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Horst Kienast reaktiviert
27.02.2006 (GE 04/06, Seite 208) Seinen ganz eigenen Beitrag zu der von seinem Parteifreund Franz Müntefering angestoßenen Diskussion über die "Rente mit 67" leistete Berlins Finanzsenator Dr. Thilo Sarrazin. Er reaktivierte seinen in den Altersruhestand gegangenen früheren Referatsleiter Horst Kienast (Referat I A, Grundsatzangelegenheiten, Beteiligungspolitik und Public-Private-Partnership) per Beratervertrag bis Ende 2006 mit 20 Arbeitsstunden pro Woche.
Per Teilzeit-Job soll sich Kienast um Themen wie Verkauf der Bankgesellschaft, Konzessionsverträge mit GASAG und Vattenfall und den asbestverseuchten Steglitzer Kreisel kümmern. Die Opposition tobt. Ob es denn niemanden gebe, der solche Aufgaben erledigen könne und warum vorher niemand eingearbeitet worden sei. Und überhaupt: Was das wieder kostet. Diese Krämerseelen kennen Kienast nicht. Der Mann gehörte zum besten, was an Personal jemals Berliner Amtsstuben bevölkert hat. Während seiner aktiven Zeit, so versichern Mitarbeiter und Vorgesetzte, habe der Mann von morgens um 7 bis abends um 10 gearbeitet, und so mancher hat ihn noch nachts in der U-Bahn aktenlesend angetroffen. Richtig gestellt müßte die Frage also nicht lauten, was das wieder kostet, sondern eher, wie viele Millionen dieser durchaus ungewöhnliche Reaktivierungsvorgang für den Landeshaushalt bringt. Daß Kienast tatsächlich so ganz unverzichtbar ist, wie Dr. Thilo Sarrazin wohl zu Recht annimmt, hängt aber auch mit einer Eigenart des Rentners (so die Bezeichnung in den Gazetten) zusammen: Kienast gehört zu jener Art von Perfektionisten, die am liebsten alles ganz alleine macht, um auf Nummer Sicher zu gehen. Das entspricht nicht unbedingt dem Bild, das man in der Öffentlichkeit von Beamten und öffentlichen Angestellten hat. Das geht eher davon aus, daß es sich bei dieser Berufsspezies um eine solche handelt, die lieber alles andere machen lassen.
Autor: Dieter Blümmel






