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Das "mildere" Licht des BGH
27.01.2006 (GE 02/06, Seite 65) Der Bundesgerichtshof hat die (Rechts-) Welt unlängst darauf hingewiesen, daß das Verhalten des vertragsuntreuen Mieters, der mit zwei Monatsmieten in den Zahlungsrückstand gerät, vom vorsichtigen, aber entnervten Vermieter daraufhin die fristlose und zugleich auch eine fristgemäße (= "ordentliche") Kündigung erhält, schließlich aber innerhalb der sogenannten Schonfrist den Rückstand ausgleicht, nicht zwangsläufig zu Konsequenzen führen muß: Vielmehr könne "im Rahmen des Verschuldens ... eine nachträgliche Zahlung des Mieters ... ein etwaiges Fehlverhalten in einem milderen Licht erscheinen ..." lassen (BGH VIII ZR 6/04 vom 16.2.2005 = GE 2005, 429).
Das soll bedeuten: Auch die ordentliche Kündigung kann unwirksam sein, wenn der Mieter schließlich zahlt. Das ist grundsätzlich nicht zu beanstanden.
Es fragen sich aber der entnervte Vermieter, der um Rat angegangene Rechtsanwalt und der für eine Entscheidung zuständige Richter, im Scheine welcher Lux-Zahl sie den Mieter und seine Zahlungen zu betrachten haben, um das vom höchsten Gericht geforderte "mildere Licht" nicht zu verfehlen. Weder zu hell noch zu dämmerig soll es sein, aber wie denn?
In der Leuchtmittel-Fachwelt finden sich ganze "Licht-Konzeptionen", die natürliches Licht imitieren und mittels Diffusoren "sanft hinterleuchtete Varianten" schaffen sollen, bei denen "direkte Blendungen und Reflexionen auf glatten Flächen" vermieden werden. Der Effekt so sagen Händler und Hersteller sei "eine sympathische Lichtwirkung". Die Anschaffung allerdings dürfte nicht ganz preiswert sein, der Einbau kann sich technisch schwierig gestalten. In einer Zeit allergrößter Sparbemühungen (auch) des Staates wird sich jedenfalls die Justiz neue "Licht-Konzeptionen" für Räumungsklagen nicht leisten können und wollen. Möglicherweise erfüllen ein preiswerterer Dimm-Schalter (für 38, 45 im Fachhandel erhältlich) oder die Abendsonne gleiche Zwecke. Oder ist dämmerig gar nicht gleich "milde"? Fotografen dürften sich hier auskennen, Juristen eher nicht.
Vor allem: Wie sieht das zögerliche Zahlungsverhalten des Mieters denn unter dem Einfluß derartig komfortabler "sympathischer Lichtwirkung" aus? Die Kontoauszüge des entnervten Vermieters sind vielleicht im "milderen Licht" gar nicht mehr lesbar, so daß er die einstweiligen Mietfehlbeträge abhängig von seiner persönlichen Sehschärfe nicht sogleich erkennt, was vorübergehend sicher nervenschonend sein kann. Der von ihm um Rat gebetene Rechtsanwalt, der unter Umständen schon aus Repräsentationsgründen eine der zuvor beschriebenen teuren "Licht-Konzeptionen" in seiner Praxis besitzt, schafft vor dem Entwerfen der Räumungsklage eine der "sanft hinterleuchteten Varianten" an seinem Schreibtisch, findet sodann den Mietrückstand im Vergleich zu den Honorarschulden einiger seiner Mandanten nicht gar so schlimm und begnügt sich fürs erste mit einer höflichen Mahnung an den Mieter. Der schließlich mit dem Rechtsstreit betraute Richter und das ist wegen der oben genannten Sparmaßnahmen und im Angesicht der tatsächlich in Gerichten vorhandenen Leuchtmittel wirklich fiktiv sähe in einem "milderen Licht" den verzögert zahlenden Mieter nur schemenhaft. Dessen Gestik und Mimik wären für den Richter unter Umständen hierdurch nicht im Detail erkennbar, was dem Verteidigungsvorbringen des Mieters einen guten Teil seines Effekts nehmen würde. Das aber liefe der vom Bundesgerichtshof angestrebten wohlwollenden Betrachtung des fehlenden Mieters zuwider!
Als Lösung bleibt eine in der mietrechtlichen Fachliteratur nach rechtswissenschaftlicher, aber auch disziplinübergreifender Diskussion zu klärende juristisch saubere Definition des erforderlichen "milderen Lichts". Nur dann kann Beleuchtungs- und damit Rechtssicherheit für alle Beteiligten erreicht werden. Mietrechtskommentare könnten Lux-Werte angeben, entnervte Vermieter und Rat gebende Rechtsanwälte zwischen der Anschaffung von Dimm-Schaltern und Leuchtkonzeptionen wählen und der urteilende Richter würde sich für die optimale Einstellung seiner Jalousie-Lamellen entscheiden...
Es fragen sich aber der entnervte Vermieter, der um Rat angegangene Rechtsanwalt und der für eine Entscheidung zuständige Richter, im Scheine welcher Lux-Zahl sie den Mieter und seine Zahlungen zu betrachten haben, um das vom höchsten Gericht geforderte "mildere Licht" nicht zu verfehlen. Weder zu hell noch zu dämmerig soll es sein, aber wie denn?
In der Leuchtmittel-Fachwelt finden sich ganze "Licht-Konzeptionen", die natürliches Licht imitieren und mittels Diffusoren "sanft hinterleuchtete Varianten" schaffen sollen, bei denen "direkte Blendungen und Reflexionen auf glatten Flächen" vermieden werden. Der Effekt so sagen Händler und Hersteller sei "eine sympathische Lichtwirkung". Die Anschaffung allerdings dürfte nicht ganz preiswert sein, der Einbau kann sich technisch schwierig gestalten. In einer Zeit allergrößter Sparbemühungen (auch) des Staates wird sich jedenfalls die Justiz neue "Licht-Konzeptionen" für Räumungsklagen nicht leisten können und wollen. Möglicherweise erfüllen ein preiswerterer Dimm-Schalter (für 38, 45 im Fachhandel erhältlich) oder die Abendsonne gleiche Zwecke. Oder ist dämmerig gar nicht gleich "milde"? Fotografen dürften sich hier auskennen, Juristen eher nicht.
Vor allem: Wie sieht das zögerliche Zahlungsverhalten des Mieters denn unter dem Einfluß derartig komfortabler "sympathischer Lichtwirkung" aus? Die Kontoauszüge des entnervten Vermieters sind vielleicht im "milderen Licht" gar nicht mehr lesbar, so daß er die einstweiligen Mietfehlbeträge abhängig von seiner persönlichen Sehschärfe nicht sogleich erkennt, was vorübergehend sicher nervenschonend sein kann. Der von ihm um Rat gebetene Rechtsanwalt, der unter Umständen schon aus Repräsentationsgründen eine der zuvor beschriebenen teuren "Licht-Konzeptionen" in seiner Praxis besitzt, schafft vor dem Entwerfen der Räumungsklage eine der "sanft hinterleuchteten Varianten" an seinem Schreibtisch, findet sodann den Mietrückstand im Vergleich zu den Honorarschulden einiger seiner Mandanten nicht gar so schlimm und begnügt sich fürs erste mit einer höflichen Mahnung an den Mieter. Der schließlich mit dem Rechtsstreit betraute Richter und das ist wegen der oben genannten Sparmaßnahmen und im Angesicht der tatsächlich in Gerichten vorhandenen Leuchtmittel wirklich fiktiv sähe in einem "milderen Licht" den verzögert zahlenden Mieter nur schemenhaft. Dessen Gestik und Mimik wären für den Richter unter Umständen hierdurch nicht im Detail erkennbar, was dem Verteidigungsvorbringen des Mieters einen guten Teil seines Effekts nehmen würde. Das aber liefe der vom Bundesgerichtshof angestrebten wohlwollenden Betrachtung des fehlenden Mieters zuwider!
Als Lösung bleibt eine in der mietrechtlichen Fachliteratur nach rechtswissenschaftlicher, aber auch disziplinübergreifender Diskussion zu klärende juristisch saubere Definition des erforderlichen "milderen Lichts". Nur dann kann Beleuchtungs- und damit Rechtssicherheit für alle Beteiligten erreicht werden. Mietrechtskommentare könnten Lux-Werte angeben, entnervte Vermieter und Rat gebende Rechtsanwälte zwischen der Anschaffung von Dimm-Schaltern und Leuchtkonzeptionen wählen und der urteilende Richter würde sich für die optimale Einstellung seiner Jalousie-Lamellen entscheiden...
Autor: VRiinLG Regine Paschke