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Berliner Bankenskandal
"Offengeblieben sind die Hintergründe der verschiedenen Immobiliengeschäfte"
11.07.2006 (GE 13/06, Seite 800) Der Satz, der zum lautesten Wiehern Anlaß gab, stand nicht in dem rund 1.000 Seiten umfassenden Bericht des Untersuchungsausschusses zum Berliner Bankenskandal, sondern am Anfang eines Berichts über den Ausschußbericht im TAGESSPIEGEL: "Der größte Bankenskandal in der deutschen Nachkriegsgeschichte ist aufgeklärt."
. Wer sich durch die Schwarte gequält hat, entdeckt zwar noch die eine oder andere amüsante Kleinigkeit, so etwa eine hübsche Tabelle auf Seite 588, die man nur als Warnung vor Knickerigkeit interpretieren darf. Die Tabelle listet elf Großkreditnehmer auf, die in den offiziellen Rechenschaftsberichten der CDU als Spender gelistet waren. Keiner von denen, die mehrfach gespendet haben, ist pleite. Aber von den fünf, die nur einmal gespendet haben, sind immerhin schon drei pleite. Schatzmeister der Parteien werden solche Informationen schätzen. Ansonsten begegnet man den üblichen Verdächtigen: allen Finanz-, Wirtschafts- und Bausenatoren der 90er Jahre, die da sind Norbert Meisner (SPD), Elmar Pieroth (CDU), Annette Fugmann-Heesing (SPD), Peter Kurth (CDU), Wolfgang Branoner (CDU), Wolfgang Nagel (SPD), Jürgen Klemann (CDU) und Peter Strieder (SPD), den Fraktionsvorsitzenden Ditmar Staffelt (SPD) und Klaus Böger. Sie alle hätten zur Sicherung der Landesinteressen und als Mitglieder von Aufsichtsgremien intervenieren müssen, es aber nicht getan. Dem Berichtsleser bleibt letztlich nur der Weg in die Resignation, den der Untersuchungsausschuß selbst schon gegangen war: Offengeblieben sind die Hintergründe der verschiedenen Immobiliengeschäfte, heißt es in dem Bericht. Wenn man ehrlich ist, muß man sagen: Nachvollziehbare, harte Einzelgründe für das Desaster der Bankgesellschaft Berlin konnte auch der Untersuchungsausschuß nicht benennen. Es war, dies darf man vermuten, eine im Detail nicht mehr entwirrbare Gemengelage aus Euphorie, Größenwahn, Selbstüberschätzung, politischer Einflußnahme, fast durchgängiger Unprofessionalität aller Beteiligten. Und am Ende kamen noch Verdeckungsreflexe hinzu, als im Angesicht des Niederganges auf dem Immobilienmarkt in den reichlich fließenden Provisionen für die Fonds vielleicht eine Möglichkeit gesehen wurde, die erkennbaren Probleme der Bankgesellschaft auszusitzen und auf bessere Zeiten zu hoffen. Es mag auch sein, daß sich einzelne Vorstände in erster Linie um sich selbst und nicht um ihr Institut verdient gemacht haben. Aber auch wenn all die noch laufenden Gerichtsverfahren gegen einzelne Beteiligte abgeschlossen sein werden, wird am Ende eine Vielzahl von Gründen für das Desaster der Bankgesellschaft genannt werden können, ohne daß Klarheit darüber besteht, welche nun ausschlaggebend waren.
Autor: Dieter Blümmel






