weil dann die Befristung nicht unwirksam gewesen sei, sondern nur dazu führen würde, daß der Mieter eine Verlängerung des befristeten Mietvertrages auf unbestimmte Zeit verlangen könne. Die Beklagte könne auch nicht einwenden, daß der Kläger die Wohnung nach ihrem Auszug nicht weitervermietet habe, denn bei dem Mietzahlungsanspruch des Klägers handele es sich um einen sog. Erfüllungsanspruch, dem gegenüber der Einwand des Mitverschuldens nicht durchgreife.
BGH, Urteil vom 18. April 2007 - VIII ZR 182/06 - Wortlaut Seite 841