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Vermieter müssen höllisch aufpassen
Verjährung von Ersatzansprüchen: Schon vor Mietende und schon vor Entstehen des Anspruchs
11.10.2006 (GE 19/06, Seite 1196) Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren in sechs Monaten, wenn nicht im Mietvertrag eine längere Frist in zulässiger Weise vereinbart wurde (§ 548 Abs. 1 BGB). Das Tückische: Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält. Dieser Zeitpunkt kann auch vor Ende des Mietverhältnisses liegen. Und das Kuriose: Die Verjährung gilt auch für Ansprüche wie etwa Schönheitsreparaturen, die zum Verjährungsbeginn (Rückgabe der Mietsache) noch gar nicht entstanden sind, sondern siehe Schönheitsreparaturen erst zum Mietvertragsende entstehen. Dies haben das OLG Düsseldorf und auch erneut der BGH entschieden.
Der Fall:
Das Mietverhältnis endete Ende Dezember 2002. Der Vermieter erhielt die Schlüssel schon im April 2002 vom Mieter mit dem Bemerken zurück, aus dessen Sicht sei das Mietverhältnis beendet.
Der Vermieter verlangte vom Mieter Durchführung von Schönheitsreparaturen, Mängelbeseitigungs- und Rückbauarbeiten. Der Mieter kam dem nicht nach. Daraufhin erhob der Vermieter Klage, die im Juni 2005 bei Gericht einging und im Juli dem Mieter zugestellt wurde. Das Landgericht wies die Klage wegen Verjährung ab. Die Berufung des Vermieters zum OLG Düsseldorf hatte keinen Erfolg.
Das Urteil:
Das Berufungsgericht geht ebenfalls von Verjährung aus und bezog sich dazu auf die Rechtsprechung des BGH mit Urteil vom 15. März 2006 - VIII ZR 123/05 = GE 2006, 640 = ZMR 2006, 507. Es verwies weiterhin auf das Urteil des BGH vom 23. Mai 2006 - VI ZR 259/04 = GE 2006, 1222. Der Vermieter habe die Mieträume zurückerhalten. Entscheidend für den Beginn der Verjährung sei, daß der Vermieter in die Lage versetzt werde, sich durch Ausübung der unmittelbaren Sachherrschaft ungestört ein umfassendes Bild von den Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen zu machen. Ferner müsse der Mieter mit Kenntnisnahme des Vermieters den Besitz an den Mieträumen vollständig und unzweideutig aufgeben, weil das Mietverhältnis sonst kein tatsächliches Ende finde. Das sei vorliegend durch Schlüsselrückgabe mit dem Bemerken geschehen, nach Ansicht des Mieters sei das Mietverhältnis beendet. Der Vermieter sei dadurch nicht unangemessen benachteiligt. Für den Fall einer vereinbarten Endrenovierung habe er die Möglichkeit, gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Hemmung der Verjährung nach § 213 BGB auch für den Schadensersatzanspruch noch vor Beendigung des Mietverhältnisses durch Erhebung der Feststellungsklage, daß der Mieter zur Renovierung verpflichtet sei, herbeizuführen. Hiervon habe der Vermieter aber keinen Gebrauch gemacht. Die Verjährung sei auch nicht nach § 205 BGB gehemmt gewesen, weil vorliegend die Endrenovierung nach der mietvertraglichen Vereinbarung erst zum Ende des Mietverhältnisses am 31. Dezember 2002 geschuldet gewesen sei. Die Fälligkeitsregelung stelle keine Vereinbarung nach § 205 BGB dar, wonach die Verjährung gehemmt werde, solange der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt sei.
Anmerkung:
Das Urteil des OLG Düsseldorf (offenbar Geschäftsraummiete) liegt auf der Linie vor allem der Entscheidung des BGH vom 15. März 2006 (GE 2006, 640 = ZMR 2006, 507). Das OLG Düsseldorf übernimmt die Vorschläge des BGH, wie der Vermieter mit der Situation umgehen kann, daß die Verjährung der Ersatzansprüche schon mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem er die Mietsache zurückerhält, selbst wenn der Mietvertrag erst später endet. Nach BGH stehen insofern folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
1. Vorschußanspruch
Der Anspruch auf einen Vorschuß im Hinblick auf notwendige Schönheitsreparaturen bleibt dem Vermieter aufgrund der Rechtsprechung des BGH. Diesen kann er realisieren und damit die Räume renovieren. Im laufenden Mietverhältnis kann der Vermieter aber keinen Schadensersatzanspruch geltend machen. Das kann er erst nach Ende des Mietverhältnisses, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Ansprüche schon verjährt sein können. Diesen Widerspruch löst der BGH nicht auf; es ist auch nicht zu erwarten, daß er ihn auflösen wird, denn die Rechtsprechung ist insofern gefestigt.
2. Leistungsklage
Nach Ansicht des BGH kann der Vermieter bereits vor Vertragsende eine Leistungsklage auf Durchführung der Schönheitsreparaturen (im laufenden Mietverhältnis) erheben, die nach §§ 204 Abs. 1 Nr. 1, 213 BGB auch die Verjährung gegen den (erst nach Vertragsende entstehenden) Schadensersatzanspruch des Vermieters hemme. Es erscheint nicht ratsam, sich auf diese Ansicht zu verlassen. § 213 BGB spricht davon, daß die Hemmung der Verjährung auch für Ansprüche gelte, die aus demselben Grund wahlweise neben dem Anspruch oder an seiner Stelle gegeben seien. Aus der vom BGH zitierten Schuldrechtsreform-Drucksache 14/6040, Seite 121 ergibt sich das nach hier vertretener Ansicht so nicht. Dort wird zunächst zur Gesetzesbegründung des § 213 BGB in der Fassung der Schuldrechtsreform auf die bisherige Rechtslage bzw. Rechtsprechung zum Werkvertragsrecht hingewiesen. In diesem Zusammenhang ist von einer Entscheidung des BGH in VersR 1959, 701 und des OLG Hamm in VersR 1981, 947 die Rede, wonach eine Leistungsklage auch die Verjährung hinsichtlich des Schadensersatzanspruches wegen Verzögerung der Leistung unterbreche. Für die Neufassung des § 213 BGB wird angeführt, daß ein Gläubiger, der ein bestimmtes Interesse mit einem bestimmten Anspruch verfolge, davor geschützt werden müsse, daß inzwischen andere Ansprüche auf dasselbe Interesse verjähren, die von vornherein wahlweise neben dem geltend gemachten Anspruch gegeben seien, oder auf die er statt dessen übergehen könne. Der Gläubiger solle nicht gezwungen werden, sich etwa durch Hilfsanträge im Prozeß vor der Verjährung dieser weiteren Ansprüche zu schützen. Diese Situation ist vorliegend nicht gegeben. Im laufenden Mietverhältnis kann der Vermieter nicht auf den Schadensersatzanspruch übergehen. Das kann er erst hinsichtlich der zum Ende des Mietverhältnisses notwendigen und dann fällig werdenden Schönheitsreparaturen tun. Es handelt sich zwar jeweils um Schönheitsreparaturen, anspruchsmäßig aber um zwei (völlig) verschiedene Dinge.
3. Feststellungsklage
Auch der Vorschlag des BGH, der Vermieter könne noch vor Beendigung des Mietverhältnisses Feststellungsklage dahin erheben, daß der Mieter zur Renovierung verpflichtet sei (darauf greift das OLG Düsseldorf in der vorliegenden Entscheidung zurück), ist nicht ohne Bedenken selbst wenn man davon ausgeht, daß das erforderliche Feststellungsinteresse schon wegen der drohenden Verjährung zu verneinen ist, denn ein entsprechendes Feststellungsurteil würde auch nur für die Verpflichtung zur Renovierung im laufenden Mietverhältnis gelten. Der Schadensersatzanspruch existiert zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch nicht und muß erst über § 281 Abs. 4 BGB geschaffen werden. Auch hier zieht der Hinweis des BGH auf § 213 BGB gerade nicht.
Der sichere Weg besteht demgemäß nur in einer Vereinbarung zur Verjährungshemmung bzw. (schon bei Mietvertragsabschluß) in einer Vereinbarung zur Verlängerung der Verjährungsfrist des § 548 Abs.1 BGB in den Grenzen des § 202 Abs. 2 BGB (Formular des Grundeigentum-Verlages: beiderseitig Verlängerung auf ein Jahr).
OLG Düsseldorf, Urteil vom 31. August 2006 - I-10 U 46/06 - Wortlaut Seite 1229
Siehe auch BGH, Seite 1202
Das Mietverhältnis endete Ende Dezember 2002. Der Vermieter erhielt die Schlüssel schon im April 2002 vom Mieter mit dem Bemerken zurück, aus dessen Sicht sei das Mietverhältnis beendet.
Der Vermieter verlangte vom Mieter Durchführung von Schönheitsreparaturen, Mängelbeseitigungs- und Rückbauarbeiten. Der Mieter kam dem nicht nach. Daraufhin erhob der Vermieter Klage, die im Juni 2005 bei Gericht einging und im Juli dem Mieter zugestellt wurde. Das Landgericht wies die Klage wegen Verjährung ab. Die Berufung des Vermieters zum OLG Düsseldorf hatte keinen Erfolg.
Das Urteil:
Das Berufungsgericht geht ebenfalls von Verjährung aus und bezog sich dazu auf die Rechtsprechung des BGH mit Urteil vom 15. März 2006 - VIII ZR 123/05 = GE 2006, 640 = ZMR 2006, 507. Es verwies weiterhin auf das Urteil des BGH vom 23. Mai 2006 - VI ZR 259/04 = GE 2006, 1222. Der Vermieter habe die Mieträume zurückerhalten. Entscheidend für den Beginn der Verjährung sei, daß der Vermieter in die Lage versetzt werde, sich durch Ausübung der unmittelbaren Sachherrschaft ungestört ein umfassendes Bild von den Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen zu machen. Ferner müsse der Mieter mit Kenntnisnahme des Vermieters den Besitz an den Mieträumen vollständig und unzweideutig aufgeben, weil das Mietverhältnis sonst kein tatsächliches Ende finde. Das sei vorliegend durch Schlüsselrückgabe mit dem Bemerken geschehen, nach Ansicht des Mieters sei das Mietverhältnis beendet. Der Vermieter sei dadurch nicht unangemessen benachteiligt. Für den Fall einer vereinbarten Endrenovierung habe er die Möglichkeit, gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Hemmung der Verjährung nach § 213 BGB auch für den Schadensersatzanspruch noch vor Beendigung des Mietverhältnisses durch Erhebung der Feststellungsklage, daß der Mieter zur Renovierung verpflichtet sei, herbeizuführen. Hiervon habe der Vermieter aber keinen Gebrauch gemacht. Die Verjährung sei auch nicht nach § 205 BGB gehemmt gewesen, weil vorliegend die Endrenovierung nach der mietvertraglichen Vereinbarung erst zum Ende des Mietverhältnisses am 31. Dezember 2002 geschuldet gewesen sei. Die Fälligkeitsregelung stelle keine Vereinbarung nach § 205 BGB dar, wonach die Verjährung gehemmt werde, solange der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt sei.
Anmerkung:
Das Urteil des OLG Düsseldorf (offenbar Geschäftsraummiete) liegt auf der Linie vor allem der Entscheidung des BGH vom 15. März 2006 (GE 2006, 640 = ZMR 2006, 507). Das OLG Düsseldorf übernimmt die Vorschläge des BGH, wie der Vermieter mit der Situation umgehen kann, daß die Verjährung der Ersatzansprüche schon mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem er die Mietsache zurückerhält, selbst wenn der Mietvertrag erst später endet. Nach BGH stehen insofern folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
1. Vorschußanspruch
Der Anspruch auf einen Vorschuß im Hinblick auf notwendige Schönheitsreparaturen bleibt dem Vermieter aufgrund der Rechtsprechung des BGH. Diesen kann er realisieren und damit die Räume renovieren. Im laufenden Mietverhältnis kann der Vermieter aber keinen Schadensersatzanspruch geltend machen. Das kann er erst nach Ende des Mietverhältnisses, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Ansprüche schon verjährt sein können. Diesen Widerspruch löst der BGH nicht auf; es ist auch nicht zu erwarten, daß er ihn auflösen wird, denn die Rechtsprechung ist insofern gefestigt.
2. Leistungsklage
Nach Ansicht des BGH kann der Vermieter bereits vor Vertragsende eine Leistungsklage auf Durchführung der Schönheitsreparaturen (im laufenden Mietverhältnis) erheben, die nach §§ 204 Abs. 1 Nr. 1, 213 BGB auch die Verjährung gegen den (erst nach Vertragsende entstehenden) Schadensersatzanspruch des Vermieters hemme. Es erscheint nicht ratsam, sich auf diese Ansicht zu verlassen. § 213 BGB spricht davon, daß die Hemmung der Verjährung auch für Ansprüche gelte, die aus demselben Grund wahlweise neben dem Anspruch oder an seiner Stelle gegeben seien. Aus der vom BGH zitierten Schuldrechtsreform-Drucksache 14/6040, Seite 121 ergibt sich das nach hier vertretener Ansicht so nicht. Dort wird zunächst zur Gesetzesbegründung des § 213 BGB in der Fassung der Schuldrechtsreform auf die bisherige Rechtslage bzw. Rechtsprechung zum Werkvertragsrecht hingewiesen. In diesem Zusammenhang ist von einer Entscheidung des BGH in VersR 1959, 701 und des OLG Hamm in VersR 1981, 947 die Rede, wonach eine Leistungsklage auch die Verjährung hinsichtlich des Schadensersatzanspruches wegen Verzögerung der Leistung unterbreche. Für die Neufassung des § 213 BGB wird angeführt, daß ein Gläubiger, der ein bestimmtes Interesse mit einem bestimmten Anspruch verfolge, davor geschützt werden müsse, daß inzwischen andere Ansprüche auf dasselbe Interesse verjähren, die von vornherein wahlweise neben dem geltend gemachten Anspruch gegeben seien, oder auf die er statt dessen übergehen könne. Der Gläubiger solle nicht gezwungen werden, sich etwa durch Hilfsanträge im Prozeß vor der Verjährung dieser weiteren Ansprüche zu schützen. Diese Situation ist vorliegend nicht gegeben. Im laufenden Mietverhältnis kann der Vermieter nicht auf den Schadensersatzanspruch übergehen. Das kann er erst hinsichtlich der zum Ende des Mietverhältnisses notwendigen und dann fällig werdenden Schönheitsreparaturen tun. Es handelt sich zwar jeweils um Schönheitsreparaturen, anspruchsmäßig aber um zwei (völlig) verschiedene Dinge.
3. Feststellungsklage
Auch der Vorschlag des BGH, der Vermieter könne noch vor Beendigung des Mietverhältnisses Feststellungsklage dahin erheben, daß der Mieter zur Renovierung verpflichtet sei (darauf greift das OLG Düsseldorf in der vorliegenden Entscheidung zurück), ist nicht ohne Bedenken selbst wenn man davon ausgeht, daß das erforderliche Feststellungsinteresse schon wegen der drohenden Verjährung zu verneinen ist, denn ein entsprechendes Feststellungsurteil würde auch nur für die Verpflichtung zur Renovierung im laufenden Mietverhältnis gelten. Der Schadensersatzanspruch existiert zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch nicht und muß erst über § 281 Abs. 4 BGB geschaffen werden. Auch hier zieht der Hinweis des BGH auf § 213 BGB gerade nicht.
Der sichere Weg besteht demgemäß nur in einer Vereinbarung zur Verjährungshemmung bzw. (schon bei Mietvertragsabschluß) in einer Vereinbarung zur Verlängerung der Verjährungsfrist des § 548 Abs.1 BGB in den Grenzen des § 202 Abs. 2 BGB (Formular des Grundeigentum-Verlages: beiderseitig Verlängerung auf ein Jahr).
OLG Düsseldorf, Urteil vom 31. August 2006 - I-10 U 46/06 - Wortlaut Seite 1229
Siehe auch BGH, Seite 1202
Autor: Klaus Schach