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Urkundsprozeß
Ex-Vostandsvorsitzender versus BSR
26.07.2006 (GE 14/06, Seite 864) Heftig war in Wien die Leserreaktion auf Berichte über den bevorstehenden Prozeß des früheren BSR-Vorstandsvorsitzenden Gerhard Gamperl gegen seinen früheren Arbeitgeber.
Gamperl, der mit dem eher ungewöhnlichen Instrument des sogenannten Urkundsprozesses vorgeht (macht man, wenn man knapp bei Kasse ist; für den reicht zunächst einmal die Vorlage eines Arbeitsvertrages aus, und die eigentliche Frage, ob die fristlose Kündigung rechtens war oder nicht, würde dann erst in einem Rückforderungsprozeß des Arbeitgebers entschieden), war kürzlich erneut in die Schlagzeilen geraten, nachdem dem Aufsichtsrat der BSR eine Liste von mehr als zehn Beraterverträgen vorgelegt wurde, für die Gamperl während seiner zweijährigen Tätigkeit mehr als 3 Millionen Euro ausgegeben hatte unter anderem für ein Gutachten der Beratungsfirma McKinsey zur künftigen Unternehmensstrategie. Kosten allein dieses Gutachtens: 1,8 Millionen Euro. Und wenig berauschende Ergebnisse soll es enthalten haben, ist aus der BSR zu hören ganz abgesehen davon, daß man sich gerade für die Unternehmensstrategie einen teuren Vorstandsvorsitzenden leistet. Mehr als 200.000 Euro soll Gamperl außerdem für seine persönliche Medienberatung ausgegeben haben, obwohl die BSR über eine ausgezeichnete Kommunikationsabteilung und mit Sabine Thümler eine erstklassige Kommunikationschefin verfügt. Obwohl genutzt hat die Schulung Gamperl schon, wie Beobachter zuletzt feststellen konnten. Der frühere BSR-Chef war so eifrig bei der Sache, daß er sogar auf Personalversammlungen, während andere vortrugen, im Stile eines großen Pantomimen sich gestenreich auf seinen eigenen Auftritt vorbereitete. Dem österreichischen Botschafter war der Export-Schlager Gamperl immerhin eine offizielle Verabschiedung wert (mit dabei, wie die Berliner Zeitung süffisant bemerkte, McKinsey-Partner Markus Klimmer, aber nicht Wirtschaftssenator Harald Wolf) manche seiner Landsleute sehen das aber anders. Diese verfluchten Bonzen bekommen zu Hause nicht genug und exportieren die Malversationen auch ins Ausland. Jetzt haben wir das Gfrast wieder und dürfen es finanzieren, hieß es in einem Leserbrief in der Wiener Presse. Und ein anderer schrieb, Manager engagierten für absurde Summen die phrasendreschenden Beraterkasperln, die inkompetente Manager coachen müssen, weil die Manager trotz Spitzengehältern von Tuten und Blasen keine Ahnung haben. Soweit die kochende österreichische Volksseele. Einen ganz anderen Schuldigen in der Affäre machte der SPD-Abgeordnete Stefan Zackenfels, Vorsitzender des Beteiligungsausschusses im Abgeordnetenhaus, aus: Der Wirtschaftsverwaltung sei der Vorwurf zu machen, daß sie nicht früh genug die Einschaltung externer Berater durch Gamperl gestoppt habe. Das stelle nun alles auf den Kopf. Als ob es nicht einen nach dem Gesetz dafür zuständigen Aufsichtsrat gäbe.
Autor: Dieter Blümmel