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Sozialer Wohnungsbau in Berlin
Kein Anspruch auf Anschlußförderung - jetzt liegt das Urteil im Wortlaut vor
12.09.2006 (GE 17/06, Seite 1070) Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Mai 2006 - 5 C 10.05 ‑, mit dem auf der Verwaltungsgerichtsschiene in einem Musterprozeß letztinstanzlich ein Anspruch auf Anschlußförderung für Sozialwohnungen abgewiesen wurde, liegt jetzt in schriftlicher Ausfertigung vor. Auch wenn die Entscheidung so umfangreich ist wie selten eine Gerichtsentscheidung, lohnt die Lektüre. Sie belegt umfangreich und gründlich die These, daß jedenfalls Grundeigentümer so gut wie keinen Anspruch auf Vertrauensschutz haben, und daß Geschäfte und Verträge mit dem Staat nur auf stark schwankendem Grund abgewickelt werden können.
Der Fall:
Das beklagte Land Berlin förderte ab 1972 den sozialen (Miet‑) Wohnungsbau durch die Vergabe sogenannter Aufwendungshilfen an Investoren, die durch Eigenkapital und die Aufnahme von Krediten Sozialwohnungen erstellten, sie aber nur erheblich unter einer durch den Kapitaldienst bedingten Kostenmiete vermieten durften. Nach dem Auslaufen einer für 15 Jahre bewilligten Förderung gewährte das Land Berlin auf der Grundlage entsprechender Richtlinien regelmäßig eine Anschlußförderung, weil die Finanzierungs- und Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Projekte regelmäßig auf einen 15 Jahre übersteigenden Zeitraum angelegt waren. Der – ein Wohnungsbau- und -verwaltungsunternehmen betreibenden – Klägerin, einer GmbH Co. KG, waren im Jahre 1987 Fördermittel für ein Wohnungsbauprojekt im Rahmen des Wohnungsbauprogramms 1986 gewährt worden. Zu Beginn des Jahres 2003 beschloß das Land Berlin wegen der angespannten Haushaltslage und unter Hinweis auf die Entspannung auf dem Wohnungsmarkt, für Projekte, bei denen – wie im Falle der Klägerin – die fünfzehnjährige Förderung am oder nach dem 31. Dezember 2002 endete, keine Anschlußförderung mehr zu gewähren und die Richtlinie über die Gewährung von Anschlußförderung u. a. für Objekte des Wohnungsbauprogrammjahres 1986 aufzuheben. Auf dieser Grundlage wurde der bereits im Jahre 2002 gestellte Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Anschlußförderung für weitere 15 Jahre abgelehnt.

Das Urteil:
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 11. Mai 2006 in einem Musterprozeß die Urteile der Vorinstanzen bestätigt und einen Anspruch der Klägerin auf Anschlußförderung verneint. Das Land sei eine entsprechende Verpflichtung in dem Förderbescheid rechtlich bindend ungeachtet dessen nicht eingegangen, daß die Finanzierung des Projekts erkennbar auf 30 Jahre mit einer entsprechenden Förderung angelegt gewesen sei, daß hierauf auch die im Rahmen der Finanzierung vom beklagten Land übernommenen Bürgschaften abgestellt worden seien, und daß dementsprechend schon zum Zeitpunkt dieser Förderung allgemeine Überzeugung gewesen und von verantwortlichen Politikern stets bekräftigt worden sei, daß mit einer Anschlußförderung gerechnet werden könne.
Der Förderbescheid habe keine rechtlich bindende Zusicherung enthalten, die einen Anspruch begründen oder sonst Grundlage eines rechtlich schutzwürdigen Vertrauens in eine Weiterförderung hätte sein können.
Ein Anspruch auf eine Anschlußförderung folge auch nicht unmittelbar aus ausdrücklichen Regelungen des Wohnungsbaurechts oder dem Schutzzweck der gesetzlichen Bestimmungen. Der grundgesetzliche Schutz des Eigentums erstrecke sich hier auch nicht auf die Erwartung oder Chance, in den Genuß einer Anschlußförderung zu gelangen, oder auf die wirtschaftlichen Konsequenzen der Einstellung einer Subvention; soweit fortwirkende wohnungsbaurechtliche Eigentumsbindungen, denen die Klägerin zudem nicht entgegengetreten sei, sich als unverhältnismäßig erweisen sollten, folge hieraus allenfalls ein Anspruch auf eine angemessene Entschädigung, nicht aber ein Anspruch auf Anschlußförderung.
Gegenüber der Änderung der Verwaltungspraxis dahin, stichtagsbezogen Anschlußförderung nicht neu zu bewilligen, könne sich die Klägerin hier auch nicht auf den Schutz des Vertrauens in ihre anderweitig rechtlich nicht gesicherte Erwartung berufen, es werde zu einer Anschlußförderung kommen. Das Vertrauen in den zeitlich unbegrenzten Fortbestand einer Subvention sei nicht schutzwürdig. Angesichts der mit der gewählten Förderkonstruktion objektiv verbundenen Risikoverteilung, die rechtlich das seinerzeit unwahrscheinliche Risiko des Ausbleibens einer Anschlußförderung den Investoren aufgebürdet habe, überwögen bei einer etwa vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Interessen die vom beklagten Land Berlin mit der Einstellung der Anschlußförderung verfolgten öffentlichen Belange die Interessen auch wirtschaftlich stark betroffener Investoren am Fortbestand der ihnen günstigen Subventionspraxis.

BVerwG, Urteil vom 11. Mai 2006 - 5 C 10.05 - Wortlaut Seite 1099