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Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes
Brauchbare Orientierungshilfe oder Irreführung der Verbraucher?
06.01.2006 Der Deutsche Mieterbund hat kurz vor Weihnachten seinen ersten bundesdeutschen Betriebskostenspiegel veröffentlicht, der auf Betriebskosten des Jahres 2004 fußt. Repräsentativ ist er nicht, wird aber zu einer Menge Mehrarbeit bei Verwaltern führen. Die sollten auf die besseren Berliner Übersichten verweisen.
Der Zeitpunkt war kalkuliert und gut gewählt. Nachdem die Ergebnisse des am Karnevalsanfang (11.11.) beschlossenen Koalitionsvertrages von CDU/CSU und SPD verdaut waren, hat der Deutsche Mieterbund (DMB) kurz vor Weihnachten noch einmal Schlagzeilen gemacht und den ersten bundesweit erhobenen Betriebskostenspiegel veröffentlicht. Weil sich die Betriebskosten längst zu einer „zweiten Miete„ entwickelt hätten und weil aktuell bei den Heizkosten Preissteigerungen von 30 % und mehr zu erwarten sind, sei für Mieter ein Instrument wichtig, mit dem eine Vergleichbarkeit der Betriebskosten hergestellt werde, begründete Dr. Franz-Georg Rips, Direktor des Deutschen Mieterbundes (DMB), die Vorstellung des ersten bundesweiten Betriebskostenspiegels auf einer Pressekonferenz in Berlin. Im Durchschnitt zahlten Deutschlands Mieter für ihre Wohnung 2,44 €/m2 mtl. an Betriebskosten. „Das bedeutet, Mieter einer 80 m2 großen Wohnung zahlen im Monat 195,20 € für Heizkosten und kalte Nebenkosten, das sind 2.342,40 € im Jahr. Damit machten die Betriebskosten im Jahr 2004 35,3 % der Gesamtmietbelastung aus.„ Der Betriebskostenspiegel des DMB enthält Angaben zu: Grundsteuern, Abwasser, Heizung, Warmwasser, Aufzug, Straßenreinigung, Müllbeseitigung, Gebäudereinigung, Gartenpflege, Hausflur-Strom, Schornsteinreinigung, Gebäudeversicherungen, Hauswart sowie Antenne/Kabel. Der größte Posten je Quadratmeter entfällt auf die Heizung mit einem Mittelwert von 69 Cent zwischen den beiden Extremen 92 und 49 Cent. Als Grundsteuer werden 20 Cent im Mittel zwischen 26 und 8 Cent genannt.
Die Wohnungswirtschaft reagiert entsetzt: Der bundesweite „Betriebskostenspiegel„ ist nach Ansicht des Zentralverbandes Haus & Grund Deutschland ein unbrauchbares und irreführendes Instrument, um die Nebenkosten des Wohnens transparent darzustellen. „Die Ergebnisse sind für Mieter und Vermieter ohne Aussagekraft und können ein gutes Mietverhältnis unnötig belasten„, kritisierte Haus & Grund-Präsident Rüdiger Dorn. Etwa 85 % der Betriebskosten seien vom Vermieter überhaupt nicht zu beeinflussen. Hierzu gehören etwa die kommunalen Abgaben und Gebühren (z. B. Grundsteuer, Beiträge für Straßenreinigung etc.) sowie insbesondere die Energiekosten. „Gerade die Kosten für Heizung, Wasser und Strom sind fast ausschließlich abhängig vom Verbrauchsverhalten der Mieter„, stellte Rüdiger Dorn klar. Der GDW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen erklärte, der Mieterbund versuche zu suggerieren, daß der Untersuchung die gleiche Bedeutung wie dem Mietspiegel zukomme. Dieser werde aber im Gegensatz zum Betriebskostenspiegel unter Beteiligung der Vermieterverbände und Kommunen erstellt, was seine Objektivität sichere. Außerdem mache es die Vielzahl der Einflußfaktoren wie Baujahr oder der Grad der Wärmedämmung einer Immobilie unmöglich, differenzierte bundesdurchschnittliche Vergleichswerte zu bilden.
Die Wahrheit liegt – wie so oft – in der Mitte: Angst brauchen Berliner Vermieter vor dem Betriebskostenspiegel jedenfalls nicht zu haben. Denn es ist wie im richtigen Leben: Wer ein bundesweites Instrument entwickelt, verliert die regionalen Besonderheiten zwangsläufig aus den Augen. Gerade in Berlin sind die Kosten für Wasser, Abwasser, aber auch die Grundsteuer besonders hoch. Ratsam ist es daher, sich an der Berliner Betriebskostenübersicht über die Betriebskosten des Jahres 2003 zu orientieren. Dazu kann man zum einen auf den dem Berliner Mietspiegel beigefügten „Betriebskostenspiegel„ verweisen. Noch wesentlich aussagekräftigere Daten enthalten die in die Tiefe gehenden Betriebskostenübersichten, die u. a. nach Geschoßhöhen, Baualtersklassen, Ausstattungskategorien oder Sanierungszustand differenzieren. Diese Daten wurden im Rahmen der Erhebung zum Berliner Mietspiegel 2005 miterhoben (sämtliche Berliner Betriebskostentabellen sind veröffentlicht in Dittert, Berliner Mietspiegel 2005, Praxisleitfaden für die Mieterhöhung. GRUNDEIGENTUM-VERLAG 2005, 388 Seiten, 35 Euro incl. MwSt., zzgl. Versandspesen).
Im übrigen gilt natürlich: Maßgebend sind immer die tatsächlichen Betriebskosten, sofern sie nur dem Gebot der Wirtschaftlichkeit entsprechen (vgl. Beuermann GE 2005, 1043 f. und 1109 f.).
Und was tut der ordentliche Vermieter, wenn der Mieter moniert, daß die tatsächlichen Kosten von der Betriebskostenübersicht oder dem bundesweiten Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes abweichen? Er weist seinen Mieter auf die Rechtsprechung hin. Das LG Berlin führt dazu in seinem Urteil vom 27. Mai 2005 aus (GE 2005, 1129): Einen Verstoß gegen die ordnungsgemäßen Grundsätze der Bewirtschaftung „hat der Mieter … darzulegen und ggf. zu beweisen. Hierzu genügt der Hinweis auf statistische Werte nicht. Dies mag ein Indiz darstellen, führt indes nicht zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast„. Das muß in besonderem Maße für die Durchschnittsmaße des bundesweiten Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterbundes gelten. Und deshalb gibt der Deutsche Mieterbund ja auch selbst zu, daß seine Publikation keinerlei rechtliche Bedeutung habe. Das sollte dem Mieter auch klargemacht werden. Entwarnung ist also angesagt.
Vermieter sollten den bundesweiten Betriebskostenspiegel daher nicht als Bedrohung, sondern als Chance begreifen: Das Thema Betriebskosten wird schon wegen der immer weiter steigenden Energiekosten ein Dauerbrenner bei der Vermietungspraxis bleiben. Vor allem durch die zwangsweise Einführung des Energiepasses für Gebäude im nächsten Jahr wird sich bewahrheiten, daß die Zeiten, in denen sich eine Immobilie allein wegen ihrer Lage vermieten ließ, endgültig vorbei sein werden.
Im übrigen gilt: Das Budget der Mieter ist „gedeckelt„. Wenn der Vermieter es schafft, Betriebskosten zu senken, erhöht er damit automatisch den Spielraum für seine eigene Rendite. In diesem Sinne sind Betriebskostenspiegel hilfreich.