Archiv / Suche
Rückschlag für die Verbraucher durch den BGH
Nach Monopolende keine Billigkeitsprüfung mehr?
07.05.2007 (GE 8/2007, Seite 542) Der Bundesgerichtshof hatte darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen § 315 BGB (billiges Ermessen) auf die Preise im liberalisierten Strommarkt Anwendung findet.
Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einem zwischen den Parteien bestehenden Stromlieferungsvertrag auf Zahlung des Entgelts für von ihr im Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis 6. November 2003 gelieferten Strom in Anspruch. Der Beklagte wurde zunächst zu dem Tarif local plus beliefert. Mit Schreiben vom 8. April 2002 widersprach er der von der Klägerin angekündigten Erhöhung dieses Tarifs. Die Klägerin erklärte daraufhin in ihrem Antwortschreiben vom 15. April 2002, daß aufgrund des Widerspruchs gegen die Preis-erhöhung der local plus-Vertrag ende, sie den Beklagten bis zum 30. April 2002 zu den alten Preisen weiterbeliefere und ab dem 1. Mai 2002 zu ihrem Allgemeinen Tarif (local classic) versorgen werde. In der Folge stellte die Klägerin dem Beklagten den Stromverbrauch in Rechnung, wobei sie ab dem 1. Mai 2002 nicht mehr den Tarif local plus, sondern den hinsichtlich des Verbrauchspreises teureren Tarif local classic berechnete.
Das Amtsgericht hat der Klage mit Ausnahme eines Teilbetrages wegen der Mahnkosten stattgegeben. Die dagegen von dem Beklagten eingelegte Berufung hat das Landgericht nach Teilklagerücknahme zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Beklagte könne mit dem Einwand der Unbilligkeit der Stromtarife nicht durchdringen.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, daß das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. April 2002 zu Recht bejaht hat. Eine Billigkeitsüberprüfung der Höhe des geltend gemachten Entgelts nach § 315 Abs. 3 BGB scheidet aus, weil § 315 BGB weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung findet. Die unmittelbare Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB kommt nicht in Betracht, weil die Parteien nicht vereinbart haben, daß die Klägerin die Leistung einseitig zu bestimmen hat. Sie haben vielmehr konkret festgelegt, welche Leistung der Beklagte zu erbringen hat. Dies gilt jedenfalls für den anfänglich vereinbarten Strompreis auch dann, wenn wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist der Vertrag keine betragsmäßige Festlegung des geltenden Tarifs enthält, sondern sich die Preise für die Stromlieferung aus den jeweiligen, von der zuständigen Behörde genehmigten allgemeinen Tarifen für die Versorgung mit Elektrizität in Niederspannung ergaben. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Beklagte auf die Belieferung durch die Klägerin nicht angewiesen, sondern hatte die Möglichkeit, Strom von einem anderen Anbieter seiner Wahl zu beziehen. Damit fehlt es an einer Monopolstellung der Klägerin als Grundlage einer entsprechenden Anwendung des § 315 BGB.
Hinsichtlich der im Zeitraum vom 1. Mai 2002 bis 6. November 2003 erbrachten Stromlieferungen waren die tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts unzureichend. Es ist ungeklärt geblieben, auf welcher rechtlichen Grundlage die Klägerin den Vertrag in ihrem Schreiben vom 15. April 2002 für beendet erklärt hat, insbesondere, ob ihr ein Kündigungsrecht zustand. Dazu hatte das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Berufungsgerichts deshalb aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
BGH, Urteil vom 28. März 2007 - VIII ZR 144/06
AG Potsdam - Urteil vom 15. Juni 2005 - 33 C 433/04 ./. LG Potsdam - Urteil vom 15. Mai 2006 - 3 S 147/05
Das Amtsgericht hat der Klage mit Ausnahme eines Teilbetrages wegen der Mahnkosten stattgegeben. Die dagegen von dem Beklagten eingelegte Berufung hat das Landgericht nach Teilklagerücknahme zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Beklagte könne mit dem Einwand der Unbilligkeit der Stromtarife nicht durchdringen.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, daß das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. April 2002 zu Recht bejaht hat. Eine Billigkeitsüberprüfung der Höhe des geltend gemachten Entgelts nach § 315 Abs. 3 BGB scheidet aus, weil § 315 BGB weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung findet. Die unmittelbare Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB kommt nicht in Betracht, weil die Parteien nicht vereinbart haben, daß die Klägerin die Leistung einseitig zu bestimmen hat. Sie haben vielmehr konkret festgelegt, welche Leistung der Beklagte zu erbringen hat. Dies gilt jedenfalls für den anfänglich vereinbarten Strompreis auch dann, wenn wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist der Vertrag keine betragsmäßige Festlegung des geltenden Tarifs enthält, sondern sich die Preise für die Stromlieferung aus den jeweiligen, von der zuständigen Behörde genehmigten allgemeinen Tarifen für die Versorgung mit Elektrizität in Niederspannung ergaben. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Beklagte auf die Belieferung durch die Klägerin nicht angewiesen, sondern hatte die Möglichkeit, Strom von einem anderen Anbieter seiner Wahl zu beziehen. Damit fehlt es an einer Monopolstellung der Klägerin als Grundlage einer entsprechenden Anwendung des § 315 BGB.
Hinsichtlich der im Zeitraum vom 1. Mai 2002 bis 6. November 2003 erbrachten Stromlieferungen waren die tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts unzureichend. Es ist ungeklärt geblieben, auf welcher rechtlichen Grundlage die Klägerin den Vertrag in ihrem Schreiben vom 15. April 2002 für beendet erklärt hat, insbesondere, ob ihr ein Kündigungsrecht zustand. Dazu hatte das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Berufungsgerichts deshalb aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
BGH, Urteil vom 28. März 2007 - VIII ZR 144/06
AG Potsdam - Urteil vom 15. Juni 2005 - 33 C 433/04 ./. LG Potsdam - Urteil vom 15. Mai 2006 - 3 S 147/05