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Bundesrat billigt neue Kündigungsfristen bei Altverträgen
Mieter dürfen ab 1. Juni generell mit einer Frist von drei Monaten ordentlich kündigen
30.05.2005 (GE 10/05, Seite 572) Der Bundesrat hat überraschenderweise das Gesetz über Kündigungsfristen für sog. Altmietverträge passieren lassen. Der federführende Rechtsausschuß des Bundesrates hatte dem Plenum dagegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses empfohlen. Nach dem Gesetz gilt – wie berichtet (vgl. GE 2005, 388) – die kurze, dreimonatige Frist für Kündigungen durch den Mieter auch für Altmietverträge, in denen die bis zum 1. September 2001 geltenden Kündigungsfristen formularmäßig vereinbart worden waren.
Nach den Übergangsregelungen des Mietrechtsreformgesetzes, durch das die Kündigungsfristen für Wohnraummieter generell auf drei Monate verkürzt worden waren, sollte es für vor dem 1. September 2001 abgeschlossene Verträge allerdings bei von den Vertragsparteien vereinbarten längeren Kündigungsfristen bleiben. Der Bundesgerichtshof hatte entschieden, daß eine solche Vereinbarung auch dann vorliegt, wenn eine Formularklausel die bis 1. September 2001 geltenden gesetzlichen Kündigungsfristen – wörtlich oder sinngemäß – wiedergibt (grundsätzlich Urteil vom 18. Juni 2003 - VIII ZR 240/02 -, GE 2003, 846 und danach in ständiger Rechtsprechung). Dieser Rechtsprechung soll durch das Altvertragskündigungsfristengesetz, das zum 1. Juni 2005 in Kraft tritt, der Boden entzogen werden.
Viel geändert hätte allerdings auch eine Ablehnung des Gesetzes durch den Bundesrat nicht, denn der Bundestag hätte sich mit Mehrheit anschließend wieder über das Votum hinwegsetzen können. Es wäre also nur eine zeitliche Verzögerung eingetreten.
Das neue Gesetz zementiert die sog. asymmetrischen Kündigungsfristen. Mieter können ab dem 1. Juni 2005 Wohnraummietverträge grundsätzlich mit einer dreimonatigen Frist ordentlich kündigen – unabhängig davon, wie lange sie bereits in der Wohnung leben (für Kündigungen vor dem 1. Juni 2005 gilt bisheriges Recht). Für Vermieter beträgt dagegen die Kündigungsfrist – abhängig von der Wohndauer – zwischen drei und neun Monaten.
Davon ausgenommen sind allerdings jene Altverträge, in denen eine längere Kündigungsfrist individualvertraglich vereinbart wurde. Dies setzt allerdings ein nachweisbares Ver- und Aushandeln des Vertrages und der Kündigungsfristen voraus. In der Praxis kommt das nur in Einzelfällen vor.
Fraglich kann allenfalls sein, ob die Gesetzesänderung verfassungsgemäß ist. Das Gesetz über die Kündigungsfristen für Altmietverträge stellt einen Eingriff in die Privatautonomie dar. Und es entfaltet unechte Rückwirkung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfen Gesetze mit unechter Rückwirkung keinen Vertrauensschutz verletzen.
Vermieter mögen zwar mit gutem Grund darauf hinweisen, sie hätten im Vertrauen auf die damals geltenden gesetzlichen Regelungen entsprechende Vereinbarungen über die Kündigungsfristen abgeschlossen. Ob das allerdings von den Verfassungsrichtern in Karlsruhe auch so gesehen wird, ist fraglich. Sie entscheiden in ständiger Rechtsprechung, daß es – vereinfacht gesagt – im Wohnraummietrecht keinen Vertrauensschutz gibt, weil Vermieter wegen der hohen Bedeutung des Sozialguts Wohnung sozusagen täglich mit Veränderungen des Mietrechts zu ihren Lasten rechnen müßten.