Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Archiv / Suche


Keine Flächenangaben oder Relativierung
Der BGH zeigt den Weg: So vermeidet man eine Mietminderung bei einer zu geringen Wohnfläche
21.11.2005 (GE 21/05, Seite 1289) Der BGH setzt seine Rechtsprechung zum Minderungsrecht des Mieters bei Wohnflächendifferenz von mehr als 10 % fort, macht jedoch "en passant" ganz wichtige Ausführungen zur Möglichkeit, die Wohnungsgröße dem Streit der Parteien zu entziehen: keine Wohnflächenangabe im Mietvertrag oder Deutlichmachung einer unverbindlichen Größenangabe.
Der Fall:
Bei der gemieteten Wohnung handelte es sich ursprünglich um eine Zwei-Zimmer-Wohnung, die auf Wunsch der Mieter vor Beginn des Mietverhältnisses durch einen Wanddurchbruch um ein Zimmer vergrößert wurde. In dem Mietvertrag aus dem Jahre 1995 hieß es, daß die Wohnfläche 86,87 qm beträgt. Später ließen die Mieter die Wohnung mit einer Wohnungsgröße von (nur) 73,18 qm vermessen. Sie verlangten anteilige Rückzahlung geleisteter Mieten. Amts- und Landgericht wiesen die Klage ab. Der BGH kassierte die Berufungsentscheidung in der zugelassenen Revision.

Das Urteil:
Der BGH ging von der im Mietvertrag festgehaltenen Wohnungsgröße aus und folgte nicht dem Landgericht mit seinem Argument, aufgrund der vorangegangenen Umbauarbeiten ohne anschließende Neuvermessung der Wohnung sei zweifelhaft, ob die Angabe der Wohnungsgröße nicht lediglich als eine unverbindliche Objektbeschreibung zu verstehen sei. Die genaue Angabe einer Wohnfläche im Mietvertrag lasse gerade vermuten, daß die Vertragsparteien die Unsicherheit beseitigen und eine bestimmt Wohnungsgröße verbindlich festlegen wollten. Hätten allerdings die Parteien weiterhin von einer nicht festgestellten Wohnfläche ausgehen wollen, so hätten sie im Mietvertrag entweder keine Größe aufführen sollen oder deutlich machen müssen, daß die erwähnte Fläche als eine bloße Schätzung oder die Angabe einer unverbindlichen Größenordnung zu verstehen sei.
Der BGH folgte auch nicht dem Landgericht dahingehend, daß die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung nicht unerheblich beeinträchtigt sein müsse, wovon vorliegend deshalb nicht ausgegangen werden könne, weil die Wohnung vor der Anmietung den Bedürfnissen der Mieter entsprechend umgebaut worden sei. Der BGH setzt hingegen seine bisherige Rechtsprechung fort, daß der Mieter nicht zusätzlich darlegen müsse, infolge der Flächendifferenz sei die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert (Urteil in GE 2004, 682, 683).
Anmerkung: Die wichtigste Passage des Urteils liegt in einem "Hinweis" zur Möglichkeit, einen Minderungsstreit wegen einer Wohnflächendifferenz zu vermeiden: Es gibt – so ist der BGH wohl zu verstehen – zwei Möglichkeiten, nämlich
1. im Mietvertrag überhaupt keine Wohnungsgröße aufzuführen oder
2. im Mietvertrag deutlich zu machen, daß eine erwähnte Wohnfläche als eine bloße Schätzung oder die Angabe einer unverbindlichen Größenordnung zu verstehen sei. Dem BGH ist zu folgen. Denn nach § 535 BGB ist der Vermieter nur verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der gemieteten Sache zu gewähren. Das bedeutet nicht, daß im Mietvertrag zur räumlichen Abgrenzung eine (genaue) Angabe der Mietfläche unbedingt notwendig ist. Entscheidend ist nur, daß die Mietfläche feststellbar ist, also z. B. durch Angabe der gemieteten Räume nach Zahl und Örtlichkeit (Schach in Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozeßrecht, 4. Aufl. 2005, § 535 Rdn. 23c). Wird im Mietvertrag (z. B. auf Wunsch des Mieters) eine Wohnflächengröße angegeben, sollte durch Zusatztext ausdrücklich kenntlich gemacht werden, daß damit keine genaue Umschreibung und Festlegung des Vertragsgegenstandes verbunden ist.
Klauselbeispiel (Schach in Kinne/Schach/Bieber, aaO.): "Die Wohnfläche beträgt ca. … qm. Diese Angabe dient wegen möglicher Meßfehler nicht zur Festlegung des Mietgegenstandes. Der räumliche Umfang der gemieteten Sache ergibt sich vielmehr aus der Angabe der vermieteten Räume."

BGH, Urteil vom 28. September 2005 - VIII ZR 101/04 - Wortlaut Seite 1349
Autor: Klaus Schach