Archiv / Suche
Der Hartz-IV-Empfänger als Mietmangel
Regine Paschkes (VRi'inLG) Unjuristische Betrachtungen
07.05.2007 (GE 8/2007, Seite 529) Der fachkundige Richter blickt über den (gesetzlichen) Tellerrand hinaus er kennt nicht nur sämtliche Normen und die neueste obergerichtliche Rechtsprechung, sondern besitzt darüber hinaus auch sozialdemographische Kenntnisse.
Er weiß deshalb, daß die im Flur eines Mehrfamilienhauses auf einen Bordellbesuch wartenden Männer genauso nervend und gefährlich für andere Mieter des Gebäudes sind wie die eine Arbeitsagentur aufsuchenden Hartz-IV-Empfänger. Nein Hartz-IV-Empfänger sind noch schlimmer als herumlungernde Freier: Während es wegen der Bordellbesucher im Mehrfamilienhaus nämlich nur 10 % Minderung gibt (LG Berlin vom 21.7.1995 - 64 S 84/95, GE 1995, 1133), führt das Auftreten von Hartz-IV-Empfängern zu einer Quote von immerhin 15 % (OLG Stuttgart vom 21.12.2006 - 13 U 51/06, GE 2007, 220)! Vielleicht sind die Schwaben in dieser Hinsicht aber einfach bloß empfindlicher als die Berliner?
Harte Fakten:
Das VG Düsseldorf stellt fest, ein Bordell sei als störender Gewerbebetrieb im allgemeinen Wohngebiet nicht zulässig, denn: Ferner sind die übrigen mit einem Bordellbetrieb verbundenen Begleiterscheinungen zu berücksichtigen. Hierzu gehört ein mögliches anstößiges Verhalten von Besuchern des Betriebes oder von dort tätigen Personen gegenüber jugendlichen oder weiblichen Bewohnern des Wohngebietes. (VG Düsseldorf vom 21. Februar 2003 - 9 L 61/03)
Aber es gibt Schrecklicheres. Am 27. Februar 2007 meldet Focus-online: Weil ihm die Hartz- IV-Bezüge gekürzt werden sollten, ist ein 44 Jahre alter Arbeitsloser in einem Coburger Jobcenter ausgerastet. Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, schlug der Mann einer Mitarbeiterin ins Gesicht, als sie ihm die Gründe für die Leistungskürzung zu erklären versuchte. Anschließend prügelte er mit Akten auf die am Boden liegende Frau ein.
Arbeitslosengeld II wurde im Januar 2007 an insgesamt 5,08 Millionen Menschen ausgezahlt.
Dieser Anteil der Bevölkerung stellt auch mietrechtlich gesehen eine nicht unerhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung für die anderen dar (§ 536 Abs. 1 BGB), denn jedenfalls wer als Vermieter seinen Büromietern ein einmaliges Ambiente verspricht, muß dafür sorgen, daß solches nicht durch den Einblick in soziale Niederungen gestört wird. Der 13. Senat des OLG Stuttgart (a. a. O.) schüttelt sich kollektiv: Es können aber auch nicht die Augen davor verschlossen werden, daß sich unter den Besuchern der Hartz-IV-Abteilung ein überdurchschnittlicher Anteil von sozial auffällig gewordenen Personen befindet. Allein die Möglichkeit von Belästigungen und Gefahren, die von diesem Personenkreis ausgehen, rechtfertigt eine Minderung. Daß diese Möglichkeit nicht fernliegend ist, beweist nicht nur der Umstand, daß ein Besucher der Agentur für Arbeit eine Aufzugskabine zerstört hat. Hierfür genügt schon der Umstand, daß der Zeuge ... bekundet hat, daß die Agentur für Arbeit zum Schutz ihrer eigenen Bediensteten einen Sicherheitsdienst auf den Fluren der von ihr gemieteten Räumlichkeiten patrouillieren läßt. Im Rahmen der zugelassenen Revision wird zunächst der BGH seine sozialen Rezeptoren einzusetzen haben.
Der fachkundige Rechtsanwalt blickt gleichfalls über den Tellerrand des Gesetzes hinaus, hofft zugunsten des (Mieter-) Mandanten auf Analogien im Bereich der Wohnraummiete und weiß, was er im Rahmen des nächsten Beratungsgesprächs dem mäkelnden Bewohner des Mehrfamilienhauses mit auf den Weg zu geben hat: Sollten im Erdgeschoß hin und wieder männliche Personen herumstehen (Bordellbesucher??), so wäre es ratsam, sie diskret nach ihren Einkünften (ALG II??) zu fragen. Die gesteigerte Gefährlichkeit eines Hartz-IV empfangenden Bordellbesuchers (!) führt zu einer Erhöhung der Minderungsquote auf satte 25 %!!
Die Arbeit hält drei große Übel fern: die Langeweile, das Laster und die Not.
Voltaire (1694-1778)
Harte Fakten:
Das VG Düsseldorf stellt fest, ein Bordell sei als störender Gewerbebetrieb im allgemeinen Wohngebiet nicht zulässig, denn: Ferner sind die übrigen mit einem Bordellbetrieb verbundenen Begleiterscheinungen zu berücksichtigen. Hierzu gehört ein mögliches anstößiges Verhalten von Besuchern des Betriebes oder von dort tätigen Personen gegenüber jugendlichen oder weiblichen Bewohnern des Wohngebietes. (VG Düsseldorf vom 21. Februar 2003 - 9 L 61/03)
Aber es gibt Schrecklicheres. Am 27. Februar 2007 meldet Focus-online: Weil ihm die Hartz- IV-Bezüge gekürzt werden sollten, ist ein 44 Jahre alter Arbeitsloser in einem Coburger Jobcenter ausgerastet. Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, schlug der Mann einer Mitarbeiterin ins Gesicht, als sie ihm die Gründe für die Leistungskürzung zu erklären versuchte. Anschließend prügelte er mit Akten auf die am Boden liegende Frau ein.
Arbeitslosengeld II wurde im Januar 2007 an insgesamt 5,08 Millionen Menschen ausgezahlt.
Dieser Anteil der Bevölkerung stellt auch mietrechtlich gesehen eine nicht unerhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung für die anderen dar (§ 536 Abs. 1 BGB), denn jedenfalls wer als Vermieter seinen Büromietern ein einmaliges Ambiente verspricht, muß dafür sorgen, daß solches nicht durch den Einblick in soziale Niederungen gestört wird. Der 13. Senat des OLG Stuttgart (a. a. O.) schüttelt sich kollektiv: Es können aber auch nicht die Augen davor verschlossen werden, daß sich unter den Besuchern der Hartz-IV-Abteilung ein überdurchschnittlicher Anteil von sozial auffällig gewordenen Personen befindet. Allein die Möglichkeit von Belästigungen und Gefahren, die von diesem Personenkreis ausgehen, rechtfertigt eine Minderung. Daß diese Möglichkeit nicht fernliegend ist, beweist nicht nur der Umstand, daß ein Besucher der Agentur für Arbeit eine Aufzugskabine zerstört hat. Hierfür genügt schon der Umstand, daß der Zeuge ... bekundet hat, daß die Agentur für Arbeit zum Schutz ihrer eigenen Bediensteten einen Sicherheitsdienst auf den Fluren der von ihr gemieteten Räumlichkeiten patrouillieren läßt. Im Rahmen der zugelassenen Revision wird zunächst der BGH seine sozialen Rezeptoren einzusetzen haben.
Der fachkundige Rechtsanwalt blickt gleichfalls über den Tellerrand des Gesetzes hinaus, hofft zugunsten des (Mieter-) Mandanten auf Analogien im Bereich der Wohnraummiete und weiß, was er im Rahmen des nächsten Beratungsgesprächs dem mäkelnden Bewohner des Mehrfamilienhauses mit auf den Weg zu geben hat: Sollten im Erdgeschoß hin und wieder männliche Personen herumstehen (Bordellbesucher??), so wäre es ratsam, sie diskret nach ihren Einkünften (ALG II??) zu fragen. Die gesteigerte Gefährlichkeit eines Hartz-IV empfangenden Bordellbesuchers (!) führt zu einer Erhöhung der Minderungsquote auf satte 25 %!!
Die Arbeit hält drei große Übel fern: die Langeweile, das Laster und die Not.
Voltaire (1694-1778)