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Sonstige Kosten: Keine!
07.08.2006 (GE 15/06, Seite 921) Schon gehört vom „Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz„? Nein? Auch untergegangen in der Gesetzesflut, die während der Fußballweltmeisterschaft durchgepeitscht wurde – und damit der Aufmerksamkeit weiter Kreise entging? Na, dann holen Sie das Studium dieses Gesetzes, das der Bundestag Ende Juni beschlossen hat, mal ganz schnell nach.

Sonstige Kosten: Keine!

Und wenn Sie den Text gelesen haben, sich die Augen reiben und ausrufen: „Nanu, den kenne ich doch„ – dann, ja dann haben Sie völlig recht. Denn was Sie da vor sich sehen, ist fast identisch mit dem „ADG„, „Antidiskriminierungsgesetz„ seligen Angedenkens. Wie der Geist aus der Flasche ist es wieder da. Was Frau Zypries, die im Amt gebliebene Justizministerin dazu veranlaßte, dieses Gesetz als politischen Erfolg zu feiern.
Womit sie – aus Sicht der SPD, aber noch mehr der Grünen – völlig recht hat. Was aber zu der Frage führt, welcher Teufel Frau Merkel, die schwarzen Ministerpräsidenten und die ganze geistig weggetretene CDU geritten hat, dieses Machwerk mitzuverbrechen? Ein Gesetz, das den Personalchefs in allen Betrieben, Geschäftsführern in Wohnungsbaugesellschaften, selbst Ladenbesitzern und Metzgern Probleme und Prozesse ohne Ende bescheren wird (s. GRUNDEIGENTUM vom Januar 2005)? Ein Gesetz, dessen Veranlasser die Stirn haben, in der amtlichen Begründung festzustellen: „Sonstige Kosten: Keine„?
Die Grünen können sich die Hände reiben. Zwar sind sie seit September 2005 einiger Minister-, Staatssekretärs- und anderer Pfründen verlustig gegangen, aber ihr Geist regiert weiter. Denn man muß wissen, daß der Ursprung des Gesetzes in den EU-Richtlinien Nrn. 2000/43 und 2000/78 liegt, die sämtlich unter der Federführung der griechischen EU-Kommissarin Diamantopoulou zustande kamen, einer kämpferischen Feministin, die von den Fachleuten wohl nicht ausreichend ernst genommen wurde. Aber selbst diese überraschend verabschiedeten Richtlinien wären zu verkraften gewesen, zumal sie in weiten Teilen über die ohnehin geltenden deutschen Gesetze nicht hinausgingen.
Wohl eben deswegen setzten nun unsere Grünen und ihre Brüder und Schwestern im Geiste und in der SPD noch eins drauf: Aus vier Diskriminierungskriterien wurden sechs und die Strafbewehrung kehrt zurück zum rechtsstaatlich verbotenen Teufelsbeweis (Nachweis des verklagten Unternehmers, kein böses Motiv gehabt zu haben – s. a. FAZ vom 3. Juli: „Auf Biegen oder Brechen„). Und das alles verkauft uns Herr Pofalla, Generalsekretär der CDU, mit der Anmerkung, man habe dem alten Entwurf in mehr als 20 Punkten die Zähne gezogen; und das kommentiert die Bundeskanzlerin mit dem Hinweis, auch bei diesem Gesetz gelte angesichts der Beschäftigungskrise der Grundsatz: „Vorfahrt für Arbeit„.
Daß Koalitionen Kompromisse in allen praktischen Fragen schließen müssen, versteht sich von selbst. Daß man aber in einem solch überflüssigen, nur durch die EU erzwungenen, ideologielastigen Gesetz derart die eigenen Grundsätze über Bord wirft, Wahlaussagen negiert und die Kampfansagen des Sommers 2005 in ihr Gegenteil verkehrt, das macht den zuhörenden, denkenden und wählenden Bürger denn doch und vollends sprachlos. Als Berliner fällt einem der nicht ganz stubenreine und desto zutreffendere Spruch ein: „Verscheißern kann ick mir alleene.„ Politische Führung jedenfalls stellt man sich anders vor.
Als unbefangener Mensch möchte man doch jeden Morgen in den Spiegel gucken und mit sich – mehr oder weniger – im reinen sein. Merke: Politiker haben keinen Spiegel, in den sie gucken können. Sie haben nur einen Wegweiser: den des geringsten Widerstandes – koste es den Bürger, was es wolle!
Autor: Dietmar Otremba