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Lärmbeeinträchtigung
BGH: Wer in den Lärm hineinbaut, kann keine Entschädigung verlangen
29.09.2006 (GE 18/06, Seite 1143) Der BGH bestätigt seine Rechtsprechung zu den Grenzen eines Anspruchs auf Entschädigung aus enteignendem Eingriff. Wer ein Wohnhaus in der Nähe eines Militärflughafens errichtet, hat auch dann keine Ansprüche, wenn das Grundstück später Teil einer Lärmschutzzone wird. Entscheidend ist, daß sich die Grundstückseigentümer freiwillig in die Gefahr der Lärmbeeinträchtigungen begeben haben.
Der Fall:
Die klagenden Eheleute sind Eigentümer eines Wohngrundstücks, das sich in der Nähe eines seit 1952 betriebenen NATO-Militärflughafens befindet und innerhalb der Lärmschutzzone 1 des durch Verordnung vom 17. Juli 1978 festgesetzten Lärmschutzbereichs für diesen Flugplatz liegt. Die Eltern des Klägers hatten das Grundstück im Jahre 1962 mit einem Zweifamilienhaus bebaut. Die Kläger verlangen von der Beklagten eine Entschädigung für die nach ihrer Behauptung durch die heutige Lärmbeeinträchtigung verursachte Wertminderung ihres Grundstücks. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision legen die Kläger Beschwerde ein.

Das Urteil:
Der BGH hält die Beschwerde für unbegründet. Das Berufungsgericht habe zu Recht einen Entschädigungsanspruch der Kläger aus enteignendem Eingriff deshalb verneint, weil sich die Rechtsvorgänger der Kläger mit ihrem Wohnbauvorhaben selbst freiwillig in die Gefahr der Lärmbeeinträchtigung begeben und damit auch das Risiko selbst erheblicher Lärmsteigerungen in der Zukunft in Kauf genommen hätten. Sie hätten quasi in den Lärm hineingebaut, denn der Flughafen sei bereits im Jahre 1962 voll in Funktion gewesen.
Diese Entscheidung werde durch die Rechtsprechung des Senats (BGHZ 129, 124) gestützt. Sowohl der Fall, den der Senat in BGHZ 129, 124 entschieden habe, als auch der Streitfall würden dadurch geprägt, daß die Eigentümer ihre Wohnbauvorhaben in Angriff genommen hätten, obwohl eine derartige (dauerhafte) Lärmvorbelastung durch den benachbarten Militärflughafen gegeben war, daß die Grundstücke eigentlich zur Wohnbebauung ungeeignet waren.

Anmerkung:
Mit Urteil vom 10. Juli 2003 (NVwZ 2003, 1286) hat der BGH entschieden, daß Lärmeinwirkungen auf ein Grundstück einen Entschädigungsanspruch aus enteignendem Eingriff auslösen können, wenn sie die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle überschreiten. In solchen Fällen kann in der Person dessen, der zu diesem Zeitpunkt Eigentümer ist, ein Anrecht auf einen erst mit der Spürbarkeit (Fühlbarkeit) des Eingriffs tatbestandsmäßig abgeschlossenen und fälligen Entschädigungsanspruch entstehen. Der neue Eigentümer, in dessen Person der Eingriff spürbar wird, muß, wenn er den Entschädigungsanspruch geltend macht, den Übergang der von dem Voreigentümer erlangten Rechtsposition durch Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge dartun. Dabei wird aus dem Grundsatz, daß der Enteignete nicht für mehr entschädigt werden darf, als ihm durch die Enteignung entzogen worden ist, abgeleitet, daß eine bereits in der Person eines früheren Eigentümers begründete weitergehende Rechtsposition („Anwartschaft„) beim Entschädigungsanspruch des enteigneten neuen Eigentümers nur berücksichtigt werden kann, wenn sie durch Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge auf ihn übergegangen ist.

BGH, Beschluß vom 29. Juni 2006 - III ZR 253/05 - Wortlaut Seite 1166
Autor: RA Detlef Manger, LL.M.