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BGH-Grundsatzentscheidung zur Abtretung von Darlehen
Banken dürfen "Kunden verkaufen"
11.05.2007 (GE 9/2007, Seite 619) Der Verkauf von Darlehensforderungen durch Banken verstößt weder gegen das Bankgeheimnis noch das Bundesdatenschutzgesetz, entschied der BGH.
Der Fall: Ein Ehepaar kaufte eine Eigentumswohnung auf Kredit. Der Vater der Ehefrau übernahm eine selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaft dafür. Es kam in der Folge zu Zahlungsschwierigkeiten. Die darlehengebende Bank trat ihre Forderungen an die Klägerin ab, die in einer Teilklage Rückzahlung eines Darlehens verlangte und auch den Bürgen in Anspruch nahm. Das Landgericht wies die Klage ab, wohingegen das OLG der Klage stattgab. Das führte zur Revision zum BGH.
Das Urteil: Der BGH hielt die Revisionen der Käufer für unbegründet. Die Revision des Bürgen führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das OLG. Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Eine stillschweigende Vereinbarung eines Abtretungsausschlusses sei zu verneinen. Ein Abtretungsausschluß ergebe sich auch nicht aus dem Bankgeheimnis, denn das Bankgeheimnis bestehe in der Pflicht des Kreditinstituts zur Verschwiegenheit über kundenbezogene Tatsachen und Wertungen. Aus der Verschwiegenheitspflicht, die rein schuldrechtlichen Charakter habe, folge kein dinglich wirkendes Abtretungsverbot. Allerdings könne die aus dem Bankgeheimnis folgende Verschwiegenheitspflicht mit der Auskunftspflicht des Zedenten in Konflikt geraten. Ein hiermit verbundener Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht könne jedoch lediglich auf schuldrechtlicher Ebene eine Schadensersatzpflicht aus § 280 BGB auslösen, berühre aber die Wirksamkeit des dinglichen Verfügungsgeschäftes der Forderungsabtretung nicht.
Die Abtretung verstoße auch nicht gegen ein gesetzliches Abtretungsverbot. Die Rechtsprechung des BGH zur Unwirksamkeit der Abtretung von Honorarforderungen von Ärzten, Rechtsanwälten, Steuerberatern und Vertretern ähnlicher Berufe sei nicht einschlägig. In den dortigen Fällen komme es auf § 203 Abs. 1 StGB an, wonach die unbefugte Offenbarung eines anvertrauten oder sonst bekanntgewordenen fremden Geheimnisses durch die entsprechenden Berufsangehörigen unter Strafe gestellt werde. Für die Verletzung des Bankgeheimnisses durch Vorstandsmitglieder oder Angestellte eines privaten Kreditinstituts sehe das Strafgesetzbuch keine Sanktion vor. Ein gesetzlich, dinglich wirkendes Abtretungsverbot sei auch nicht Bestandteil des Bankgeheimnisses, wenn man dieses als Gewohnheitsrecht einordne.
Der Wirksamkeit der Abtretung stünden auch nicht die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes entgegen. Dabei schließt sich der BGH der Ansicht an, daß § 134 BGB bei einer gegen die Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes verstoßenden Abtretung nicht anwendbar sei. Nach der Konzeption des Bundesdatenschutzgesetzes komme diesen kein Vorrang vor dem Bankgeheimnis zu. Vielmehr erlangten die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes im Verhältnis zum Bankgeheimnis nur dann Bedeutung, wenn eine Frage aufgrund des Bankgeheimnisses nicht abschließend beantwortet werden könne. Das Verhältnis zwischen Datenschutz und Bankgeheimnis werde maßgeblich von § 1 Abs. 3 Satz 2 BDSG bestimmt. Danach bleibe die Verpflichtung zur Wahrung von Berufsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhten, von den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes unberührt. Das bedeutet nicht nur, daß Datenschutz und Bankgeheimnis nebeneinander gelten, sondern auch, daß das Datenschutzrecht im Verhältnis zum Bankgeheimnis als Berufsgeheimnis eine Auffangfunktion habe.
Die Herleitung eines gesetzlichen Abtretungsverbots aus dem Bundesdatenschutzgesetz würde zudem zu einem untragbaren Wertungswiderspruch führen. Nach § 3 Abs. 3 BDSG fielen in dessen Anwendungsbereich lediglich die Daten natürlicher Personen, nicht aber diejenigen juristischer Personen. Es sei kein sachlich gerechtfertigter Grund ersichtlich, die Abtretung von Darlehensforderungen eines Kreditinstituts gegen natürliche Personen an einem datenschutzrechtlichen Abtretungsverbot scheitern zu lassen, die Abtretung solcher Forderungen gegen juristische Personen aber als wirksam anzusehen.
Zum Anspruch gegen den Bürgen (Vater der Beklagten zu 2) kam der BGH zu dem Ergebnis, daß dieser seine Bürgschaftserklärung nicht wirksam als Haustürgeschäft widerrufen habe. Grundsätzlich stehe zwar auch einem Bürgen eine Widerrufsmöglichkeit nach HWiG (jetzt § 212 BGB) zu. Der Beklagte zu 3 habe aber nicht widerrufen können, weil eine sogenannte Haustürsituation nicht vorgelegen habe. Das Geschäft sei in der Praxis seiner Tochter (der Beklagten zu 2) zustande gekommen, nicht in der Privatwohnung des Bürgen und auch nicht an seinem eigenen Arbeitsplatz. Unter Arbeitsplatz i. S. d. § 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB sei aber nur der Arbeitsplatz des Schuldners zu verstehen.
Dennoch müsse insofern das Urteil aufgehoben werden, da das OLG ein entscheidungserhebliches Vorbringen des Beklagten zu 3 übergangen habe. Dieser hatte nämlich behauptet, daß ihm eine Mitarbeiterin der Bank bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages erklärt habe, daß die Bürgschaftsübernahme lediglich vorübergehend sei und er unter Aushändigung der Bürgschaftsurkunde wieder aus der Haftung entlassen werde, sobald eine bestimmte Zahlung der Schuldner auf dem Konto der Bank eingegangen sei. Insofern muß das OLG erneut über die Sache entscheiden.
BGH, Urteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 195/05 - Wortlaut Seite 646
Das Urteil: Der BGH hielt die Revisionen der Käufer für unbegründet. Die Revision des Bürgen führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das OLG. Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Eine stillschweigende Vereinbarung eines Abtretungsausschlusses sei zu verneinen. Ein Abtretungsausschluß ergebe sich auch nicht aus dem Bankgeheimnis, denn das Bankgeheimnis bestehe in der Pflicht des Kreditinstituts zur Verschwiegenheit über kundenbezogene Tatsachen und Wertungen. Aus der Verschwiegenheitspflicht, die rein schuldrechtlichen Charakter habe, folge kein dinglich wirkendes Abtretungsverbot. Allerdings könne die aus dem Bankgeheimnis folgende Verschwiegenheitspflicht mit der Auskunftspflicht des Zedenten in Konflikt geraten. Ein hiermit verbundener Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht könne jedoch lediglich auf schuldrechtlicher Ebene eine Schadensersatzpflicht aus § 280 BGB auslösen, berühre aber die Wirksamkeit des dinglichen Verfügungsgeschäftes der Forderungsabtretung nicht.
Die Abtretung verstoße auch nicht gegen ein gesetzliches Abtretungsverbot. Die Rechtsprechung des BGH zur Unwirksamkeit der Abtretung von Honorarforderungen von Ärzten, Rechtsanwälten, Steuerberatern und Vertretern ähnlicher Berufe sei nicht einschlägig. In den dortigen Fällen komme es auf § 203 Abs. 1 StGB an, wonach die unbefugte Offenbarung eines anvertrauten oder sonst bekanntgewordenen fremden Geheimnisses durch die entsprechenden Berufsangehörigen unter Strafe gestellt werde. Für die Verletzung des Bankgeheimnisses durch Vorstandsmitglieder oder Angestellte eines privaten Kreditinstituts sehe das Strafgesetzbuch keine Sanktion vor. Ein gesetzlich, dinglich wirkendes Abtretungsverbot sei auch nicht Bestandteil des Bankgeheimnisses, wenn man dieses als Gewohnheitsrecht einordne.
Der Wirksamkeit der Abtretung stünden auch nicht die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes entgegen. Dabei schließt sich der BGH der Ansicht an, daß § 134 BGB bei einer gegen die Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes verstoßenden Abtretung nicht anwendbar sei. Nach der Konzeption des Bundesdatenschutzgesetzes komme diesen kein Vorrang vor dem Bankgeheimnis zu. Vielmehr erlangten die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes im Verhältnis zum Bankgeheimnis nur dann Bedeutung, wenn eine Frage aufgrund des Bankgeheimnisses nicht abschließend beantwortet werden könne. Das Verhältnis zwischen Datenschutz und Bankgeheimnis werde maßgeblich von § 1 Abs. 3 Satz 2 BDSG bestimmt. Danach bleibe die Verpflichtung zur Wahrung von Berufsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhten, von den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes unberührt. Das bedeutet nicht nur, daß Datenschutz und Bankgeheimnis nebeneinander gelten, sondern auch, daß das Datenschutzrecht im Verhältnis zum Bankgeheimnis als Berufsgeheimnis eine Auffangfunktion habe.
Die Herleitung eines gesetzlichen Abtretungsverbots aus dem Bundesdatenschutzgesetz würde zudem zu einem untragbaren Wertungswiderspruch führen. Nach § 3 Abs. 3 BDSG fielen in dessen Anwendungsbereich lediglich die Daten natürlicher Personen, nicht aber diejenigen juristischer Personen. Es sei kein sachlich gerechtfertigter Grund ersichtlich, die Abtretung von Darlehensforderungen eines Kreditinstituts gegen natürliche Personen an einem datenschutzrechtlichen Abtretungsverbot scheitern zu lassen, die Abtretung solcher Forderungen gegen juristische Personen aber als wirksam anzusehen.
Zum Anspruch gegen den Bürgen (Vater der Beklagten zu 2) kam der BGH zu dem Ergebnis, daß dieser seine Bürgschaftserklärung nicht wirksam als Haustürgeschäft widerrufen habe. Grundsätzlich stehe zwar auch einem Bürgen eine Widerrufsmöglichkeit nach HWiG (jetzt § 212 BGB) zu. Der Beklagte zu 3 habe aber nicht widerrufen können, weil eine sogenannte Haustürsituation nicht vorgelegen habe. Das Geschäft sei in der Praxis seiner Tochter (der Beklagten zu 2) zustande gekommen, nicht in der Privatwohnung des Bürgen und auch nicht an seinem eigenen Arbeitsplatz. Unter Arbeitsplatz i. S. d. § 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB sei aber nur der Arbeitsplatz des Schuldners zu verstehen.
Dennoch müsse insofern das Urteil aufgehoben werden, da das OLG ein entscheidungserhebliches Vorbringen des Beklagten zu 3 übergangen habe. Dieser hatte nämlich behauptet, daß ihm eine Mitarbeiterin der Bank bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages erklärt habe, daß die Bürgschaftsübernahme lediglich vorübergehend sei und er unter Aushändigung der Bürgschaftsurkunde wieder aus der Haftung entlassen werde, sobald eine bestimmte Zahlung der Schuldner auf dem Konto der Bank eingegangen sei. Insofern muß das OLG erneut über die Sache entscheiden.
BGH, Urteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 195/05 - Wortlaut Seite 646