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Schönheitsreparaturen
Beginn und Hemmung der Verjährung
27.06.2005 (GE 12/05, Seite 705) Es vergeht kaum eine Woche ohne ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs zu Schönheitsreparaturen. Ein neues Urteil vom 4. Mai 2005 enthält für die Praxis wichtige Ausführungen über die kurze Verjährung von sechs Monaten nach § 548 BGB.
Der Fall: Die Mieterin hatte das Mietverhältnis mit Schreiben vom
23. April 2002 zum 31. Juli 2002 gekündigt. Mit Schreiben vom 26.
Mai 2002 lehnte sie die Ausführung der Schönheitsreparaturen
ab. Die Wohnung wurde (vorzeitig) am 10. Juli 2002 übergeben.
Mit der am 13. September 2002 zugestellten Klage hatte der
Kläger, der die Wohnung zwar gekauft hatte, jedoch noch nicht im
Grundbuch als Eigentümer eingetragen war,
Schadensersatzklage erhoben. Er wurde am 9. Oktober 2002 im
Grundbuch als Wohnungseigentümer eingetragen. In der
Güteverhandlung vor dem Amtsgericht am 28. November 2002
schlossen die Mietvertragsparteien einen Widerrufsvergleich, den
die Mieterin jedoch am 15. Januar 2003 (rechtzeitig) widerrufen
hat. Der Kläger trug dann mit Schriftsatz vom 28. Februar 2003
unter Vorlage einer schriftlichen Bestätigung des Voreigentümers
vor, sämtliche aus dem Mietvertrag über die verkaufte Wohnung
entstehenden Forderungen seien ihm ab dem Zeitpunkt der
Kaufpreiszahlung am 1. Juli 2002 abgetreten worden. Die Mieterin
erhob die Einrede der Verjährung. Das Amtsgericht verurteilte zum
Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen.
Das Landgericht Berlin, ZK 63, wies die Berufung zurück. Dies
führte zur Revision beim BGH.

Das Urteil: Der VIII. Zivilsenat des BGH bestätigte die
Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis, nicht aber in der
Begründung. Unter Berücksichtigung der
Verjährungsentscheidung vom 19. Januar 2005 (GE 2005, 230),
wonach die Verjährung der Ersatzansprüche des Vermieters auch
dann mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem er die Mietsache
zurückerhält, wenn die Ansprüche erst zu einem späteren
Zeitpunkt entstehen, nahm der BGH Verjährungsbeginn mit
Rückgabe der Wohnung am 10. Juli 2002 an. Mithin sei „regulär”
Verjährung mit Ablauf des 10. Januar 2003 eingetreten. Die
Klageerhebung vom 13. September 2002 habe die Verjährung
nicht gehemmt, weil die Klage aus eigenem Recht erhoben
worden sei, der Kläger zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht
eingetragener Wohnungseigentümer und somit Vermieter
gewesen sei. Durch den abgeschlossenen Widerrufsvergleich sei
jedoch Verjährungshemmung eingetreten. Die schwebenden
Verhandlungen der Parteien seien durch den Widerruf des
Vergleichs durch die Mieterin beendet worden. Zu diesem
Zeitpunkt habe die Hemmung der Verjährung geendet. Gemäß §
203 Satz 2 BGB trete die Verjährung frühestens drei Monate nach
dem Ende der Hemmung ein. Zuvor und damit in unverjährter Zeit
habe der Kläger dann jedoch die Klage umgestellt und den
Schadensersatzanspruch aus abgetretenem Recht geltend
gemacht. Verjährung sei daher nicht eingetreten, so daß die
geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen
unterlassener Schönheitsreparaturen bestünden.

Anmerkung 1 (von Klaus Schach): Mit der Entscheidung des BGH
GE 2005, 230 hat das Gericht klargestellt, daß eine einheitliche
Verjährungsfrist von sechs Monaten für den Erfüllungsanspruch
auf Durchführung von Schönheitsreparaturen und den
Schadensersatzanspruch wegen unterlassener
Schönheitsreparaturen besteht, die mit Rückerhalt der Mietsache
beginnt. In dem dort zugrunde liegenden Fall wurde die Mietsache
nach Mietende zurückgegeben. Offen blieb (und bleibt) damit die
Frage, ob die Verjährung auch schon dann mit Rückerhalt der
Mietsache zu laufen beginnt, wenn das Mietverhältnis noch gar
nicht beendet ist, die Mietsache vorfristig zurückgegeben wird.
Fraglich ist das nämlich deswegen, weil im laufenden
Mietverhältnis der Vermieter zwar den Erfüllungsanspruch auf
Durchführung von Schönheitsreparaturen hat, dieser Anspruch
aber nicht in einen Schadensersatzanspruch umgewandelt
werden kann (BGH GE 2005, 662 unter Bezugnahme auf BGH GE
1990, 1139). In einem derartigen Fall hat der Vermieter „lediglich”
einen Vorschußanspruch, damit mit diesem Geld die Wohnung
renoviert werden kann. Im jetzt vom BGH entschiedenen Fall ist
die Wohnung zwar „nur” ca. drei Wochen vor Ende des
Mietverhältnisses zurückgegeben worden, aber eben im noch
laufenden Mietverhältnis. Hier kollidiert nun die
Verjährungsrechtsprechung des BGH mit seiner
Vorschußrechtsprechung (vgl. Schach in GE 2005, 644).
Es ist dogmatisch ausgeschlossen, daß die Verjährung des
Schadensersatzanspruches schon zu laufen beginnen kann,
wenn der entsprechende Erfüllungsanspruch, der in einen
Schadensersatzanspruch umgewandelt werden kann, noch gar
nicht besteht. Denn erst zum Ende des Mietverhältnisses hat
dieser Erfüllungsanspruch die Qualität, auch in einen
Schadensersatzanspruch umgewandelt zu werden.
Nehmen wir beispielsweise an, die Wohnung werde über sieben
Monate vor Mietende zurückgegeben. Aufgrund der
Vorschußrechtsprechung hätte (Voraussetzung:
Schönheitsreparaturen sind notwendig) der Vermieter sieben
Monate vor Ende des Mietverhältnisses den Anspruch auf
Vorschuß zur Durchführung der Schönheitsreparaturen, könnte
diesen aber nicht in einen Schadensersatzanspruch umwandeln.
Konsequent zu Ende gedacht i. S. d. vorliegenden Entscheidung
des BGH würde dann der Schadensersatzanspruch einen Monat
vor Ende des Mietverhältnisses verjähren.
Zu diesem Problem nimmt der BGH mit keinem Wort Stellung, sagt
aber auch nicht ausdrücklich, daß die Verjährung immer mit
Rückgabe der Mietsache zu laufen beginnt, ohne daß es auf den
Umstand ankommt, daß das Mietverhältnis zu diesem Zeitpunkt
überhaupt noch nicht beendet gewesen ist.
Die Auflösung des Knotens – zu der der BGH aber noch Stellung
nehmen müßte – ist wie folgt denkbar: Nach der Entscheidung des
BGH vom 30. Mai 1990 (GE 1990, 1139, 1140) erschöpft sich der
Sinn und Zweck der vom Mieter übernommenen
Schönheitsreparaturverpflichtung bei fortbestehendem
Mietverhältnis in der tatsächlichen Erbringung der geschuldeten
Leistung (also der Durchführung der Schönheitsreparaturen), weil
die Erfüllung während des Mietverhältnisses nicht dem Vermieter,
sondern dem Mieter als demjenigen zugute kommt, dem der
Gebrauch der Mietsache zusteht. Nur wegen dieser Besonderheit
würde die Umwandlung des Erfüllungsanspruches in einen auf
Geldzahlung gerichteten Schadensersatzanspruch den Fällen
nicht gerecht werden, in denen es um die bloße Nichterfüllung der
Schönheitsrepaturverpflichtung gehe. Auf derartige
Fallgestaltungen sei § 326 BGB a. F. (jetzt §§ 280, 281 BGB) nicht
anzuwenden. Gibt der Mieter nun die Mietsache vorfristig
endgültig zurück, würde es sich zwar bezüglich durchzuführender
Schönheitsreparaturen immer noch um eine Erfüllung während
des Mietverhältnisses handeln, weil dieses ja durch die Rückgabe
der Mietsache noch nicht beendet ist. Die Schönheitsreparaturen
würden aber dann nicht mehr dem Mieter zugute kommen, so daß
sich damit nicht der Sinn und Zweck der vom Mieter
übernommenen Schönheitsreparaturverpflichtung bei
fortbestehendem Mietverhältnis in der tatsächlichen Erbringung
der geschuldeten Leistung erschöpft. In diesen Fällen würde dann
nicht mehr die Vorschußrechtsprechung des BGH greifen, sondern
der Erfüllungsanspruch des Vermieters schon vor Ende des
Mietverhältnisses in einen Schadensersatzanspruch umgewandelt
werden können.
Bei diesem Lösungsweg braucht ein Vermieter nicht mehr zu
überlegen, ob er mit Wohnungsrücknahme mit einer
Mietbeendigung einverstanden ist, seine Ansprüche wegen nicht
durchgeführter Schönheitsreparaturen und den Mietzinsanspruch
sodann aus Pflichtverletzung (vorzeitige Rückgabe der Mietsache
und Beendigung der Mietzinszahlung) geltend macht.

Anmerkung 2 (von Rudolf Beuermann): Vermieter tun gut daran,
innerhalb der Frist von sechs Monaten nach Schlüsselrückgabe
Ansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen
einzuklagen. Entgegen der Auffassung von Schach bleibt in dem
Urteil die Frage nicht offen, ob die Verjährung auch schon mit
Rückgabe beginnt, wenn das Mietverhältnis noch nicht beendet
ist. Der Bundesgerichtshof führt ausdrücklich aus, daß die
Verjährung bereits mit der Rückgabe der Wohnungsschlüssel am
10. Juli 2002 begonnen hatte (das Mietverhältnis lief noch bis zum
31. Juli 2002). Der BGH verweist zusätzlich auf § 200 Satz 1 BGB
zur Begründung dafür, daß es nicht darauf ankomme, wann ein
Schadensersatzanspruch entsteht, so daß ein nicht entstandener
Anspruch verjähren kann. Probleme können sich dann ergeben,
wenn die Rückgabe mehrere Monate vor Beendigung des
Mietverhältnisses erfolgt, da grundsätzlich während des
Mietverhältnisses der Vermieter nur einen Vorschußanspruch,
aber keinen Schadensersatzanspruch wegen unterlassener
Schönheitsreparaturen hat. Der Auffassung von Schach ist
zuzustimmen, daß bei einem Mieter, der endgültig ausgezogen ist,
die Vorschußrechtsprechung nicht gilt, sondern hier der Vermieter
gleich nach § 281 BGB Schadensersatz verlangen kann. Bis zur
Klärung durch die Rechtsprechung hilft in Zweifelsfällen nur ein
alternativer Klageantrag, nämlich auf Schadensersatz und
hilfsweise, für den Fall, daß das Gericht den
Schadensersatzanspruch nicht bejaht, auf Vorschuß.

Anmerkung 3 (von der Redaktion): Hinzuweisen ist noch auf eine
neue Verjährungsregelung. Anders als nach früherem Recht läuft
nach Beendigung der Hemmung der Verjährung die
möglicherweise nur noch kurze Verjährungsfrist nicht ab, denn
nach § 203 Satz 2 BGB tritt die Verjährung frühestens nach drei
Monaten ein. Beispiel: Die Verjährungsfrist von sechs Monaten
wird nach fünf Monaten gehemmt; nach altem Recht ist nach
Beendigung der Hemmung der Anspruch nach einem Monat
verjährt. Nach neuem Recht tritt Verjährung frühestens nach drei
Monaten ein.

BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 93/04 - Wortlaut Seite 728