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BGH bringt Stadtreinigungsbetriebe in schwere Bedrängnis
Kunden dürfen wegen unangemessen hoher Tarife die Zahlung verweigern
01.08.2005 (GE 14/05, Seite 820) Die Kunden der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) dürfen, wenn sie von den BSR auf Zahlung von Entgelt verklagt werden, im Zahlungsprozeß die Einrede erheben, die Tarife für die Abfallbeseitigung und Straßenreinigung seien unangemessen hoch. Sie müssen, anders als die BSR-Leistungsbedingungen es vorschreiben, nicht zuerst zahlen und dann ihre Ansprüche in einem Rückforderungsprozeß geltend machen. So der BGH.
Zum Hintergrund:
Alle öffentlichen (oder ehemals öffentlichen) Versorgungs- und Entsorgungsunternehmen – gleichgültig, ob sie Strom, Wasser oder Gas liefern, die Straßen reinigen, Abwasser oder Müll entsorgen – haben in einem Punkt eine Sonderstellung gegenüber anderen Wirtschaftsunternehmen: Rechtsverordnungen oder Allgemeine Geschäftsbedingungen regeln, daß die Kunden grundsätzlich erst einmal zu zahlen haben. Haben die Kunden Zweifel daran, ob die Rechnungen überhöht sind – beispielsweise, weil die Tarife überhöht sind – muß der Kunde einen Rückforderungsprozeß anstrengen, was ungemein schwieriger ist. Damit hat es jetzt ein Ende. Mit den neuen Entscheidungen des BGH hat sich die Situation für die Kunden endgültig verändert.
Grundlage der jetzt vom BGH entschiedenen Fälle ist die folgende in den Leistungsbedingungen der BSR enthaltene Klausel:
„Trotz rechtzeitiger Mitteilung [der Einwendungen gegen die Rechnung der Klägerin] bleibt die Verpflichtung zur Zahlung der Entgelte jedoch unberührt. Die Einwendungen sind im Rahmen eines Rückforderungsprozesses geltend zu machen. Ist eine Einwendung begründet, so wird der zuviel gezahlte Betrag verrechnet oder auf ausdrücklichen Wunsch des Entgeltpflichtigen erstattet.„
Das Landgericht Berlin hat als Berufungsgericht in dem einen Fall entschieden, daß die Einrede der unangemessenen Tariffestsetzung von der streitigen Klausel nicht erfaßt werde und folglich die Einrede der unangemessenen Tariffestsetzung im Entgeltprozeß der Klägerin zulässig sei. Da die Klägerin zur Angemessenheit ihrer Tarife nichts vorgetragen hatte, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Kammergericht Berlin hingegen, das in dem anderen Fall aufgrund des höheren Streitwerts Berufungsgericht war, hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, daß die Einrede der unbilligen Leistungsbestimmung durch die streitige Klausel im Zahlungsprozeß wirksam ausgeschlossen werde.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, daß die Ausschlußklausel in den Leistungsbedingungen der BSR zwar auch die genannte Einrede ergreift, daß die Klausel aber unwirksam ist. Sowohl aus dem Wortlaut als auch aus Sinn und Zweck der Klausel, die gewährleisten soll, daß die BSR als zur Vorleistung verpflichtetes Versorgungsunternehmen keine Verzögerung bei der Realisierung ihrer Entgeltforderungen in Fällen hinnehmen muß, in denen Kunden letztlich unberechtigte Einwände geltend machen, ergibt sich, daß auch Einwände gegen die Höhe der Tarife nach § 315 Abs. 3 BGB erfaßt werden. Es stellt indessen eine unangemessene Benachteiligung der Kunden dar, daß die Klägerin entgegen der gesetzlichen Regelung, wonach der Gläubiger im Falle berechtigter Einwendungen des Schuldners keine Leistung verlangen kann, ihre Kunden auch mit begründeten Einwendungen und insbesondere mit dem schwerwiegenden Einwand der unbilligen einseitigen Leistungsbestimmung auf einen Rückforderungsprozeß verwiesen werden. Die Klausel hält deshalb nach Ansicht des BGH der Inhaltskontrolle nach §§ 309 ff. AGBG, 307 ff. BGB nicht stand.
Der BGH hat die Sachen zur tatrichterlichen Feststellung, ob die Tarife der Klägerin der Billigkeit entsprechen, an das jeweilige Berufungsgericht (Landgericht Berlin/Kammergericht) zurückverwiesen. Bei Redaktionsschluß lag nur eine Pressemitteilung des BGH vor. Eine ausführliche Analyse mit entsprechenden Hinweisen, wie sich BSR-Kunden künftig verhalten können, veröffentlichen wir, sobald die BGH-Entscheidungen vorliegen (BGH vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - und- X ZR 99/04 - ).
Alle öffentlichen (oder ehemals öffentlichen) Versorgungs- und Entsorgungsunternehmen – gleichgültig, ob sie Strom, Wasser oder Gas liefern, die Straßen reinigen, Abwasser oder Müll entsorgen – haben in einem Punkt eine Sonderstellung gegenüber anderen Wirtschaftsunternehmen: Rechtsverordnungen oder Allgemeine Geschäftsbedingungen regeln, daß die Kunden grundsätzlich erst einmal zu zahlen haben. Haben die Kunden Zweifel daran, ob die Rechnungen überhöht sind – beispielsweise, weil die Tarife überhöht sind – muß der Kunde einen Rückforderungsprozeß anstrengen, was ungemein schwieriger ist. Damit hat es jetzt ein Ende. Mit den neuen Entscheidungen des BGH hat sich die Situation für die Kunden endgültig verändert.
Grundlage der jetzt vom BGH entschiedenen Fälle ist die folgende in den Leistungsbedingungen der BSR enthaltene Klausel:
„Trotz rechtzeitiger Mitteilung [der Einwendungen gegen die Rechnung der Klägerin] bleibt die Verpflichtung zur Zahlung der Entgelte jedoch unberührt. Die Einwendungen sind im Rahmen eines Rückforderungsprozesses geltend zu machen. Ist eine Einwendung begründet, so wird der zuviel gezahlte Betrag verrechnet oder auf ausdrücklichen Wunsch des Entgeltpflichtigen erstattet.„
Das Landgericht Berlin hat als Berufungsgericht in dem einen Fall entschieden, daß die Einrede der unangemessenen Tariffestsetzung von der streitigen Klausel nicht erfaßt werde und folglich die Einrede der unangemessenen Tariffestsetzung im Entgeltprozeß der Klägerin zulässig sei. Da die Klägerin zur Angemessenheit ihrer Tarife nichts vorgetragen hatte, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Kammergericht Berlin hingegen, das in dem anderen Fall aufgrund des höheren Streitwerts Berufungsgericht war, hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, daß die Einrede der unbilligen Leistungsbestimmung durch die streitige Klausel im Zahlungsprozeß wirksam ausgeschlossen werde.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, daß die Ausschlußklausel in den Leistungsbedingungen der BSR zwar auch die genannte Einrede ergreift, daß die Klausel aber unwirksam ist. Sowohl aus dem Wortlaut als auch aus Sinn und Zweck der Klausel, die gewährleisten soll, daß die BSR als zur Vorleistung verpflichtetes Versorgungsunternehmen keine Verzögerung bei der Realisierung ihrer Entgeltforderungen in Fällen hinnehmen muß, in denen Kunden letztlich unberechtigte Einwände geltend machen, ergibt sich, daß auch Einwände gegen die Höhe der Tarife nach § 315 Abs. 3 BGB erfaßt werden. Es stellt indessen eine unangemessene Benachteiligung der Kunden dar, daß die Klägerin entgegen der gesetzlichen Regelung, wonach der Gläubiger im Falle berechtigter Einwendungen des Schuldners keine Leistung verlangen kann, ihre Kunden auch mit begründeten Einwendungen und insbesondere mit dem schwerwiegenden Einwand der unbilligen einseitigen Leistungsbestimmung auf einen Rückforderungsprozeß verwiesen werden. Die Klausel hält deshalb nach Ansicht des BGH der Inhaltskontrolle nach §§ 309 ff. AGBG, 307 ff. BGB nicht stand.
Der BGH hat die Sachen zur tatrichterlichen Feststellung, ob die Tarife der Klägerin der Billigkeit entsprechen, an das jeweilige Berufungsgericht (Landgericht Berlin/Kammergericht) zurückverwiesen. Bei Redaktionsschluß lag nur eine Pressemitteilung des BGH vor. Eine ausführliche Analyse mit entsprechenden Hinweisen, wie sich BSR-Kunden künftig verhalten können, veröffentlichen wir, sobald die BGH-Entscheidungen vorliegen (BGH vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - und- X ZR 99/04 - ).