Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Archiv / Suche


20,8 - 48,2 - 70,8 - 101,7 - 129,5 - 154,3 - 176,1
27.11.2006 (GE 21/06, Seite 1313) Nein, eine der bekannteren mathematischen Reihen ist das nicht, aus der die Überschrift besteht. Aber einem, der sich vor kurzem wieder einmal aus dem politischen Off gemeldet und erneut alles besser gewußt hatte und erklären konnte, müßte die Zahlenreihe bekannt vorkommen, denn allen voran hat er sie politisch – und das bleibt nach unseren Gesetzen leider folgenlos – zu verantworten: der frühere Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen.

20,8 - 48,2 - 70,8 - 101,7 - 129,5 - 154,3 - 176,1

Die Zahlenreihe stammt aus dem Bericht des Landesrechnungshofs von Berlin für das Jahr 1995. Sie zeigt den prozentualen Anstieg der Schulden des Landes Berlin ab 1992 bis 1998, bezogen auf den Schuldenstand von 1991.
Beigefügt waren mannigfaltige Warnhinweise, deren abschließendes Resümee jeder hätte ziehen können, auch ohne Zertifizierung als Prophet:
„Es ist daher vorhersehbar, daß die Aus-ga-benpolitik des Senats, die vorgeblich darauf beruht, dem Bürger zum jetzigen Zeitpunkt aus Gründen der Sozialverträglichkeit einschneidende Lasten nicht zumuten zu können, spätestens nach Ablauf des Mittelfristzeitraums ihre schwerste Bewährungsprobe erfahren wird.„
Und jetzt haben wir den Salat. Wer das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Berliner Klage auf Ergänzungszuweisungen gründlich studiert hat, weiß, daß die Richter das gründlich gelesen und sich geweigert haben, „eine nicht durch objektive Aufgaben erzwungene übermäßige Ausgabenpolitik eines Landes„ auch noch zu honorieren.
Aber Zahlen haben weder frühere Senate interessiert noch den jetzigen. Den – hoffentlich nach lange – amtierenden Finanzsenator nehme ich ausdrücklich aus. Der neue Koalitionsvertrag läßt nur den Schluß zu, daß weiterhin auf Klippschulniveau regiert und hasardiert wird.
Ein Beispiel liefert die hartnäckige Weigerung, Wohnungen aus Landesbesitz zu verkaufen, obwohl der Markt so gut ist wie lange nicht mehr und nicht mehr lange. Die Begründung, die der PDS-Landesvorsitzende Klaus Lederer unisono mit seinem „Haushaltsexperten„ Carl Wechselberg lieferte, muß bei jedem, der nicht schon bei der Behandlung der Grundrechenarten ausgestiegen ist, Lungenpfeifen auslösen: Würde man die städtischen Wohnungen verkaufen (wie es das Bundesverfassungsgericht vorgeschlagen hatte) und damit Schulden tilgen, wäre die so zu erzielende Zinsersparnis sofort wieder „verpufft„, wenn die für die verbleibenden Schulden zu zahlenden Zinssätze auch nur um 0,25 % stiegen. Gibt es denn niemanden im Parlament, der Prozentrechnung beherrscht und darauf hinweist, daß bei einer Vermögensveräußerung von 5 Milliarden Euro und anschließender Schuldentilgung in derselben Höhe bei um 0,25 Prozentpunkten höheren Zinsen sich das Land um 12,5 Millionen Euro besser stellt? Daß es sich faktisch um mehr als das Zehnfache besser stellt, wenn man die jüngsten Renditen der städtischen Gesellschaften einrechnet, verdienen die doch längst nicht die Zinsen, die das Land im Moment auf den Schuldenanteil bezahlen muß, die dem Marktwert seiner Gesellschaften entsprechen?
Der Verkauf der landeseigenen Wohnungen ist beileibe keine wirtschaftliche Notwendigkeit – das gilt allerdings nur dann, wenn sie so viel Rendite erwirtschaften, wie das Land – gemessen am Wert der Gesellschaften – für den entsprechenden Schuldendienst aufbringen muß.
Das Geschwätz vom „nicht kaputtsparen„ kann ich nicht mehr hören. Tatsache ist, daß die Berliner Politik die Stadt seit Jahrzehnten in wechselnden Farben, aber darin immer einig, kaputtverschuldet hat. Und es geht weiter so, weil plötzlicher Steuersegen und erbarmungslose Steuer-erhöhung (Grundsteuer, Grunderwerbsteuer) die Möglichkeit eröffnen, bereits 2007 wieder einen verfassungsgemäßen Haushalt vorzulegen. In diesen Tagen war es 100 Jahre her, daß der Schuster Voigt ein Berliner Rathaus stürmte und die Obrigkeit festsetzte. Und ich ertappe mich manchmal bei dem Gedanken: So einen Hauptmann von Köpenick müßte man heute wieder haben. Der könnte sich heutzutage vielleicht sogar auf einen Artikel des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 4) berufen.
Autor: Dieter Blümmel