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Vorschneller Jubel der Wohnungswirtschaftlichen Verbände
Bundesregierung fährt bei der Bekämpfung von Graffiti unter falscher Flagge
04.05.2005 (GE 09/05, Seite 512) Die Grünen wollen angeblich ihren jahrelangen Widerstand gegen verschärfte Strafen für Graffiti-Sprayer aufgeben. Unter dem Eindruck der öffentlichen Reaktionen auf den Ersten Internationalen Anti-Graffiti-Kongreß in Berlin hätten sie für eine Änderung des Strafgesetzbuchs plädiert, hieß es. Doch die wohnungswirtschaftlichen Verbände jubelten zu früh. Tatsächlich plant Rot-Grün eine Gesetzesänderung, die eine Verfolgung der Täter nicht erleichtert, sondern erschwert. Einzig der Verein Noffiti erkannte, daß Rot-Grün unter falscher Flagge segelt: Ein "Täterschutzgesetz" sei das.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Deutschen Immobilienwirtschaft (BAG), zu der auch Haus & Grund Deutschland gehört, begrüßte dagegen die Beschlüsse der Bundestagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Strafverfolgung von Graffiti-Schmierereien als "Schritt in die richtige Richtung". Es sei sehr positiv, daß nach jahrelanger Verzögerung nun Bewegung in die Sache komme und sich Rot-Grün auf eine Präzisierung des Gesetzestextes verständigt haben, sagte der BAG-Vorsitzende, GdW-Präsident Lutz Freitag.
Die nun vorgelegten Ergänzungen des § 303 Strafgesetzbuch seien ein sachgerechter Ansatz, der helfen könne, die umfangreichen Sachbeschädigungen durch Graffiti einzudämmen.
Die vom Bundesrat auf den Weg gebrachte Gesetzesinitiative, der sich bis auf die rot-grün regierten Bundesländer alle anderen angeschlossen haben, sieht vor, als Sachbeschädigung im Sinne des § 303 StGB auch solche Handlungen zu erfassen, durch die das äußere Erscheinungsbild einer fremden Sache gegen den Willen des Eigentümers verändert wird. Die Bundestagsfraktionen von Rot-Grün haben sich dagegen auf eine Formulierung geeinigt, die den bisherigen Streit darüber, wo die Sachbeschädigung anfängt, eher ausweitet.
Ein neuer Tatbestand in § 303 StGB soll denjenigen unter Strafe stellen, der "das äußere Erscheinungsbild einer fremden Sache erheblich und dauerhaft verändert, obwohl er hierzu nicht berechtigt ist."
Daraus darf man mittels Umkehrschluß folgern, daß künftig Innenräume recht risikolos beschmiert werden dürfen. Aber auch im Außenbereich würde sich die Situation für kriminelle Sprayer eher verbessern. Denn der neue Tatbestand würde zu Recht als Spezialregelung für die Verfolgung von Schmierereien betrachtet. Und für sich gesehen erscheint er für Sprayer wesentlich günstiger durch die Aufnahme des Wortes "dauerhaft". Dauerhaft kann doch nur bedeuten, daß nur solche Schmierereien als Sachbeschädigung zu werten sind, die sich jedem Säuberungsversuch widersetzen. Und zwar dauerhaft. Alles, was abgewischt, entfernt, übermalt werden kann, kann wohl kaum das Prädikat "dauerhaft" für sich in Anspruch nehmen.
Dauerhaft dürfte Graffiti also nur dann sein, wenn die Entfernung ohne Eingriff in die Substanz nicht möglich ist. Dann aber braucht man keinen neuen Tatbestand, denn das entspricht ja bereits der jetzigen Regelung. Woher die SPD-Fraktion ihre Überzeugung nimmt, der Vorteil dieser Ergänzung gegenüber dem geltenden Recht sei, daß die gerichtliche Feststellung der Sachbeschädigung, die bisher oft langwierige und mit kostenträchtigen Gutachten verbundene Beweisführung in Prozessen zur Feststellung der Substanzbeschädigung erforderlich macht, erleichtert werde und klargestellt sei damit, daß künftig nur noch solche Veränderungen keine Sachbeschädigung seien, die ohne Aufwand binnen kurzer Zeit von selbst wieder vergehen oder entfernt werden können, wie z.B. Verhüllungen, Plakatierung mittels ablösbarer Klebestreifen oder ein Kreide- und Wasserfarbenauftrag (so die Fraktion in einer Presseerklärung), bleibt unerfindlich.
Richtiger lag da wohl die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. In deren Presseerklärung dazu heißt es lapidar: "Mit der heute erzielten Einigung wird Graffitisprayen nicht schärfer bestraft."