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Garagengrundstücke im Beitrittsgebiet
Garagenkündigung - noch warten
27.02.2006 (GE 04/06, Seite 228) Nutzungsverhältnisse über Garagengrundstücke im Beitrittsgebiet können bereits seit dem 1. Januar 2000 gekündigt werden. Am 31. Dezember 2006 läuft für diese Grundstücke die sogenannte Investitionsschutzfrist ab. Hierdurch verbessert sich die Rechtslage für den Grundstückseigentümer.
Nutzungsverträge über Garagengrundstücke unterliegen, ebenso wie Nutzungsverträge über Erholungsgrundstücke1), dem Schutz des Schuldrechtsanpassungsgesetzes (SchuldRAnpG), sofern sie vor dem 3. Oktober 1990 abgeschlossen worden sind und die betroffenen Grundstücke im Beitrittsgebiet liegen. Der durch das SchuldRAnpG gewährte Kündigungsschutz endete für Garagengrundstücke bereits am 31. Dezember 1999. Seit dem 1. Januar 2000 können diese Grundstücke auch durch den Grundstückseigentümer ohne Vorliegen besonderer Voraussetzungen ordentlich gekündigt werden.2) Das Eigentum an einer dem Nutzer gehörenden Baulichkeit geht mit Beendigung des Vertragsverhältnisses auf den Grundstückseigentümer über.3) Zum Schutz der Investition des Nutzers ordnet das SchuldRAnpG eine Pflicht zur Entschädigung des Zeitwertes für vom Nutzer errichtete Baulichkeiten an. Dieser Investitionsschutz ist jedoch zeitlich beschränkt. Er endet sieben Jahre nach dem Ende der Kündigungsschutzfrist, für Garagen also am 31. Dezember 2006. Nach diesem Zeitpunkt reduziert sich die Anspruchsposition des Nutzers erheblich. Dies hat Einfluß auf den Zeitpunkt, zu der eine beabsichtigte Kündigung erklärt werden sollte.4)

Klarzustellen ist, daß die nachfolgende Darstellung sich auf eigentümerseitige ordentliche Kündigungen des Nutzungsverhältnisses bezieht. Kündigt der Grundstückseigentümer das Nutzungsverhältnis rechtswirksam außerordentlich, z. B. wegen Zahlungsverzuges oder groben Pflichtverletzungen des Nutzers oder erklärt der Nutzer selbst die Kündigung des Nutzungsverhältnisses, besteht hinsichtlich der Entschädigung bzw. Abrißkostenbeteiligung des Nutzers bereits jetzt der Rechtszustand, wie er nachfolgend für eigentümerseitige ordentliche Kündigungen mit Wirkung vom 1. Januar 2007 an dargestellt wird.

1. Zeitwertentschädigung
bis 31. Dezember 2006
Kündigt der Grundstückseigentümer das Nutzungsverhältnis zu einem innerhalb der Investitionsschutzfrist liegenden Zeitpunkt, hat er dem Nutzer Zeitwert entschädigung zu leisten, d. h. den Zeitwert5) einer durch diesen rechtmäßig errichteten Baulichkeit zu ersetzen. Dabei ist gleichgültig, zu welchem Zeitpunkt innerhalb der Investitionsschutzfrist die Kündigung ihre Wirkung entfaltet. Selbst bei einer zum 31. Dezember 2006 erklärten Kündigung könnte sich der Grundstückseigentümer nicht darauf berufen, daß er zum nächstfolgenden Kündigungstermin mit völlig anderen Konsequenzen kündigen könnte. Das hiermit einhergehende „Alles-oder-Nichts-Prinzip„ mag befremden, dient jedoch der Praktikabilität: Beide Seiten können einschätzen, welche Konsequenzen eine Kündigung zu einem bestimmten Zeitpunkt nach sich zieht und sich hierauf einstellen. Dies ist geeignet, Streitigkeiten zu vermeiden oder zumindest zu vereinfachen. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die weitgehende Sonderbehandlung derartiger Nutzungsverhältnisse sieben Jahre nach dem Auslaufen der Kündigungsschutzfrist, mithin für Garagengrundstücke mehr als 16 Jahre nach der Wiedervereinigung, zu beenden6), kann nicht ernstlich beanstandet werden.
Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist nicht der Zeitpunkt des Zuganges der Kündigungserklärung, sondern der Zeitpunkt, in dem diese ihre Wirkung entfaltet, also das Vertragsverhältnis beendet wird.7) Da im Regelfall8) die mietrechtlichen Kündigungsfristen des § 580 a I Nr. 3 BGB Anwendung finden, führen Kündigungen, die ab dem 6. Oktober 2006 zugehen, zu einer Beendigung nach dem 31. Dezember 2006. Für Kündigungen, die vor diesem Zeitpunkt erklärt werden, ist im Regelfall Zeitwertentschädigung zu leisten.

2. Verkehrswertentschädigung
ab 1. Januar 2007
Endet das Vertragsverhältnis nach Ablauf der Investitionsschutzfrist, bei Garagengrundstücken also ab dem 1. Januar 2007, schuldet der kündigende Grundstückseigentümer lediglich noch eine sogenannte Verkehrswertentschädigung. Hierbei handelt es sich um den Betrag, um den der Verkehrswert des Grundstückes durch die aufstehende Baulichkeit noch erhöht ist. Ob dies überhaupt der Fall ist, ist daran zu messen, wie der Grundstückseigentümer das Grundstück zukünftig nutzen wird. Die Regelung des § 12 III SchuldRAnpG dient allein dem Ausgleich eines dem Grundstückseigentümer tatsächlich zufließenden Wertzuwachses. Wie der Grundstückseigentümer sein Grundstück zukünftig nutzt, bleibt ihm überlassen. Nur, wenn ihm im Rahmen dieser Nutzung ein Wertzuwachs durch die Baulichkeit zufließt, kommt eine Entschädigung nach § 12 III SchuldRAnpG in Betracht.9) Entscheidet sich der Grundstückseigentümer beispielsweise, eine auf dem Grundstück aufstehende Garage abzureißen, um das Grundstück zukünftig anders zu nutzen, kommt eine Verkehrswertentschädigung nicht in Betracht. Beabsichtigt der Grundstückseigentümer jedoch, die bestehende Garage weiter zu nutzen, kommt es darauf an, ob hiermit eine Erhöhung des Verkehrswertes des gesamten Grundstückes verbunden ist. Dies ist nicht ohne weiteres der Fall. Maßgeblich ist, ob und in welcher Höhe der Grundstücksmarkt der durch die Baulichkeit veranlaßten Verbesserung des Zustandes des Grundstückes einen spezifischen Wert beimißt.10) Der seinerzeitige Kostenaufwand des Nutzers oder heutige Sachwert der Baulichkeit sind irrelevant. Bei einer ausschließlichen Nutzung als Garagengrundstück wird eine Werterhöhung häufig vorliegen. Soll das Grundstück daneben auch anderen Zwecken dienen, ist der durch die (alte) Garagenbaulichkeit vermittelte Mehrwert zumeist nur gering oder gleich Null.

Zu beachten ist, daß Ansprüche des Nutzers auf Zeit- oder Verkehrswert-entschädigung stets voraussetzen, daß die Baulichkeit durch den Nutzer oder seinen Rechtsvorgänger "entsprechend den Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik" – legal – errichtet wurde. War dem Nutzer die Errichtung der Garage nicht ausdrücklich im Nutzungsvertrag oder anderweit durch den Grundstückseigentümer gestattet,11) oder hat der Nutzer die Errichtung ohne oder in Abweichung von einer erteilten Bauerlaubnis12) vorgenommen, kommen derartige Entschädigungsansprüche nicht in Betracht.13) Die ihm verbleibenden Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind eher theoretischer Natur.14)

1. Keine Abrißpflicht,
aber Kostenbeteiligung
Entgegen vereinzelten Auffassungen ist der Nutzer bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses zur Beseitigung einer durch ihn legal errichten Baulichkeit nicht verpflichtet.15) Schwarzbauten sind jedoch durch ihn zu beseitigen.16) Nach Ablauf der Investitionsschutzfrist ist der Nutzer auch bei legal errichteter Baulichkeit verpflichtet, dem Grundstückseigentümer die Hälfte der Kosten für deren Abriß zu erstatten17). Auch hier gilt das "Alles-oder-Nichts-Prinzip". Infolge eines Redaktionsversehens des Gesetzgebers kommt es insoweit allerdings nicht auf den Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses, sondern auf den Zeitpunkt der Erklärung der Kündigung an. Erklärt der Grundstückseigentümer die Kündigung bis zum 31. Dezember 2006, besteht keine Verpflichtung des Nutzers, sich an den Kosten des Abrisses einer legal errichteten Baulichkeit zu beteiligen, auch wenn das Vertragsverhältnis erst nach dem 31. Dezember 2006 endet. Erklärt der Grundstückseigentümer die Kündigung ab dem 1. Januar 2007, ist der Nutzer verpflichtet, die Hälfte der Abrißkosten zu tragen, ebenso wie dies bereits bislang der Fall war, wenn dieser das Vertragsverhältnis selbst gekündigt hatte.

2. Jahresfrist
Die Verpflichtung des Nutzers zur Kostenbeteiligung besteht allerdings in allen Fällen nur, wenn der Abbruch der Baulichkeit innerhalb eines Jahres nach Rückgabe des Grundstückes vorgenommen wurde. Der Grundstückseigentümer muß dem Nutzer den beabsichtigten Abriß so rechtzeitig anzeigen, daß dieser hinreichend Gelegenheit hatte, den Abriß selbst vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Hierzu ist dem Nutzer ggf. Zutritt zum Grundstück zu gewähren. Der Grundstückseigentümer, der beabsichtigt, einen Abriß vorzunehmen und den Nutzer an den hierfür entstehenden Kosten zu beteiligen, hat sicherzustellen, daß die Anzeige an den Nutzer rechtzeitig, rechtswirksam und nachweisbar erfolgt. Reißt er die Baulichkeit ab, ohne daß diese Voraussetzungen vorliegen, kann der Nutzer zur Beteiligung an den Kosten insoweit nicht mehr herangezogen werden, als dieser darlegen und beweisen kann, daß er den Abriß selbst kostengünstiger hätte vornehmen können.18) Der Anspruch ist dann zumindest teilweise verloren. Ein entsprechend frühzeitig eingeholter Rechtsrat mag diesbezügliche Fehler vermeiden.

Zum 1. Januar 2007 verbessert sich die Rechtslage für den Eigentümer eines dem Anwendungsbereich des SchuldRAnpG unterliegenden Garagengrundstückes erheblich. Im Falle eigener Kündigung des Vertragsverhältnisses muß er anstelle des Zeitwertes der Baulichkeit nur noch eine durch die Baulichkeit vermittelte Erhöhung des Verkehrswertes des Grundstückes entschädigen. Beabsichtigt er eine veränderte Nutzung des Grundstückes, namentlich unter Abriß der bestehenden Baulichkeit, ist eine Entschädigung regelmäßig nicht zu leisten. Zugleich ist der Nutzer bei ab dem 1. Januar 2007 erklärten Kündigungen verpflichtet, auch im Falle eigentümerseitiger Kündigung des Nutzungsverhältnisses die Hälfte der Kosten des Abrisses der Baulichkeit zu tragen, sofern der Grundstückseigentümer den Abriß innerhalb eines Jahres nach Rückgabe des Grundstückes vornimmt und zuvor seiner Anzeigepflicht gegenüber dem Nutzer rechtzeitig und rechtswirksam genügt hat. Der Grundstückseigentümer, der die Kündigung eines derartigen Grundstückes in naher Zukunft beabsichtigt, sollte daher abwägen, ob die eintretende Rechtsänderung im konkreten Fall so wirtschaftliche Vorteile bringt, daß diese vor Erklärung der Kündigung abgewartet werden sollte. Maßgeblicher Stichtag, an dem erstmals eine Kündigung bei Fortfall der Zeitwert-entschädigung erklärt werden kann, ist im Regelfall der 6. Oktober 2006. Die Pflicht zur Abrißkostenbeteiligung entsteht jedoch erst bei eigentümerseitigen Kündigungen, die ab dem 1. Januar 2007 erklärt werden.

1) sog. Datschengrundstücke
2) vgl. Schnabel, GE 1999, 1092
3) vgl. § 11 I SchuldRAnpG
4) Die nachfolgenden Ausführungen gelten sinngemäß auch für Datschengrundstücke. Die Investitionsschutzfrist läuft für diese jedoch zumeist erst am 3.10.2022 ab.
5) Maßgeblich ist der Zeitwert, den die Baulichkeit im Zeitpunkt der Rückgabe des Grundstücks besitzt; vgl. hierzu Schnabel, Datschen- und Grundstücksrecht 2000, S. 60
6) vgl. BT-Drs. 12/8035, S. 26
7) vgl. § 12 II 2 2. Fall; beachte insofern die im ursprünglichen Regelungsentwurf noch abweichende Formulierung in BT-Drs. 12/7135, S. 13; mißverständlich: RVI-Zimmer, § 12 SchuldRAnpG, Ren. 22, Schnabel, Datschen- und Grundstücksrecht 2000, S. 55
8) Ausnahmen gelten, wenn ausnahmsweise abweichende vertragliche Regelungen bestehen und noch wirksam sind bzw. ausnahmsweise Pachtrecht gilt; vgl. zur Problematik: Kühnlein, GE 2002, 517.
9) vgl. AG Strausberg, GE 1996, 1121; vgl. RVI-Zimmermann, § 12 SchuldRAnpG, Rdn. 62; Schnabel, Datschen- und Grundstücksrecht 2000, S. 61
10) vgl. ähnlich R/R/B-Zimmermann, § 12 SchuldRAnpG, Rdn. 6
11) Für kommunale Grundstücke gilt zumeist die Gestattungsfiktion des § 19 II SchuldRAnpG
12) Die Errichtung von Garagen bedurfte mindestens der Zustimmung zu einer Bauanzeige, vgl. §§ 23 Rdn. 2, 31 II DBO; seit dem 1. Juli 1972 einer staatlichen Bauzustimmung, vgl. § 3 II BevölkerungsbauwerkeVO vom 22.3.1972. Die Errichtung von Garagen auf Erholungsgrundstücken war gem. § 3 VII BevölkerungsbauwerkeVO vom 8.11.1984 mit Wirkung vom 1. Februar 1985 grundsätzlich ausgeschlossen.
13) vgl, § 12 I 1 SchuldRAnpG
14) vgl. Kühnlein, VIZ 2000, 578, 581
15) vgl. § 15 I 1 SchuldRAnpG; bei Erholungsgrundstücken besteht allerdings stets eine Beseitigungspflicht, wenn das Vertragsverhältnis nach dem 31.12.2022 endet, vgl. § 15 III SchuldRAnpG
16) vgl. LG Berlin, ZOV 2004, 187; Schnabel, Datschen- und Grundstücksrecht 2000, S. 55; Kühnlein, VIZ 2000, 571, 581
17) vgl. § 15 I 2 SchuldRAnpG
18) vgl. RVI-Zimmermann, § 15 SchuldRAnpG, Rdn. 12; weitergehend: Schnabel, SchuldRÄndG, § 15 SchuldRAnpG, Rdn. 6 a. E.
Autor: Andreas Kühnlein