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Wohnungsbaugesellschaft Berlin Mitte
27.09.2005 (GE 19/05, Seite 1080) Niemand mag gerne Sündenbock sein, aber jede Gesellschaft braucht Sündenböcke, um vom eigenen Versagen abzulenken. Bei der in schwerem Fahrwasser befindlichen städtischen Wohnungsbaugesellschaft Berlin Mitte (WBM) heißen die Sündenböcke jetzt Falk Jesch, Karl-Heinz Schmidt und Hartmut Moschner, allesamt frühere Geschäftsführer der WBM.
Jesch war Ende letzten Jahres der letzte aus der Riege, der – altersbedingt – das angeschlagene Schiff verließ. Und es entspricht dem üblichen Schema, daß die neuen Herren – Horst Kortholt und Lars Ernst – erst einmal, wenn auch durchaus nicht grobschlächtig, den Vorgängern was auf die Mütze geben durch so feinsinnige Bemerkungen wie: „Wir müssen erst einmal wieder Transparenz schaffen und Ungereimtheiten aufklären„ (so Lars Ernst gegenüber der Berliner Morgenpost). Was ja wohl heißt, daß man Intransparenz und Ungereimtheiten angetroffen hat. Das ist übliches Geschäft von neuen Besen und geschenkt. Der eigentliche Sündenbock (in Wahrheit eine ganze Herde) bliebe so ungeschoren, obwohl er sein Unwesen nicht nur bei der WBM, sondern in allen städtischen Gesellschaften trieb und treibt: der Berliner Klüngel aus aktiven und aus abgehalfterten Politikern. Über Jahrzehnte waren die Geschäftsführer der städtischen Wohnungsbaugesellschaften in ihrer Mehrzahl nicht mehr als willige Erfüllungsgehilfen, verlängerte Arme der Berliner Politik. Man hat ihnen gesagt, wann sie die Mieten erhöhen dürfen und wann nicht (meistens nicht), man hat ihnen gesagt, welche Grundstücke sie kaufen sollen, wo man vor Wahlen keine Unruhe haben wollte. Wer nicht mitspielte, erhielt keine Vertragsverlängerung. Der Korridor für wirtschaftliches Verhalten war schmal wie ein Kaminzug. In den Aufsichtsräten saßen politische Aufpasser, fast so eine Art Parteikommissare, die viel vom Berliner Filz und seinen Parteiwebstrukturen verstanden, dafür um so weniger von wirtschaftlichen Vorgängen. Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften sind so allesamt keine Erfolgsgeschichten geworden. Wer das ändern will, muß das System ändern.
Autor: Dieter Blümmel