Archiv / Suche
BGH konkretisiert Schönheitsreparaturrechtsprechung
Formularvertragliche Verpflichtung des Mieters zur Tapetenentfernung ist unwirksam
11.07.2006 (GE 13/06, Seite 812) Der BGH stellt klar: Der Mieter darf nicht mit Renovierungspflichten belastet werden, die über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinausgehen. Derartige formularvertragliche Bestimmungen sind unwirksam. Der Mieter verletzt demgemäß seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Rückgabe der Wohnung nicht, wenn er Tapeten beim Auszug nicht entfernt.
Der Fall:
Mietvertraglich war vereinbart, daß der Mieter die Schönheitsreparaturen in bestimmten Fristen auszuführen hat. Daneben war formularmäßig u. a. noch vereinbart, daß der Mieter bei seinem Auszug die von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Wand- und Deckentapeten zu beseitigen und die durch die Anbringung oder Beseitigung verursachten Schäden an Wand- oder Deckenputz zu beheben habe. Bei dem Einzug hatte der Mieter die Wohnung in tapeziertem Zustand vom Vormieter übernommen. Vor Rückgabe der Wohnung entfernte er die Tapeten nicht.
Mit der Klage verlangte der Mieter Rückzahlung der geleisteten Kaution, wogegen der Vermieter mit Kosten für die Entfernung der Tapeten und für Malerarbeiten aufrechnete. Amts- und Landgericht gaben dem Mieter recht, was zur (zugelassenen) Revision zum BGH führte.
Das Urteil:
Der VIII. Senat des BGH wies die Revision zurück. Der Vermieter habe keinen Schadensersatzanspruch, weil die Regelung in § 13 des Mietvertrages (Beseitigung von Tapeten und dergleichen) unwirksam sei, denn sie benachteilige den Mieter unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Der BGH weist darauf hin, daß formularvertragliche Bestimmungen, die den Mieter mit Renovierungspflichten belasten, die über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinausgehen, mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar sind, weil sie dem Mieter eine höhere Instandhaltungsverpflichtung auferlegen, als der Vermieter dem Mieter ohne die vertragliche Abwälzung der Schönheitsreparaturen gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB schulden würde. Nach der mietvertraglichen Vereinbarung in § 8 Nr. 2 des Mietvertrages (Renovierung innerhalb eines Fristenplanes) habe der Mieter während der Dauer des Mietverhältnisses die Schönheitsreparaturen auszuführen. Durch die vereinbarte Pflicht in § 13 des Mietvertrages, bei Beendigung des Mietverhältnisses die von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Wand- und Deckentapeten zu beseitigen, werde dem Mieter eine zusätzliche Renovierungspflicht auferlegt. Zutreffend habe das Berufungsgericht darauf abgestellt, daß die Klausel den Mieter nach ihrem Wortlaut sogar dann zu einer Entfernung der Wand- und Deckentapeten verpflichte, wenn er diese im Rahmen der fälligen Schönheitsreparaturen gerade erst erneuert habe.
Eine andere Beurteilung ergebe sich nicht aus dem Umstand, daß die grundsätzliche Überwälzungsklausel hinsichtlich der Schönheitsreparaturen unwirksam sei. Denn der Verwender einer aus zwei Teilen bestehenden Klausel, deren einer Teil hier die Rückgabeklausel allenfalls dann Bestand haben könnte, wenn der andere Teil die Schönheitsreparaturklausel unwirksam sei, könne sich wegen des Gebots der Transparenz vorformulierter Vertragsbedingungen nicht zu seinen Gunsten auf die Unwirksamkeit des anderen Klauselteils berufen. Die Überwälzungsklausel zu den Schönheitsreparaturen sei unwirksam, weil sie einen starren Fristenplan enthalte (vgl. u. a. GE 2004, 1023). Die Unwirksamkeit des Fristenplanes habe auch die Unwirksamkeit der Verpflichtung zur Ausführung der Schönheitsreparaturen zur Folge.
Dem Vermieter stehe vorliegend schließlich auch kein Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung der Pflicht des Mieters zur ordnungsgemäßen Rückgabe der Mietwohnung zu. Zwar sei der Mieter bei Vertragsende grundsätzlich verpflichtet, das Mietobjekt von der durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführten Abnutzung abgesehen in dem Zustand zurückzugeben, in dem es sich bei Vertragsbeginn befunden habe. Er habe deshalb grundsätzlich Einrichtungen, Aufbauten oder sonstige bauliche Maßnahmen zu beseitigen. Vorliegend habe eine solche Verpflichtung in bezug auf eine Tapetenentfernung nicht bestanden. Zustandsverändernde Maßnahmen müsse der Mieter jedenfalls dann nicht beseitigen, wenn er sie im Rahmen seiner Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen durchführe. So liege es hier, weil dem Mieter aufgrund des Mietvertrages die Ausführung der Schönheitsreparaturen auferlegt sei, zu denen auch Tapezierarbeiten gehörten. Als Verwender der Formularklausel könne sich der Vermieter nicht auf deren Unwirksamkeit berufen. Denn andernfalls würde der Mieter schlechter gestellt als im Falle der Wirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel, die einen Wiederherstellungsanspruch des Vermieters von vorneherein ausschließe und den Mieter allenfalls dann zu einer Entfernung der Tapeten verpflichte, wenn ihr Zustand dies erfordere.
Anmerkung (und Zusammenfassung):
1. Ein vereinbarter starrer Fristenplan zur Durchführung der Schönheitsreparaturen führt zur Unwirksamkeit der Klausel zur Schönheitsreparaturpflicht des Mieters; es verbleibt dann bei der gesetzlichen Renovierungspflicht durch den Vermieter.
2. Eine Formularklausel, nach der der Mieter verpflichtet ist, bei seinem Auszug alle von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Tapeten zu beseitigen, ist unwirksam, weil hiermit dem Mieter eine zusätzliche Renovierungspflicht auferlegt wird. Der Vermieter kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, daß die Schönheitsreparaturverpflichtung des Mieters wegen starrer Fristen unwirksam ist. Bei unwirksamer Schönheitsreparaturverpflichtung des Mieters behält eine darüber hinaus formularmäßig vereinbarte Endrenovierungspflicht keine eigenständige Bedeutung.
3. Der Mieter verletzt auch nicht seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Rückgabe der Mietwohnung, wenn er die Tapeten nicht entfernt. Zustandsverändernde Maßnahmen muß der Mieter dann nicht beseitigen, wenn sie in den Rahmen von Schönheitsreparaturen fallen. Auch hier kann sich der Vermieter nicht auf die Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel berufen.
BGH, Urteil vom 5. April 2006 - VIII ZR 109/05 - Wortlaut Seite 841
Mietvertraglich war vereinbart, daß der Mieter die Schönheitsreparaturen in bestimmten Fristen auszuführen hat. Daneben war formularmäßig u. a. noch vereinbart, daß der Mieter bei seinem Auszug die von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Wand- und Deckentapeten zu beseitigen und die durch die Anbringung oder Beseitigung verursachten Schäden an Wand- oder Deckenputz zu beheben habe. Bei dem Einzug hatte der Mieter die Wohnung in tapeziertem Zustand vom Vormieter übernommen. Vor Rückgabe der Wohnung entfernte er die Tapeten nicht.
Mit der Klage verlangte der Mieter Rückzahlung der geleisteten Kaution, wogegen der Vermieter mit Kosten für die Entfernung der Tapeten und für Malerarbeiten aufrechnete. Amts- und Landgericht gaben dem Mieter recht, was zur (zugelassenen) Revision zum BGH führte.
Das Urteil:
Der VIII. Senat des BGH wies die Revision zurück. Der Vermieter habe keinen Schadensersatzanspruch, weil die Regelung in § 13 des Mietvertrages (Beseitigung von Tapeten und dergleichen) unwirksam sei, denn sie benachteilige den Mieter unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Der BGH weist darauf hin, daß formularvertragliche Bestimmungen, die den Mieter mit Renovierungspflichten belasten, die über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinausgehen, mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar sind, weil sie dem Mieter eine höhere Instandhaltungsverpflichtung auferlegen, als der Vermieter dem Mieter ohne die vertragliche Abwälzung der Schönheitsreparaturen gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB schulden würde. Nach der mietvertraglichen Vereinbarung in § 8 Nr. 2 des Mietvertrages (Renovierung innerhalb eines Fristenplanes) habe der Mieter während der Dauer des Mietverhältnisses die Schönheitsreparaturen auszuführen. Durch die vereinbarte Pflicht in § 13 des Mietvertrages, bei Beendigung des Mietverhältnisses die von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Wand- und Deckentapeten zu beseitigen, werde dem Mieter eine zusätzliche Renovierungspflicht auferlegt. Zutreffend habe das Berufungsgericht darauf abgestellt, daß die Klausel den Mieter nach ihrem Wortlaut sogar dann zu einer Entfernung der Wand- und Deckentapeten verpflichte, wenn er diese im Rahmen der fälligen Schönheitsreparaturen gerade erst erneuert habe.
Eine andere Beurteilung ergebe sich nicht aus dem Umstand, daß die grundsätzliche Überwälzungsklausel hinsichtlich der Schönheitsreparaturen unwirksam sei. Denn der Verwender einer aus zwei Teilen bestehenden Klausel, deren einer Teil hier die Rückgabeklausel allenfalls dann Bestand haben könnte, wenn der andere Teil die Schönheitsreparaturklausel unwirksam sei, könne sich wegen des Gebots der Transparenz vorformulierter Vertragsbedingungen nicht zu seinen Gunsten auf die Unwirksamkeit des anderen Klauselteils berufen. Die Überwälzungsklausel zu den Schönheitsreparaturen sei unwirksam, weil sie einen starren Fristenplan enthalte (vgl. u. a. GE 2004, 1023). Die Unwirksamkeit des Fristenplanes habe auch die Unwirksamkeit der Verpflichtung zur Ausführung der Schönheitsreparaturen zur Folge.
Dem Vermieter stehe vorliegend schließlich auch kein Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung der Pflicht des Mieters zur ordnungsgemäßen Rückgabe der Mietwohnung zu. Zwar sei der Mieter bei Vertragsende grundsätzlich verpflichtet, das Mietobjekt von der durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführten Abnutzung abgesehen in dem Zustand zurückzugeben, in dem es sich bei Vertragsbeginn befunden habe. Er habe deshalb grundsätzlich Einrichtungen, Aufbauten oder sonstige bauliche Maßnahmen zu beseitigen. Vorliegend habe eine solche Verpflichtung in bezug auf eine Tapetenentfernung nicht bestanden. Zustandsverändernde Maßnahmen müsse der Mieter jedenfalls dann nicht beseitigen, wenn er sie im Rahmen seiner Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen durchführe. So liege es hier, weil dem Mieter aufgrund des Mietvertrages die Ausführung der Schönheitsreparaturen auferlegt sei, zu denen auch Tapezierarbeiten gehörten. Als Verwender der Formularklausel könne sich der Vermieter nicht auf deren Unwirksamkeit berufen. Denn andernfalls würde der Mieter schlechter gestellt als im Falle der Wirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel, die einen Wiederherstellungsanspruch des Vermieters von vorneherein ausschließe und den Mieter allenfalls dann zu einer Entfernung der Tapeten verpflichte, wenn ihr Zustand dies erfordere.
Anmerkung (und Zusammenfassung):
1. Ein vereinbarter starrer Fristenplan zur Durchführung der Schönheitsreparaturen führt zur Unwirksamkeit der Klausel zur Schönheitsreparaturpflicht des Mieters; es verbleibt dann bei der gesetzlichen Renovierungspflicht durch den Vermieter.
2. Eine Formularklausel, nach der der Mieter verpflichtet ist, bei seinem Auszug alle von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Tapeten zu beseitigen, ist unwirksam, weil hiermit dem Mieter eine zusätzliche Renovierungspflicht auferlegt wird. Der Vermieter kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, daß die Schönheitsreparaturverpflichtung des Mieters wegen starrer Fristen unwirksam ist. Bei unwirksamer Schönheitsreparaturverpflichtung des Mieters behält eine darüber hinaus formularmäßig vereinbarte Endrenovierungspflicht keine eigenständige Bedeutung.
3. Der Mieter verletzt auch nicht seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Rückgabe der Mietwohnung, wenn er die Tapeten nicht entfernt. Zustandsverändernde Maßnahmen muß der Mieter dann nicht beseitigen, wenn sie in den Rahmen von Schönheitsreparaturen fallen. Auch hier kann sich der Vermieter nicht auf die Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel berufen.
BGH, Urteil vom 5. April 2006 - VIII ZR 109/05 - Wortlaut Seite 841
Autor: Klaus Schach