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Was ist Schwarzarbeit?
10.03.2006 (GE 05/06, Seite 272) Eine Umfrage jedenfalls, das ist sicher, würde zu dem betrüblichen Ergebnis führen, daß 99,99 % der Bevölkerung keine korrekten Vorstellungen darüber haben, was Schwarzarbeit ist.
Ich erinnere an einen Beitrag, den Prof. Jochim Bohnert – einer der besten Kenner des bundesdeutschen Ordnungswidrigkeitenrechts – vor einiger Zeit in dieser Zeitschrift veröffentlicht hat. Danach kann auch dann Schwarzarbeit vorliegen, wenn sämtliche Beiträge an Renten- und Sozialversicherung einschließlich Berufsgenossenschaften entrichtet worden sind, aber der Arbeitgeber nicht in die Handwerksrolle eingetragen ist, weil er kein Handwerksbetrieb ist, aber aus bestimmten Gründen für einige Zeit einen Handwerker (voll versichert) beschäftigen muß (man denke nur an die sog. Haushandwerker in den großen Wohnungsbaugesellschaften). Wie soll also bei so komplizierter Rechtslage eine Senatorin wissen, ob sie ihre polnische Putzfrau nun schwarz beschäftigt hat oder nicht? Andererseits bleiben noch ein paar Fragen an Berlins Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) im Zusammenhang mit ihrer polnisch Ex offen. Aber zunächst die Fakten, soweit sie bisher bekanntgemacht wurden. Das Berliner Boulevard-Blatt „BZ„ zitierte kürzlich eine aus Polen stammende Frau mit den Worten: „Ich war die illegale Putzfrau bei der PDS-Politikerin.„ Ob die das tatsächlich so gesagt hat oder ob ihr dieser Satz zielgerichtet in den Mund gelegt wurde, wissen wir nicht. Jedenfalls hat die Senatorin eingeräumt, besagte polnische Putzfrau Ende der 90er Jahre „einige Wochen oder Monate„ in ihrem Haushalt beschäftigt zu haben. Jeder Mietrichter in Berlin würde die Ankündigung von „einige Wochen oder Monate„ dauernde Modernisierungsarbeiten als ungenügend abschmettern. Fatalerweise besaß die Haushaltshilfe aus dem Nachbarland weder eine Aufenthaltsgenehmigung noch eine Arbeitserlaubnis. Und nicht einmal ihren richtigen Namen hatte die Dame angegeben. Können Sie sich vorstellen, was für einen Budenzauber die PDS veranstaltet hätte, wenn einer aus der CDU einer Polin auch nur einen Staubwedel in die Hand gedrückt hätte, bevor die ihren Paß und die notwendigen Papiere zu einer Arbeitsaufnahme vorgelegt hätte? Heidi Knake-Werner rechtfertigte sich damit, daß sie im Spätsommer 2000 eine Dachgeschoßwohnung bezogen habe, und die Polin habe „als Beschäftigte des Bauträgers„ bei ihr geputzt. Als der Bauträger Pleite gegangen sei, habe sie die Polin auf Mini-Job-Basis weiterbeschäftigen wollen und ihre Papiere verlangt. Das habe besagte Haushaltshilfe immer durch Ausreden hinausgezögert und schließlich gestanden, überhaupt keine Papiere zu haben, worauf die Beschäftigung beendet worden sei. Nun ja. Bauträger verleihen eigentlich keine Putzfrauen, sie schicken bestenfalls welche zur Endreinigung. Spätestens mit der Übernahme der Putzfrau jedenfalls hätte sich die Senatorin Papiere zeigen lassen müssen – daß ausgerechnet ein PDS-Mitglied darauf vertraut haben soll, ein Bauträger würde schon keine Illegalen beschäftigen, das hat was – ebenso wie die feinsinnige Formulierung einer Sprecherin der Senatorin, wonach diese „die Putzfrau nie bewußt als Illegale beschäftigt hat„. Man muß kein Semantiker sein, um über das Wort „bewußt„ zu stolpern. Als ob die Polizei Gnade vor Recht gegenüber den vielen unbewußt besoffen autofahrenden Mitbürgern ergehen lassen dürfte. Nun erwägt die Sozialsenatorin, „auch strafrechtliche Schritte wegen wiederholter Erpressungsversuche„ gegen die Polin einzuleiten. Die hatte offenbar versucht, Heidi Knake-Werner wegen angeblicher Schwarzarbeit unter Druck zu setzen. Einer solchen Anzeige bedarf es freilich nicht, denn Erpressung (§ 253 StGB) ist ein sogenanntes Offizialdelikt. Die Staatsanwaltschaft muß also von sich aus tätig werden, wenn sie – wie durch die öffentliche Berichterstattung geschehen – davon Kenntnis erhält. Bleibt zu hoffen, daß die Aufklärung der Berliner Freikarten-Affäre nicht zuviel Zeit bindet. Den vernünftigsten Rat – wenn vielleicht auch einen mit Hintergedanken – erhielt Heidi Knake-Werner übrigens von der Opposition: Die Fraktionschefin der Grünen, Sibyll Klotz, schlug ihr den Weg der Selbstanzeige vor, um die Angelegenheit zweifelsfrei zu klären. Ob ein Politiker solche Affären politisch überlebt, hängt nämlich entscheidend von seinem Verhalten nach Aufdeckung des Faktums ab. Weder der frühere Bundesverkehrsminister Günther Krause (CDU) noch Kurt Biedenkopf, der ehemalige sächsische Ministerpräsident, überlebten letztlich ihre Putzfrauenaffäre – der heutige Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses, Walter Momper, dagegen sehr wohl. Er zahlte die nicht entrichteten Sozialbeiträge für seine Putzfrau unverzüglich nach.
Autor: Dieter Blümmel