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Zu den Quellen
11.10.2005 (GE 19/05, Seite 1138) Eine große WP- und Anwaltsgesellschaft international "aufgestellt" lud kürzlich zu einem "Forum Immobilie, Recht und Wirtschaft" mit dem Spezialthema "Corporate Real Estate Outsourcing Paketverkäufe von Unternehmensimmobilien" ein. Da verstand man wenigstens noch, worum es gehen sollte auch wenn man kein englisches Fachchinesisch konnte. Dennoch wird man den Verdacht nicht los, daß die englischen Vokabeln zunehmend als Euphemismen benutzt werden, um Sachverhalte zu verschleiern, die man bei korrekter deutscher Kennzeichnung durchaus als anrüchig empfinden könnte. Das gilt gerade für das Wort "Outsourcing". Denn präzise übersetzt, werden bei einem solchen Vorgang Unternehmensbestandteile herausgerissen, entwurzelt. Das Unternehmen wird einer Quelle beraubt einer Ertragsquelle, manchmal seines eigentlichen Ursprungs.
Die Einladung zur Veranstaltung enthält den Hinweis, daß die Unternehmen hierzulande noch etwa 60 % der selbstgenutzten Immobilien im Eigentum halten, während in den USA dieser Anteil bei nur noch 30 % liege.
Daß die Amerikanisierung unserer Wirtschaft nicht nur sprachliche Fortschritte macht (als "Incentive" hat kürzlich jemand ein "event" verschenkt), sondern auch und gerade in der Behandlung des Immobilienvermögens, erleben wir ja nun ständig und an jeder Ecke. Verkäufe großer Wohnungsbauunternehmen an vorwiegend angelsächsische "Private Equity" also private Beteiligungsgesellschaften, sind an der Tagesordnung siehe GSW, siehe "Cerberus". Propagiert wird nun aber Grundbesitzverkauf solcher Unternehmen, deren Fabriken, Bürohäuser, Lagerhäuser auf eigenem Grund und Boden stehen. Zum Ausbau des Kerngeschäfts, so die Begründung, stehe das in den Immobilien gebundene Kapital nicht zur Verfügung. Durch den Verkauf das "Outsourcing" könne man den steigenden Erwartungen des Marktes an die Eigenkapitalrendite eher gerecht werden.
Welch ein gigantischer Unsinn. Zu meinen Studienzeiten wurde gelehrt, daß die Grundstücke neben Kapital und Arbeit einer der drei volkswirtschaftlichen Produktionsfaktoren seien. Sich seiner zu begeben, heißt daher wirklich, die Quelle versiegen zu lassen, die langfristig den sicheren Ertrag ermöglicht. Jedenfalls so lange, als das Unternehmen ortsgebunden ist, hier vielleicht sogar seine unternehmerische Heimat hat. Besonders deutlich wird das ja im Dienstleistungsbereich. Wer ein Warenhaus, ein Hotel, ein Krankenhaus besitzt, der kann nicht umziehen.
Freilich dient der Verkauf des Grundstücksbereiches immer der Gewinnung flüssiger Mittel, mit denen die Bilanzstruktur grundlegend geändert wird zugunsten von Expansion, und zwar nicht nur derjenigen des Umsatzes, sondern vor allem auch derjenigen der Einkommen der leitenden Angestellten, denen die solide Kapital- und Grundstücksbasis ziemlich wurscht sein kann, denn ihnen gehört der Laden ja nicht. Ist das Unternehmen eines Tages in der Krise, dann handeln sie nach der Devise der heutigen Führungsgeneration: Probleme löst man nicht man verkauft sie.
Die Gefahr besteht, daß die heutigen Geschäftsführer weder von deutscher Sprache noch von deutscher Unternehmenskultur eine Ahnung haben. Wer nur noch englisch mit seinen Leuten reden will, der kennt das Wörtchen "Produktionsfaktor" nicht mehr, der versteht irgendwann nur noch Bahnhof und "lernt seinem Publikum das Fürchten", wie kürzlich in einer Zeitschrift vermerkt wurde. Da muß man dann ganz schnell zum rechten Glauben zurückfinden: "Fürchtet Euch nicht", sprach der Herr, "denn ich bin bei Euch". "Und behaltet Eure Grundstücke", möchte man hinzufügen, "solange sie unbelastet und die Quelle Eurer Erträge sind".
Daß die Amerikanisierung unserer Wirtschaft nicht nur sprachliche Fortschritte macht (als "Incentive" hat kürzlich jemand ein "event" verschenkt), sondern auch und gerade in der Behandlung des Immobilienvermögens, erleben wir ja nun ständig und an jeder Ecke. Verkäufe großer Wohnungsbauunternehmen an vorwiegend angelsächsische "Private Equity" also private Beteiligungsgesellschaften, sind an der Tagesordnung siehe GSW, siehe "Cerberus". Propagiert wird nun aber Grundbesitzverkauf solcher Unternehmen, deren Fabriken, Bürohäuser, Lagerhäuser auf eigenem Grund und Boden stehen. Zum Ausbau des Kerngeschäfts, so die Begründung, stehe das in den Immobilien gebundene Kapital nicht zur Verfügung. Durch den Verkauf das "Outsourcing" könne man den steigenden Erwartungen des Marktes an die Eigenkapitalrendite eher gerecht werden.
Welch ein gigantischer Unsinn. Zu meinen Studienzeiten wurde gelehrt, daß die Grundstücke neben Kapital und Arbeit einer der drei volkswirtschaftlichen Produktionsfaktoren seien. Sich seiner zu begeben, heißt daher wirklich, die Quelle versiegen zu lassen, die langfristig den sicheren Ertrag ermöglicht. Jedenfalls so lange, als das Unternehmen ortsgebunden ist, hier vielleicht sogar seine unternehmerische Heimat hat. Besonders deutlich wird das ja im Dienstleistungsbereich. Wer ein Warenhaus, ein Hotel, ein Krankenhaus besitzt, der kann nicht umziehen.
Freilich dient der Verkauf des Grundstücksbereiches immer der Gewinnung flüssiger Mittel, mit denen die Bilanzstruktur grundlegend geändert wird zugunsten von Expansion, und zwar nicht nur derjenigen des Umsatzes, sondern vor allem auch derjenigen der Einkommen der leitenden Angestellten, denen die solide Kapital- und Grundstücksbasis ziemlich wurscht sein kann, denn ihnen gehört der Laden ja nicht. Ist das Unternehmen eines Tages in der Krise, dann handeln sie nach der Devise der heutigen Führungsgeneration: Probleme löst man nicht man verkauft sie.
Die Gefahr besteht, daß die heutigen Geschäftsführer weder von deutscher Sprache noch von deutscher Unternehmenskultur eine Ahnung haben. Wer nur noch englisch mit seinen Leuten reden will, der kennt das Wörtchen "Produktionsfaktor" nicht mehr, der versteht irgendwann nur noch Bahnhof und "lernt seinem Publikum das Fürchten", wie kürzlich in einer Zeitschrift vermerkt wurde. Da muß man dann ganz schnell zum rechten Glauben zurückfinden: "Fürchtet Euch nicht", sprach der Herr, "denn ich bin bei Euch". "Und behaltet Eure Grundstücke", möchte man hinzufügen, "solange sie unbelastet und die Quelle Eurer Erträge sind".
Autor: Dietmar Otremba