Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Archiv / Suche


Mietverlängerungsklausel
Zweifel bei der Auslegung gehen zu Lasten des Verwenders
10.02.2006 (GE 03/06, Seite 145) Bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auftretende Zweifel gehen zu Lasten desjenigen, der das Mietvertragsformular dem anderen Vertragspartner „gestellt„ hat. Das muß nicht immer der Vermieter sein, sondern kann – wie hier – auch der Mieter sein, der sich durch eine Kombination von Verlängerungsklauseln und Verlängerungsoptionen sichern wollte. Deren Rangverhältnis zueinander muß klargestellt sein, sonst bleibt es bei der – für den Mieter im Ergebnis – ungünstigen Verlängerungsklausel.
Der Fall:
In dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Formularmietvertrag, der von der Mieterin "gestellt" wurde, heißt es:
"§ 3 (1) Das Mietverhältnis beginnt mit Übernahme des schlüsselfertigen Mietobjektes und läuft 12 Jahre ...
(2) Der Mieter ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung, die dem Vermieter spätestens 6 Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses zugehen muß, die Verlängerung des Mietverhältnisses um 5 Jahre zu verlangen (Option). Dieses Recht kann der Mieter dreimal ausüben. Dem Mieter wird ein weiteres Optionsrecht eingeräumt (Vertragsverlängerung um 3 Jahre – Entscheidungsfrist wiederum 6 Monate).
(3) Nach Ablauf der Mietzeit (einschließlich der Optionszeiträume) verlängert sich das Mietverhältnis um 5 Jahre, falls es nicht seitens einer Vertragspartei spätestens 12 Monate vor seiner Beendigung beendigt wird."
Das Mietverhältnis begann am 1. Juli 1990. Am 9. Oktober 1989 teilte die Mieterin mit, daß sie aus wirtschaftlichen Gründen das Mietobjekt zum 31.12.1998 schließen werde, und schlug vor, gemeinsam Anschlußverwertungen zu prüfen. Nachdem die Mieterin sodann die Auffassung vertreten hatte, daß das Mietverhältnis mit dem 30. Juni 1992 durch Zeitablauf ende, klagte der Vermieter auf Feststellung, daß es über diesen Zeitpunkt hinaus fortbestehe und frühestens zum 30. Juni 1997 beendet werden könne.

Die Entscheidung:
Der BGH stellte die Entscheidung des Landgerichts, durch die der Feststellungsklage stattgegeben wurde, wieder her.
Der Wortlaut der vorformulierten Vertragsbestimmungen führe zu keinem eindeutigen Ergebnis. Die Formulierung "nach Ablauf der Mietzeit (einschließlich der Optionszeiträume)" lasse die Auslegung zu, daß es erst nach Ausübung aller der Mieterin eingeräumten Optionsmöglichkeiten zu einer Verlängerung des Mietvertrages nach § 3 Abs. 3 kommen solle. Aber auch die Meinung, daß schon vor Ablauf der regulären Mietzeit von zwölf Jahren eine Vertragsverlängerung gemäß § 3 Abs. 3 eintrete, wenn keine der Parteien vor Ablauf der Mietzeit die Beendigung erklärt, sei mit dem Wortlaut der Klausel ohne weiteres vereinbar. Bei mehreren Auslegungsmöglichkeiten sei zwar grundsätzlich derjenigen der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führe. Eine Auslegung zugunsten einer der Parteien sei aber nicht zwingend. Diese Unsicherheit gehe zu Lasten des Mieters, deren Rechtsvorgängerin die Klausel verwendet hatte, mit der Folge, daß sich der Vertrag nach Ablauf der regulären Laufzeit mangels „Kündigung„ um fünf Jahre verlängert habe.

BGH, Urteil vom 14. Dezember 2005 - XII ZR 241/03 - Wortlaut Seite 182