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Einzelne Mietvertragsklauseln auf dem Prüfstand
Schlüsselhinterlegung, Lüften und Heizen, Benutzung des Treppenhauses, Abstellen von Fahrrädern
30.10.2006 (GE 20/06, Seite 1264) Die formularmäßige Verpflichtung des Mieters, bei längerer Abwesenheit die Schlüssel an einer für den Vermieter schnell erreichbaren Stelle zu hinterlegen und dem Vermieter den Hinterlegungsort mitzuteilen, ist jedenfalls in der üblichen allgemeinen Form unwirksam , meint jedenfalls das AG Schöneberg. Dasselbe gelte für die Klausel über eine bestimmte Mindestbeheizung während seiner Abwesenheit und das Schließen der Fenster. Der Mieter dürfe auch das Treppenhaus über seiner Wohnung zu Besuchszwecken betreten und Fahrradabstellplätze im Innenhof nutzen.
Der Fall:
Im Mietvertrag war formularmäßig vereinbart: Bei längerer Abwesenheit hat der Mieter die Schlüssel an einer für den Vermieter schnell erreichbaren Stelle zu hinterlegen und dem Vermieter den Hinterlegungsort mitzuteilen. Ferner hieß es: Der Mieter hat während der Heizperiode Türen und Fenster auch von beheizten Räumen gut verschlossen zu halten. Bei Frost dürfen die Ventile zur Vermeidung des Einfrierens nicht auf ,kalt stehen. Der Mieter einer Wohnung im 4. OG des Hinterhauses benutzte den im Vorderhaus befindlichen Fahrstuhl, um in die Wohnung eines Kollegen im 5. OG des Vorderhauses zu gelangen, zu der er einen Schlüssel hatte, und verließ sie regelmäßig auch nächtens über die Dachterrasse im Seitenflügel, um durch den mit einer schweren Metalltür verschlossenen Hinterausgang von dort ins Treppenhaus des Hinterhauses und zu seiner ein Stockwerk tiefer gelegenen Wohnung zu gelangen; die dabei entstehenden Geräusche weckten den Vermieter und seine Ehefrau, deren Schlafzimmer der im 5. OG des Vorderhauses gelegenen Wohnung unmittelbar angrenzt. Ferner stellte der Mieter sein Fahrrad auf einem der insgesamt 25 Fahrradplätze auf dem Hof ab, von denen 14 an andere Hausbewohner vermietet waren, ohne gesondert gekennzeichnet zu sein.
Der Vermieter verklagte den Mieter auf Hinterlegung der Schlüssel entsprechend der Mietvertragsklausel, auf Beheizung der Wohnung durch Einstellung der Heizkörperthermostate auf mindestens die Stufe 1 und Verschlossenhalten der Fenster während seiner Abwesenheit während der Heizperiode, auf Unterlassung der Nutzung des Treppenabschnitts sowie Treppenabsatzes zum 5. OG im Hinterhaus sowie des Abstellens seines Fahrrades im Hof.
Die Entscheidung:
Das AG Schöneberg wies die Klage ab. Die Klausel über die Hinterlegung der Schlüssel sei unwirksam, weil sie nicht klar und verständlich sei. Der Mieter sei auch nicht verpflichtet, während der Heizperiode dafür zu sorgen, daß die üblichen Temperaturen erreicht werden; zur Vermeidung von Kälteschäden sei es ausreichend, die Heizkörperventile auf Frostschutz einzustellen. Er brauche auch nicht die Fenster während der Heizperiode stets geschlossen zu halten, denn diese Forderung stehe schon in Widerspruch zu der Regelung in der Hausgemeinschaftsordnung, wonach auch während längerer Abwesenheit des Mieters für ausreichendes Lüften zu sorgen sei. Der Mieter sei auch befugt, den Treppenabsatz und das Treppenhaus zum 5. OG des Hinterhauses zu passieren, wenn er von einem Besuch seines Kollegen im 5. OG des Vorderhauses komme; dies ergebe sich aus dem abgeleiteten Recht des Kollegen, seinerseits Besuch zu empfangen. Der Mieter dürfe auch die vom Vermieter nicht erkennbar an andere Mieter vermieteten, sondern der Mietergemeinschaft allgemein zur Verfügung gestellten Fahrradabstellplätze nach Maßgabe der freien Plätze benutzen, wie es im Mietvertrag ausdrücklich vorgesehen sei, und zwar auch zum Abstellen von zwei Fahrrädern.
Anmerkung:
Das AG Schöneberg leitet die Unwirksamkeit der Schlüsselklausel aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB her, wonach sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben kann, daß die Formularklausel nicht klar und verständlich ist. Unbestritten ist, daß der Mieter bei längerer Abwesenheit für eine ausreichende Kontrolle der Wohnung sorgen oder einem Dritten den Zugang zu der Wohnung gestatten und dies dem Vermieter bekanntgeben oder dem Vermieter selbst die Schlüssel übergeben muß (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 535 BGB Rn. 439 m.w.N.). Dies muß jedoch eindeutig und klar formuliert werden. Das AG Schöneberg gibt selbst Hinweise, wie das geschehen könnte. Die längere Abwesenheit müßte zeitlich eingegrenzt werden; die schnell erreichbare Stelle müßte dahingehend präzisiert werden, ob eine Hinterlegungsstelle innerhalb Berlins genügt oder ob sie sich innerhalb des Wohnhauses oder einem bestimmten Umkreis davon befinden muß. Auch das Ausmaß der erforderlichen Erreichbarkeit müsse eingegrenzt werden.
Richtig ist auch der Ansatzpunkt des AG Schöneberg, daß für den Mieter grundsätzlich keine Heizpflicht besteht, sondern er nur dafür Sorge tragen muß, daß nicht durch das unterlassene Heizen Schäden in der Wohnung auftreten (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 535 BGB Rn. 311). Fraglich ist nur, ob wirklich die Verpflichtung, die Heizkörperventile mindestens auf die Stufe 1 zu stellen, darüber hinausgeht. Eine unangemessene Verpflichtung des Mieters dürfte darin nicht zu sehen sein.
Das Besuchsrecht des Mieters umfaßt natürlich auch die Mitbenutzung von Teilen des Treppenhauses, die über dem Geschoß liegen, in dem sich seine Wohnung befindet. Fraglich erscheint jedoch, ob der Mieter auch noch die Dachterrasse des Seitenflügels mitbenutzen darf, um vom Vorderhaus in das Hinterhaus zu gelangen, was mit erheblicher Lärmbelästigung des Vermieters einhergeht; das dürfte zu verneinen sein dazu hat das AG Schöneberg geschwiegen.
Sind Fahrradabstellplätze vorhanden, die der Mieter nach der Hausordnung zum Abstellen seines Fahrrades benutzen muß, so darf er diese auch dann benutzen, wenn sie teilweise vermietet sind. Dann ist es Sache des Vermieters, die vermieteten Einstellplätze zu kennzeichnen, um deren Benutzung durch die anderen Mieter zu verhindern. Zu prüfen wäre, ob der Vermieter die den Mietern eingeräumte Mitbenutzung des Hofbereichs zum Abstellen ihrer Fahrräder widerrufen könnte, weil darin lediglich die Einräumung einer jederzeit widerrufbaren Nutzungsmöglichkeit liegt (vgl. dazu LG Berlin, Urteil v. 16.9.2004 - 67 S 57/04 - GE 2005, 617 zu Pkw-Einstellplätzen).
AG Schöneberg, Urteil vom 12. Juli 2006 - 104a C 147/06 - Wortlaut Seite 1297
Im Mietvertrag war formularmäßig vereinbart: Bei längerer Abwesenheit hat der Mieter die Schlüssel an einer für den Vermieter schnell erreichbaren Stelle zu hinterlegen und dem Vermieter den Hinterlegungsort mitzuteilen. Ferner hieß es: Der Mieter hat während der Heizperiode Türen und Fenster auch von beheizten Räumen gut verschlossen zu halten. Bei Frost dürfen die Ventile zur Vermeidung des Einfrierens nicht auf ,kalt stehen. Der Mieter einer Wohnung im 4. OG des Hinterhauses benutzte den im Vorderhaus befindlichen Fahrstuhl, um in die Wohnung eines Kollegen im 5. OG des Vorderhauses zu gelangen, zu der er einen Schlüssel hatte, und verließ sie regelmäßig auch nächtens über die Dachterrasse im Seitenflügel, um durch den mit einer schweren Metalltür verschlossenen Hinterausgang von dort ins Treppenhaus des Hinterhauses und zu seiner ein Stockwerk tiefer gelegenen Wohnung zu gelangen; die dabei entstehenden Geräusche weckten den Vermieter und seine Ehefrau, deren Schlafzimmer der im 5. OG des Vorderhauses gelegenen Wohnung unmittelbar angrenzt. Ferner stellte der Mieter sein Fahrrad auf einem der insgesamt 25 Fahrradplätze auf dem Hof ab, von denen 14 an andere Hausbewohner vermietet waren, ohne gesondert gekennzeichnet zu sein.
Der Vermieter verklagte den Mieter auf Hinterlegung der Schlüssel entsprechend der Mietvertragsklausel, auf Beheizung der Wohnung durch Einstellung der Heizkörperthermostate auf mindestens die Stufe 1 und Verschlossenhalten der Fenster während seiner Abwesenheit während der Heizperiode, auf Unterlassung der Nutzung des Treppenabschnitts sowie Treppenabsatzes zum 5. OG im Hinterhaus sowie des Abstellens seines Fahrrades im Hof.
Die Entscheidung:
Das AG Schöneberg wies die Klage ab. Die Klausel über die Hinterlegung der Schlüssel sei unwirksam, weil sie nicht klar und verständlich sei. Der Mieter sei auch nicht verpflichtet, während der Heizperiode dafür zu sorgen, daß die üblichen Temperaturen erreicht werden; zur Vermeidung von Kälteschäden sei es ausreichend, die Heizkörperventile auf Frostschutz einzustellen. Er brauche auch nicht die Fenster während der Heizperiode stets geschlossen zu halten, denn diese Forderung stehe schon in Widerspruch zu der Regelung in der Hausgemeinschaftsordnung, wonach auch während längerer Abwesenheit des Mieters für ausreichendes Lüften zu sorgen sei. Der Mieter sei auch befugt, den Treppenabsatz und das Treppenhaus zum 5. OG des Hinterhauses zu passieren, wenn er von einem Besuch seines Kollegen im 5. OG des Vorderhauses komme; dies ergebe sich aus dem abgeleiteten Recht des Kollegen, seinerseits Besuch zu empfangen. Der Mieter dürfe auch die vom Vermieter nicht erkennbar an andere Mieter vermieteten, sondern der Mietergemeinschaft allgemein zur Verfügung gestellten Fahrradabstellplätze nach Maßgabe der freien Plätze benutzen, wie es im Mietvertrag ausdrücklich vorgesehen sei, und zwar auch zum Abstellen von zwei Fahrrädern.
Anmerkung:
Das AG Schöneberg leitet die Unwirksamkeit der Schlüsselklausel aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB her, wonach sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben kann, daß die Formularklausel nicht klar und verständlich ist. Unbestritten ist, daß der Mieter bei längerer Abwesenheit für eine ausreichende Kontrolle der Wohnung sorgen oder einem Dritten den Zugang zu der Wohnung gestatten und dies dem Vermieter bekanntgeben oder dem Vermieter selbst die Schlüssel übergeben muß (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 535 BGB Rn. 439 m.w.N.). Dies muß jedoch eindeutig und klar formuliert werden. Das AG Schöneberg gibt selbst Hinweise, wie das geschehen könnte. Die längere Abwesenheit müßte zeitlich eingegrenzt werden; die schnell erreichbare Stelle müßte dahingehend präzisiert werden, ob eine Hinterlegungsstelle innerhalb Berlins genügt oder ob sie sich innerhalb des Wohnhauses oder einem bestimmten Umkreis davon befinden muß. Auch das Ausmaß der erforderlichen Erreichbarkeit müsse eingegrenzt werden.
Richtig ist auch der Ansatzpunkt des AG Schöneberg, daß für den Mieter grundsätzlich keine Heizpflicht besteht, sondern er nur dafür Sorge tragen muß, daß nicht durch das unterlassene Heizen Schäden in der Wohnung auftreten (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 535 BGB Rn. 311). Fraglich ist nur, ob wirklich die Verpflichtung, die Heizkörperventile mindestens auf die Stufe 1 zu stellen, darüber hinausgeht. Eine unangemessene Verpflichtung des Mieters dürfte darin nicht zu sehen sein.
Das Besuchsrecht des Mieters umfaßt natürlich auch die Mitbenutzung von Teilen des Treppenhauses, die über dem Geschoß liegen, in dem sich seine Wohnung befindet. Fraglich erscheint jedoch, ob der Mieter auch noch die Dachterrasse des Seitenflügels mitbenutzen darf, um vom Vorderhaus in das Hinterhaus zu gelangen, was mit erheblicher Lärmbelästigung des Vermieters einhergeht; das dürfte zu verneinen sein dazu hat das AG Schöneberg geschwiegen.
Sind Fahrradabstellplätze vorhanden, die der Mieter nach der Hausordnung zum Abstellen seines Fahrrades benutzen muß, so darf er diese auch dann benutzen, wenn sie teilweise vermietet sind. Dann ist es Sache des Vermieters, die vermieteten Einstellplätze zu kennzeichnen, um deren Benutzung durch die anderen Mieter zu verhindern. Zu prüfen wäre, ob der Vermieter die den Mietern eingeräumte Mitbenutzung des Hofbereichs zum Abstellen ihrer Fahrräder widerrufen könnte, weil darin lediglich die Einräumung einer jederzeit widerrufbaren Nutzungsmöglichkeit liegt (vgl. dazu LG Berlin, Urteil v. 16.9.2004 - 67 S 57/04 - GE 2005, 617 zu Pkw-Einstellplätzen).
AG Schöneberg, Urteil vom 12. Juli 2006 - 104a C 147/06 - Wortlaut Seite 1297
Autor: Harald Kinne