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Schönheitsreparaturen
Starre Fristenregelung kippt Quotenklausel
30.05.2006 (GE 10/06, Seite 604) Ist die Schönheitsreparaturenklausel wegen unwirksamer starrer Fristenregelung insgesamt unwirksam, ist auch eine möglicherweise wirksame Quotenklausel nicht mehr zu retten. Das Formular des GRUNDEIGENTUM-VERLAGES ist von der Entscheidung nicht betroffen.
Der Fall:
Das Mietverhältnis zwischen den Parteien dauerte etwa viereinhalb Jahre. Im Mietvertrag waren die Schönheitsreparaturen auf den Mieter übertragen, der diese auf seine Kosten sach- und fachgerecht auszuführen hatte, und zwar in Küche, Bad, WC alle drei Jahre, in den übrigen Räumen alle fünf Jahre. Es war vermerkt, daß nach Beendigung des Mietverhältnisses der Mieter vor Rückgabe der Wohnung unter Berücksichtigung des vereinbarten Fristenplanes alle bis dahin je nach (dem) Grad der Abnutzung oder Beschädigung erforderlichen Schönheitsreparaturen auszuführen hat. Ferner war in dem Mietvertrag eine sogenannte Quotenklausel zur quotenmäßigen Abgeltung angefangener Renovierungsintervalle vereinbart.
Der Mieter führte keine Schönheitsreparaturen durch. Der Vermieter verlangte von ihm sodann Malerkosten für Bad und Küche sowie zeitanteilig berechnete Kosten für die Renovierung der übrigen Räume. Er hatte damit beim Amts- und Landgericht keinen Erfolg. In der Revision bestätigte der BGH die Entscheidungen.

Das Urteil:
Der BGH verwies auf seine ständige Rechtsprechung zur unangemessenen Benachteiligung des Mieters bei Vereinbarung starrer Fristen (vgl. die Entscheidungen in GE 2004, 1023, GE 2004, 1415, GE 2005, 1347). Aus der Sicht eines verständigen Mieters mache es keinen Unterschied, ob der Fristenplan – wie vorliegend – eine bestimmte Frist ohne jeden Zusatz enthalte oder ob die Verbindlichkeit der genannten Frist durch die Worte wie „mindestens„ bzw. „spätestens„ verstärkt werde. Es sei darauf abzustellen, ob ein angegebener Zeitraum durch Formulierungen wie „in der Regel„, „im allgemeinen„ oder ähnlichen Wendungen – für den Mieter erkennbar – so flexibel vereinbart sei, daß nach dem Wortlaut der Klausel im Einzelfall eine Anpassung der Renovierungsintervalle an den tatsächlichen Renovierungsbedarf möglich sei. Fehle ein derartiger Zusatz, so sei nach dem eindeutigen Wortlaut der Fristenklausel ein Abweichen zugunsten des Mieters nicht vorgesehen; sie sei dann aus der Sicht des Mieters nicht weniger „starr„ als bei sprachlichen Hinzufügungen, die eine Verlängerung der Frist nicht zulassen.
Aus der vorliegenden Formulierung „unter Berücksichtigung des vereinbarten Fristenplans„ werde eine Verbindung zu den vereinbarten verbindlichen Fristen hergestellt, so daß die starre Fristenregelung durchgreife. Daß durch die Wendung „je nach dem Grad der Abnutzung oder Beschädigung„ die starren Fristen relativiert werden sollten, sei nicht zu erkennen.
Durch die unwirksame starre Fristenregelung werde auch die Quotenklausel unwirksam. Der Zusammenhang mit der Fristenregelung ergebe sich schon aus der Systematik der Regelung. Für den verständigen Leser der Klausel könne kein Zweifel bestehen, daß die einzelnen Bestimmungen eine einheitliche, zusammengehörige Gesamtregelung der Renovierungsverpflichtung des Mieters darstellten. Sei der Mieter nicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen (wegen unwirksamer Fristenregelung) verpflichtet, treffe ihn auch keine Verpflichtung zur anteiligen Abgeltung der Kosten bei Beendigung des Mietverhältnisses.

Anmerkung:
In der Tagespresse und auch im Internet ist die Entscheidung als „sensationell„ zum Schutz des Mieters herausgestellt worden. Nach den Angaben des Geschäftsführers des Deutschen Mieterbundes seien zigtausende von Haushalten erfaßt, in denen nunmehr die Mieter keine Schönheitsreparaturen durchzuführen habe. Diese Herausstellungen sind – jedenfalls für den Berliner Raum – völlig übertrieben. Denn das BGH-Urteil liegt völlig auf der bisherigen Linie in der Rechtsprechung zur Unwirksamkeit starrer Fristenregelungen, die in der wichtigen Konsequenz dann die Überbürdung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter insgesamt unwirksam macht. Denn es macht in der Tat keinen Unterschied, ob der Mieter auf jeden Fall spätestens innerhalb der Fristen von drei und fünf Jahren hätte Schönheitsreparaturen durchführen müssen oder eben jedenfalls in diesen Zeiträumen. Die Klausel ist im übrigen auch insofern bedenklich, als außer Küche, Bad und WC alle übrigen Räume in fünfjährigem Turnus dekoriert werden mußten, während für Nebenräume eine Frist von sieben Jahren üblich ist (so auch Mustermietvertrag 1976).
Für Mietverhältnisse, in denen das Formular des GRUNDEIGENTUM-VERLAGES verwandt worden ist, gibt es keine Probleme. Denn dort ist jeweils vermerkt, daß die Schönheitsreparaturen in den Fristen von drei, fünf und sieben Jahren je nach Raum „im allgemeinen„ fällig werden, so daß es sich insofern um eine „weiche„ Fristenregelung handelt, die unbedenklich ist (vgl. das vorliegende Urteil Rdn. 11).
Es lag schon bisher auf der allgemeinen Linie, daß die Anwendung der Quotenklausel davon abhängt, daß die Schönheitsreparaturen überhaupt auf den Mieter wirksam übertragen worden sind. Ist die Überwälzungsklausel wegen unwirksamer starrer Fristen unwirksam, kommt ein Anspruch aus der Quotenklausel nicht in Betracht.
Umgekehrt übrigens gilt: Ist die Quotenklausel aus irgendeinem Grund unwirksam, die allgemeine Überwälzungsklausel für Schönheitsreparaturen auf den Mieter jedoch wirksam, bleibt es bei der Überbürdung auf den Mieter, besteht also ein Erfüllungsanspruch und bei Weigerung gegebenenfalls ein Schadensersatzanspruch gegen den Mieter wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen bestehen.

BGH, Urteil vom 5. April 2006 - VIII ZR 178/05 - Wortlaut Seite 639
Autor: Klaus Schach