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Lehrlinge
11.07.2006 (GE 13/06, Seite 793) Es beginnt natürlich schon mit der Bezeichnung: „Azubi„, ein Kunstwort, von Bürokraten erfunden, denen das Wort "Lehrling" wohl zu sehr nach Ausbeutung und Unterdrückung klang – und die mit Tradition und gar mit deutscher Sprache nichts am Hut hatten. Denn wer bildet die Lehrlinge jetzt aus? Logischerweise doch wohl der Auszubildenden-Ausbilder, nicht mehr der Lehrlingsausbilder oder gar der Lehrherr seligen Angedenkens.

Lehrlinge

Kann es da wundern, wenn Lehrstellen nicht besetzt werden können, weil „das Niveau derjenigen, die vermittelt werden wollen, nicht ausreicht„? Wenn Lehrlinge zwar blind ihr Handy programmieren, aber weder die Frage nach der gültigen MwSt. beantworten noch „16 % von 100 Euro ausrechnen„ können und davon ausgehen, daß „der Bundeskanzler die MwSt. bekommt„. So festgestellt im Bereich der Arbeitsagentur Frankfurt (Oder).
Wie alle Jahre wieder hebt nun das Lamento über angeblich fehlende Lehrstellen an. Die Wirtschaft müsse mehr Ausbildungsplätze bereitstellen, die Angebotslücke drohe größer zu werden als im Vorjahr, zumal ein geburtenstarker Jahrgang vor den Toren der Betriebe warte. Über die mangelnde Vorbildung der Kandidaten wird selten gesprochen, über die miserablen, vom Gesetzgeber und den Gewerkschaften zu verantwortenden Rahmenbedingungen noch seltener. Der Hinweis auf zu hohe Lehrlingsgehälter im Verbund mit zu kurzen Arbeitszeiten verhallt ungehört. An die seit langem geäußerten Klagen über die mangelnden Sprachkenntnisse (nicht nur der Immigranten-Kinder) hätte sich die politische Klasse ebenso folgenlos gewöhnt, wären nicht gewisse Zustände an etlichen Hauptschulen hochgekocht. Überrascht konnten da eigentlich nur Kultursenatoren und -minister sein - die Chefs von Ausbildungsbetrieben ganz sicher nicht, denn die müssen schon seit Jahren unbezahlte Nachhilfe leisten. Berufsschulen? Man vergesse sie in diesem Zusammenhang besser.
Daß die großen DAX-Unternehmen weniger ausbilden als der mittelständische Rest der Wirtschaft, fällt nicht ins Gewicht, ist aber dennoch typisch. Manager denken an ihre Gehälter, Unternehmer an die Zukunft. Und die ist ja ohne Nachwuchs nicht denkbar. CEOs und Vorstände können auch schnell mal Arbeitsplätze ins Ausland verlegen – Hotelbetreiber, Immobilienverwalter, Dienstleister im Reinigungs-, im Pflege-, im Gesundheitsgewerbe sind da schon schlechter dran. Die müssen im Zweifel Arbeitskräfte importieren, wo andere Arbeitsplätze exportieren – und sie würden doch lieber Einheimische beschäftigen, besonders wohl junge, talentierte und interessierte Menschen, die der deutschen Sprache mächtig sind und die dereinst lieber regelmäßig eine Arbeitsstätte als unregelmäßig das nächste Hartz-IV-Büro aufsuchen würden.
Über die Wissensgesellschaft wird landauf, landab fabuliert – fangen wir doch einfach mal mit der Grundschule, den Grundrechenarten und mit der Grundausbildung an. Lernen wir als erste Sprache Deutsch und nicht Migranten-Pidgin, fordern wir von den Jugendlichen die Beachtung jener „Sekundär„-Tugenden, die eher in der Bergpredigt und im Grundgesetz als in „Mission impossible III„- oder in „Star Wars„-Filmen anzutreffen sind.
Schon 2005 klagte der bereits zitierte Sprecher der Arbeitsagentur Frankfurt (Oder), es gebe noch 29 offene Lehrstellen, die aber nicht besetzt werden könnten, da das Niveau der Interessenten dafür nicht ausreiche.
Sollte die Baukonjunktur in Deutschland mal wieder anspringen, dann wird’s dort zugehen wie in der Spargelwirtschaft. Die Polen werden sich freuen und die hiesigen Baufirmen auch. Das Lehrlingsthema wird dann keines mehr sein.
Autor: Dietmar Otremba