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Vertrauensverlust ist der Anfang vom Ende
30.05.2006 (GE 10/06, Seite 585) Nun haben Betroffene Klarheit. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 11. Mai den Ausstieg Berlins aus der sogenannten Anschlußförderung im sozialen Wohnungsbau gebilligt.
In diesem Zusammenhang davon zu sprechen, der Ausstieg sei "rechtmäßig", widerstrebt mir, weil ich vermutlich mit der Mehrheit aller (wie es in vielen Urteilen so schön heißt) "gerecht und billig Denkenden" darunter etwas völlig anderes verstehe.
Das Bundesverwaltungsgericht hat ein Urteil gesprochen, aber kein Recht.
Man mag das als Äußerung eines Interessenvertreters abtun, aber vielleicht doch bedenken, daß an dieser Stelle, wie sich unschwer beweisen läßt, über die Jahrzehnte hinweg die Berliner Förderungsvariante immer kritisiert, nachhaltig bekämpft, ausdrücklich als verrückt (GE 1980, 681) bezeichnet wurde und Immobilienanleger wieder und wieder davor gewarnt wurden, öffentliche Mittel in Anspruch zu nehmen, weil Subventionen zurückschlagen (GE 1988, 206). Daß die öffentlichen Aufwendungen für den sozialen Wohnungsbau Sprengkraft für den Berliner Haushalt darstellen, war in dieser Zeitschrift schon lange vor Mauerfall vorausgesagt worden, als noch niemand sonst daran dachte, daß die reichlich fließenden Subventionen aus Bonn irgendwann einmal versiegen könnten (GE 1983, 926). Und bestätigt hat sich auch die Voraussage, daß der Löffel immer zu kurz ist, wenn man mit dem Teufel essen geht (GE 1988, 534).
Trotz dieser dauerhaften Gegnerschaft und der übergroßen Skepsis gegenüber diesem Fördersystem läßt sich all mein Wissen darüber wie folgt zusammenfassen: Es hat niemals auch nur die geringste Äußerung staatlicher Vertreter gegeben, die einen Zweifel hätten aufkommen lassen können, die für ein Ende der Subventionen gesprochen hätten. Solche Zweifel wurden nur durch Nachdenken genährt. Alle staatlichen Vertreter haben dagegen die gesamte Branche immer wieder in der Überzeugung gestärkt, die Differenz zwischen der aus politischen Gründen künstlich niedrig gehaltenen Mieter-Miete und der Kostenmiete werde verläßlich und zwar nicht nur für 30 Jahre, sondern ad infinitum aus öffentlichen Kassen bezahlt. Wenn es noch etwas wie Vertrauensschutz für Investoren gibt, hätte es ihn hier geben müssen.
Wer allerdings die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 14 GG kennt hier sei insbesondere an eine an dieser Stelle auch schon besprochene Entscheidung aus den 90ern zur rückwirkenden Verlängerung der Nachwirkungsfristen im sozialen Wohnungsbau bei vorzeitiger Darlehensrückzahlung erinnert , wußte auch, daß es für Immobilienanleger und Grundstückseigentümer den grundgesetzlichen Vertrauensschutz schon seit über zehn Jahren nicht mehr gibt. Diese Branche muß, so unsere höchsten Richter, täglich mit rückwirkenden Verschlechterungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen rechnen. Auch deshalb ist für mich jedenfalls das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht überraschend gekommen.
Ein weiteres kommt hinzu: In der Verwaltungsgerichtsbarkeit insgesamt hat seit einigen Jahren ein Umdenkungsprozeß begonnen. War dieser Gerichtszweig bisher seinem Selbstverständnis nach dazu da, den Bürger vor den Allmachtsphantasien des Staates zu schützen, scheint er sich zunehmend der Aufgabe zu verschreiben, diesen Staat vor dem immer selbstbewußter werdenden Bürger zu schützen. Auch zwei Beispiele aus der jüngsten Zeit stützen diese Beobachtung: Das Berliner Verwaltungsgericht hat in den letzten Wochen z. T. nach mehrjähriger Verfahrensdauer die Klage des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen auf lückenlose Einsichtsnahme in die Kalkulationsunterlagen der Berliner Wasserbetriebe (BWB) ebenso abgewiesen wie das parallele Verfahren von Haus & Grund Berlin, das die BSR betrifft. Begründungen stehen noch aus.
Tröstlich ist, daß inzwischen die Zivilgerichte den Kunden von Ver- und Entsorgungsunternehmen einen Einblick in die Preiskalkulation zugestehen und damit die Funktion der Verwaltungsgerichtsbarkeit übernommen haben. Da drängt sich die Frage auf, wozu funktionslos gewordene Gerichtszweige dann noch gebraucht werden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat ein Urteil gesprochen, aber kein Recht.
Man mag das als Äußerung eines Interessenvertreters abtun, aber vielleicht doch bedenken, daß an dieser Stelle, wie sich unschwer beweisen läßt, über die Jahrzehnte hinweg die Berliner Förderungsvariante immer kritisiert, nachhaltig bekämpft, ausdrücklich als verrückt (GE 1980, 681) bezeichnet wurde und Immobilienanleger wieder und wieder davor gewarnt wurden, öffentliche Mittel in Anspruch zu nehmen, weil Subventionen zurückschlagen (GE 1988, 206). Daß die öffentlichen Aufwendungen für den sozialen Wohnungsbau Sprengkraft für den Berliner Haushalt darstellen, war in dieser Zeitschrift schon lange vor Mauerfall vorausgesagt worden, als noch niemand sonst daran dachte, daß die reichlich fließenden Subventionen aus Bonn irgendwann einmal versiegen könnten (GE 1983, 926). Und bestätigt hat sich auch die Voraussage, daß der Löffel immer zu kurz ist, wenn man mit dem Teufel essen geht (GE 1988, 534).
Trotz dieser dauerhaften Gegnerschaft und der übergroßen Skepsis gegenüber diesem Fördersystem läßt sich all mein Wissen darüber wie folgt zusammenfassen: Es hat niemals auch nur die geringste Äußerung staatlicher Vertreter gegeben, die einen Zweifel hätten aufkommen lassen können, die für ein Ende der Subventionen gesprochen hätten. Solche Zweifel wurden nur durch Nachdenken genährt. Alle staatlichen Vertreter haben dagegen die gesamte Branche immer wieder in der Überzeugung gestärkt, die Differenz zwischen der aus politischen Gründen künstlich niedrig gehaltenen Mieter-Miete und der Kostenmiete werde verläßlich und zwar nicht nur für 30 Jahre, sondern ad infinitum aus öffentlichen Kassen bezahlt. Wenn es noch etwas wie Vertrauensschutz für Investoren gibt, hätte es ihn hier geben müssen.
Wer allerdings die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 14 GG kennt hier sei insbesondere an eine an dieser Stelle auch schon besprochene Entscheidung aus den 90ern zur rückwirkenden Verlängerung der Nachwirkungsfristen im sozialen Wohnungsbau bei vorzeitiger Darlehensrückzahlung erinnert , wußte auch, daß es für Immobilienanleger und Grundstückseigentümer den grundgesetzlichen Vertrauensschutz schon seit über zehn Jahren nicht mehr gibt. Diese Branche muß, so unsere höchsten Richter, täglich mit rückwirkenden Verschlechterungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen rechnen. Auch deshalb ist für mich jedenfalls das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht überraschend gekommen.
Ein weiteres kommt hinzu: In der Verwaltungsgerichtsbarkeit insgesamt hat seit einigen Jahren ein Umdenkungsprozeß begonnen. War dieser Gerichtszweig bisher seinem Selbstverständnis nach dazu da, den Bürger vor den Allmachtsphantasien des Staates zu schützen, scheint er sich zunehmend der Aufgabe zu verschreiben, diesen Staat vor dem immer selbstbewußter werdenden Bürger zu schützen. Auch zwei Beispiele aus der jüngsten Zeit stützen diese Beobachtung: Das Berliner Verwaltungsgericht hat in den letzten Wochen z. T. nach mehrjähriger Verfahrensdauer die Klage des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen auf lückenlose Einsichtsnahme in die Kalkulationsunterlagen der Berliner Wasserbetriebe (BWB) ebenso abgewiesen wie das parallele Verfahren von Haus & Grund Berlin, das die BSR betrifft. Begründungen stehen noch aus.
Tröstlich ist, daß inzwischen die Zivilgerichte den Kunden von Ver- und Entsorgungsunternehmen einen Einblick in die Preiskalkulation zugestehen und damit die Funktion der Verwaltungsgerichtsbarkeit übernommen haben. Da drängt sich die Frage auf, wozu funktionslos gewordene Gerichtszweige dann noch gebraucht werden.
Autor: Dieter Blümmel