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Mietwucher
Immer bei Überschreitung um 50 Prozent?
14.11.2000 (GE 5/2000, 307) Die 1995 vereinbarte Wohnungsmiete überschritt die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 50 %; der Mieter verlangte teilweise Rückzahlung und bekam beim Amtsgericht Tiergarten recht.
Mit Urteil vom 27. Januar 2000 führte das Gericht aus, es komme weder auf die Ausnutzung eines geringen Angebots im Sinne des § 5 WiStG noch auf subjektive Elemente wie Unerfahrenheit oder Mangel an Urteilsvermögen beim Mieter an. Jede Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete um 50 % sei wucherisch und damit nichtig.
Wir halten das Urteil für falsch, da es den grundsätzlichen Aufbau der Mietpreisüberhöhungs- und Wuchervorschriften verkennt. Nur wenn eine Mangellage im Sinne des § 5 WiStG ausgenutzt wurde, reicht Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 50 % allein aus, um eine Teilnichtigkeit anzunehmen (Sternel, MDR 1983, 363). Ist dagegen der Tatbestand des § 5 WiStG nicht erfüllt, weil eine Mangellage im Sinne dieser Vorschrift nicht ausgenutzt wurde, setzt Mietwucher nach § 291 StGB neben der Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 50 % ein Ausbeuten von bestimmten persönlichen Verhältnissen des Mieters voraus (OLG Köln, NJW 1976, 119; Schmidt-Futterer/Blank, 7. Aufl., Rdn. 103 zu §§ 38, 134 BGB). Kann das nicht festgestellt werden, kommt allenfalls eine Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB in Betracht (Überschreitung um 100 %) oder Wucher nach § 138 Abs. 2 BGB (Überschreitung um 200 %; vgl. zusammenfassend, Beuermann, GE 1997, 652). Die Meinung, jede Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete um 50 % sei nichtig, ohne daß weitere Tatbestandsmerkmal erfüllt sein müßten, wird - soweit ersichtlich - von niemandem vertreten; die vom Amtsgericht zitierten Landgerichtsentscheidungen stützen dessen Auffassung jedenfalls nicht, da dort die Tatbestandsmerkmale des § 5 WiStG, also auch das Ausnutzen einer Mangellage, vorlagen.
AG Tiergarten, Urteil vom 27. Januar 2000 - 6 C 234/99 -
Den Wortlaut des gesamten Urteils finden Sie abgedruckt in GE (Nr./Jahr/Seite) 5/2000, 347.
Wir halten das Urteil für falsch, da es den grundsätzlichen Aufbau der Mietpreisüberhöhungs- und Wuchervorschriften verkennt. Nur wenn eine Mangellage im Sinne des § 5 WiStG ausgenutzt wurde, reicht Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 50 % allein aus, um eine Teilnichtigkeit anzunehmen (Sternel, MDR 1983, 363). Ist dagegen der Tatbestand des § 5 WiStG nicht erfüllt, weil eine Mangellage im Sinne dieser Vorschrift nicht ausgenutzt wurde, setzt Mietwucher nach § 291 StGB neben der Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 50 % ein Ausbeuten von bestimmten persönlichen Verhältnissen des Mieters voraus (OLG Köln, NJW 1976, 119; Schmidt-Futterer/Blank, 7. Aufl., Rdn. 103 zu §§ 38, 134 BGB). Kann das nicht festgestellt werden, kommt allenfalls eine Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB in Betracht (Überschreitung um 100 %) oder Wucher nach § 138 Abs. 2 BGB (Überschreitung um 200 %; vgl. zusammenfassend, Beuermann, GE 1997, 652). Die Meinung, jede Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete um 50 % sei nichtig, ohne daß weitere Tatbestandsmerkmal erfüllt sein müßten, wird - soweit ersichtlich - von niemandem vertreten; die vom Amtsgericht zitierten Landgerichtsentscheidungen stützen dessen Auffassung jedenfalls nicht, da dort die Tatbestandsmerkmale des § 5 WiStG, also auch das Ausnutzen einer Mangellage, vorlagen.
AG Tiergarten, Urteil vom 27. Januar 2000 - 6 C 234/99 -
Den Wortlaut des gesamten Urteils finden Sie abgedruckt in GE (Nr./Jahr/Seite) 5/2000, 347.