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Wie kommen Vermieter an ihr Geld?
Wenn der Mieter stirbt
30.10.2006 (GE 20/06, Seite 1272) Stirbt der Mieter, so stellt sich die Frage nach der Weiterführung oder der Beendigung des Mietverhältnisses und damit der langfristigen Sicherung der Einkünfte aus dem Mietobjekt. Hier geht es um Mietforderungen und Nebenkosten, aber auch um Fragen der Abwicklung des Mietverhältnisses, insbesondere um die Durchführung von Renovierungsarbeiten und um Realisierung etwaiger Schadensersatzforderungen.
Übergang des Mietverhältnisses
auf Haushaltsangehörige und Erben
Nach dem Tod des Mieters treten dessen Erben in das Mietverhältnis ein (§§ 564, 580, 1922 BGB). Soweit der Mieter mit einem Ehegatten, einem Familienangehörigen, einem heterosexuellen oder homosexuellen Lebenspartner oder mit einem Partner einer auf Dauer angelegten Haushaltsgemeinschaft in der Wohnung gelebt hat, ergibt sich aus §§ 563, 563 a, 563 b BGB eine Sonderrechtsnachfolge. Sie treten in das Mietverhältnis ein, gehen den Erben also im Range vor, es sei denn, dieser Personenkreis erklärt binnen eines Monats seit Kenntnis vom Tode des Mieters, das Mietverhältnis nicht fortsetzen zu wollen.
In jedem Fall der Sonderrechtsnachfolge bestehen auch Sonderkündigungsrechte des Vermieters (§§ 563 Abs. 4, 563 a Abs. 2, 564 Satz 2, 580 BGB). Die Haftung der eintretenden Personen im Rahmen des Mietverhältnisses ergibt sich dabei aus § 563 b BGB. In diesen Fällen sind die genannten Personen Ansprechpartner mit entsprechender rechtlicher Kompetenz.
Wird das Mietverhältnis mit dem Erben fortgesetzt, so können sowohl der Erbe als auch der Vermieter das Mietverhältnis innerhalb eines Monats nach Kenntnis des Todes des Mieters kündigen (§§ 564 Satz 2, 580 BGB). Der Vermieter benötigt in diesem Fall keinen weiteren vom Gesetz anerkannten Kündigungsgrund (berechtigtes Interesse) mehr.

Miete vom Erben
Solange das vom Erblasser begründete Mietverhältnis besteht, schuldet der Erbe die Miete. Der Erbe kann aber seine Haftung auf das Nachlaßvermögen begrenzen (§§ 1967 Abs. 2 BGB, 780 ZPO; KG Berlin, Urteil vom 9. Januar 2006, Az. 8 U 111/05, NJW 2006, 2561).

Praxisproblem:
Der unbekannte Erbe
Häufig sind aber die Fälle, in denen ein Mieter allein lebte und seine Erben dem Vermieter nicht bekannt sind. Hin und wieder liest man auch von alleinlebenden Mietern, die erst Monate nach ihrem Ableben in der Wohnung gefunden werden. Die sich dann ergebenden Schäden an der Bausubstanz durch das Verwesen des verstorbenen Mieters sind immens. Häufig ist eine Rückführung der Wohnung bis in den Rohbauzustand zur Schadensbeseitigung erforderlich (zum Schadensersatzanspruch des Vermieters wegen Verwesungsschäden: AG Biedenkopf, Urteil vom 8. Oktober 1995, Az. C 195/95, NJWE-MietR 1997, 196 f.). Entsprechend groß ist das Interesse des Vermieters an der zügigen Ermittlung der Erben des Mieters, um die eigenen Zahlungsansprüche zu verfolgen und um das Mietverhältnis mit dem Ziel einer schnellen Weitervermietung zügig abzuwickeln.
Um den Erben zu ermitteln, können Ermittlungen beim Nachlaßgericht, beim Standesamt und bei Nachbarn sowie innerhalb des Freundeskreises des Mieters angestellt werden. Insbesondere eine Abschrift der Sterbeurkunde und Auskunft über etwaige Abkömmlinge, die als Erben in Betracht kommen, sind hilfreich. Für eine solche Auskunft ist ein berechtigtes Interesse glaubhaft zu machen. Dies kann zum Beispiel durch Vorlage des Mietvertrags und durch eine Forderungsaufstellung mit Belegen geschehen.
Ebenso ist eine Anfrage beim zuständigen Nachlaßgericht (§§ 72, 73 FGG) möglich. Sollten letztwillige Verfügungen des Verstorbenen hinterlegt sein, so läßt sich dies aus der Nachlaßkartei ersehen. Auch nach Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins sollte gefragt werden. Für eine entsprechende Auskunft ist ebenfalls ein berechtigtes Interesse (§ 34 FGG) glaubhaft zu machen. Es gelten die obigen Ausführungen entsprechend.
Läßt sich der Erbe nicht (zeitnah) ermitteln, so drohen dem Vermieter Mietausfälle, denn er ist nicht berechtigt, die Mietsache selbst zu räumen und das Inventar zu vernichten. Auch unbekannte Erben erlangen gemäß § 857 BGB Wohnungsbesitz. Deshalb würde der Vermieter verbotene Eigenmacht begehen, wenn er selbst handeln würde (§ 858 BGB). Ferner kommt seine Strafbarkeit insbesondere aus §§ 123, 303 StGB in Betracht.
Um seinen Mietausfallschaden möglichst gering zu halten, muß der Vermieter daher das Mietverhältnis so schnell wie möglich beenden. Denn Mietausfallschaden droht ihm sogar dann, wenn vom Verstorbenen im Hinblick auf die Zahlung von Miete und Betriebskosten Einzugsermächtigung oder Dauerauftrag erteilt wurde und dem Vermieter daher der monatlich geschuldete Betrag zunächst noch zufließt. Für alleinlebende und dann versterbende Mieter ist es typisch, daß wegen fehlender Todesnachricht an den Rentenversicherer und das Geldinstitut die Rente über den Tod hinaus fortentrichtet wird und erteilte Daueraufträge sowie Einzugsermächtigungen weiter bedient werden. Der Rentenversicherer kann damit zu Unrecht erbrachte Geldleistungen zurückverlangen. Ist dies aus der vorhandenen Kontovaluta des Verstorbenen nicht mehr möglich (§ 118 Abs. 3 SGB VI), sind diejenigen Personen zur Erstattung verpflichtet, welche die Geldleistung in Empfang genommen oder über den entsprechenden Betrag verfügt haben (§ 118 Abs. 4 SGB VI). Satz 1 der Vorschrift umfaßt auch Personen, die Gelder aufgrund einer noch vom Rentenberechtigten stammenden Verfügung (z. B. Dauerauftrag, Einzugsermächtigung, Überweisungsauftrag) empfangen haben. Damit gehören auch Vermieter im Hinblick auf noch erhaltende Mieten zum Kreis der Rückzahlungspflichtigen (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004, Az. B 4 RA 42/03, GE 2004, 1239; vgl. dazu auch GE 2004, 1220 ff.; NZM 2005, 113).
Der einfachste Weg zur Beendigung des Mietverhältnisses ist die außerordentliche Kündigung des Vermieters bei Tod des Mieters (§§ 580, 564 Satz 2 BGB). Im Unterschied zum davor geltenden Recht (§ 569 BGB a. F.) benötigt der Vermieter seit der Mietrechtsreform mit Wirkung zum 1. September 2001 kein berechtigtes Interesse als Kündigungsgrund mehr.
Bleibt der Erbe unbekannt, gibt es aber Personen, die sich um den Nachlaß kümmern, ohne Erbe zu sein oder ohne in das Mietverhältnis eintreten zu wollen, so bietet es sich an, diese Personen für den unbekannten Erben kündigen zu lassen und für den Erklärenden eine Freistellungsvereinbarung zu treffen. Derartige Kündigungen können über eine nachträgliche Genehmigung durch den Erben gemäß § 185 BGB wirksam werden.
Findet sich niemand, der für den Nachlaß handeln kann, oder ist ein Mietrückstand entstanden, der eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs rechtfertigt, bleibt nur der Weg, eine Nachlaßpflegschaft nach § 1960 BGB in Verbindung mit §§ 12, 73 FGG zu beantragen, denn im Falle des Todes des Mieters ist eine öffentliche Zustellung der Kündigung nach § 132 BGB nicht möglich. Damit schafft sich der Vermieter einen Adressaten, dem er eine Kündigung zustellen kann, oder jedenfalls eine Person, die für den Nachlaß handeln, also auch eine Kündigung aussprechen kann.
Parallel sollte eine entsprechende Erklärung auch gegenüber dem Landesfiskus abgegeben werden. Denn in dem Fall, daß sich keine anderen Erben finden lassen, ist der Landesfiskus nach § 1936 BGB gesetzlicher Erbe, haftet aber im Ergebnis nur für den Nachlaß (§ 2011 BGB). Ist in diesem Falle der Nachlaß nichts wert, bleibt der Vermieter auf seinen Forderungen sitzen.
Auch der Versuch einer Einbindung des Sozialamts bleibt erfolglos, wenn der Mieter verstorben ist und die Miete, Nebenkosten oder zum Beispiel Renovierungsarbeiten schuldig geblieben ist, denn hier hat der Vermieter keinen Anspruch darauf, daß das Sozialamt noch nachzuzahlende Miete übernimmt. Nur die „gegenwärtige„ Bedürftigkeit wird gedeckt.

Autor: RA Dr. Hans Reinold Horst