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Berliner verbrauchen immer weniger Wasser
Bei den Berliner Wasserbetrieben sprudeln vor allem die Gewinne
10.06.2005 (GE 11/05, Seite 636) Die Berliner Wasserbetriebe entwickeln sich für den privaten Eigentümer zur Goldgrube, für die Kunden zum Preistreiber. Die Berliner müssen jetzt mit Jahr für Jahr steigenden Wasserpreisen rechnen. Der Wasserverbrauch pro Kopf und Tag sank 2004 um 10 Liter, dafür zahlte jeder Berliner 12 Euro mehr als im Vorjahr – das nennt man dann wohl erfolgreiche Privatisierung.
Für die Berliner Wasserbetriebe hat sich zwar der nur vom Jahrhundertsommer 2003 durchbrochene Trend des rückläufigen Wasserabsatzes durch den feuchten Frühsommer 2004 verstärkt, doch dank Preiserhöhungen stieg der Umsatz dennoch. Während die Abwasserreinigung 2004 mit 232,3 Mio. m³ um knapp 1 % über dem Vorjahreswert lag, sank die Wasserförderung um 6 % auf 209,3 Mio. m³. Der Haushaltsverbrauch pro Einwohner und Tag reduzierte sich gegenüber 2003 um 10 Liter auf 117 Liter – was angesichts der BWB-Preispolitik niemanden wundern sollte. Im Durchschnitt bezahlte jeder Berliner – ob Greis, ob Kind – 2004 insgesamt monatlich 17,89 € für Trink-, Schmutz- und Regenwasser, einen Euro mehr als im Jahr zuvor. Diese Rechnung bezieht sich aber auf den reinen Haushaltsverbrauch. Weil aber die Berliner auch beim Frisör, in der Kneipe etc. Wasser verbrauchen und dafür zahlen müssen, ist ihre Wasserrechnung tatsächlich viel höher: Die Wasserbetriebe haben 2004 nach eigenen Angaben einen Umsatz von 1.056,8 Mio. € (plus 7 % gegenüber dem Vorjahr) verbucht. Teilt man den Umsatz durch 12 und 3,4 Millionen Berliner, zahlt jeder pro Monat 25,88 € an die BWB.
Der höhere Umsatz war überwiegend auf die Anpassung der Tarife zum 1. Januar 2004 zurückzuführen. 2003 hatten außerordentliche Effekte zu einem mit 116,4 Mio. € besonders hohen Jahresüberschuß beigetragen. 2004 gab es keine Sonderfaktoren mehr und dennoch noch einen Überschuß von 62,4 Mio. €. Das operative Ergebnis liegt auf Vorjahresniveau.
Das Unternehmen will auch weiter Kosten sparen. Seit 2000 wurden die vom Unternehmen beeinflußbaren Kosten bereits um 30 % reduziert – in derselben Zeit sind die Wasser- und Abwasserentgelte um knapp 25 % gestiegen!
2004 wurden 298,3 Mio. € (2003: 275,4 Mio. €) in Infrastruktur und Anlagen investiert. Davon waren 250,2 Mio. € (2003: 234,2 Mio. €) eigenfinanziert. Wie auch in den Vorjahren flossen zwei Drittel dem Bereich Entwässerung zu. Das Abwassernetz (Schmutz-, Regen- und Mischwasserkanäle sowie Abwasserdruckrohre) wuchs per Saldo um 119 km auf 10.439 km. 56,1 km Kanäle wurden neu gebaut bzw. durch neue ersetzt, 4,7 km mehr als im Vorjahr. Dieser Trend wird sich 2005 verstärken. Rund 52 Mio. € – 55 % mehr als im Vorjahr – werden 2005 in die Erstkanalisierung von Wohngebieten investiert. Allein dafür entstehen insbesondere im Ostteil der Stadt 49 km neue Kanäle (2004: 23 km) sowie rund 1.800 (1.150) Hausanschlüsse für etwa 5.300 (3.400) Berliner. Gegenwärtig hat Berlin einen Kanalisierungsgrad von rund 99 %, rund 40.000 Berliner entsorgen ihr Abwasser noch über abflußlose Gruben. 2006 werden zur weiteren Erschließung sogar rund 58 Mio. € investiert. Der Schwerpunkt liegt in den Ortsteilen Hellersdorf, Hohenschönhausen und Treptow. In Margarethenhöhe (Lichtenberg-Hohenschönhausen) entsteht 2005 als Pilotvorhaben eine dezentrale Abwasserreinigungsanlage mit hochwirksamer Membrantechnologie.
Die Instandhaltungsstrategie im 7.830 km langen Rohrnetz schlug sich in einer erneuten und mit 16 % deutlichen Senkung der Rohrschäden auf 958 nieder. Darüber hinaus wurde in diesem Frühjahr eine Initiative zur Auswechslung der ca. 20.000 alten Hausanschlußleitungen aus Blei gestartet. Mit Investitionen von bis zu 10 Mio. € wird in den kommenden Jahren straßenzugsweise vorgegangen.
Die Berliner Wasserbetriebe halten die insbesondere von der IHK verlangte Ablösung der bisherigen reinen Mengenpreise durch ein System aus Grund- und Mengenpreisen für Trink- und Schmutzwasser für sinnvoll. Mit einem solchen Tarifsystem würden die Kubikmetertarife deutlich sinken. Zugleich würde ein monatlicher Grundpreis für die Bereitstellung der Ver- bzw. Entsorgungsinfrastruktur eingeführt. Diese Tarifstruktur wenden alle anderen Versorger – Strom, Gas, Telekommunikation und auch nahezu alle anderen Wasserversorger – seit jeher an. Für die Berliner Wasserbetriebe wäre dieses System auch nicht neu (in West-Berlin wurde es bis Mitte der 1980er Jahre praktiziert). Ein erster Versuch, wieder ein Grundpreis-/Mengenmodell einzuführen, war im letzten Jahr am Regierenden Bürgermeister Wowereit gescheitert.
Auf jeden Fall werden die Wasserbetriebe die Entgelte 2006 erneut anheben. Das wird auch in jedem Folgejahr so sein. Um wieviel die Preise 2006 ansteigen, ist noch offen. Die BWB denken in Richtung 5 %, die Politik in Richtung der Hälfte.

Lizenz zum Gelddrucken
Nach dem Teilprivatisierungsvertrag müssen die BWB jährlich mindestens 250 Mio. € investieren; sie besorgen sich das Geld zu Kapitalmarktzinsen – maximal 4 % – und durften das 2004 mit 6 %, 2005 dürfen sie es sogar mit 6,5 % als kalkulatorische Kosten in die Tarife einrechnen. Das waren also 2004 rund 5 Mio. €, 2005 werden es rund 6,5 Mio. € Gewinn sein, hinter denen keinerlei Leistung steht – eine staatliche Lizenz zum Gelddrucken sozusagen.