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Kündigung
Pflichtverletzung durch Kampfansage
06.04.2005 (GE 07/05, Seite 404) Bei einem durch Wurfzettel verteilten Aufruf, wonach sich die Mieter erfolgreich gegen den Vermieter wehren (sollen), wird der Rubikon überschritten: Zumindest die ordentliche Kündigung ist berechtigt.
Der Fall: Der Käufer eines Wohnkomplexes in der Berliner Innenstadt beabsichtigt, das Objekt umfassend zu sanieren und zu modernisieren und nach Umwandlung die gebildeten Eigentumswohnungen zu verkaufen. Das hat den Unwillen zumindest einiger Mieter erzeugt, die auf vielerlei Art und Weise die Vorhaben des Vermieters „bekämpfen“. In dem Hause scheint also mehr oder weniger „Klassenkampf“ zu herrschen. Einer der Mieter soll schon in früherer Zeit Flugblätter verteilt bzw. aus dem Fenster der Wohnung geworfen haben, in denen ein Aufruf verzeichnet war, sich als Mieter zu wehren. Nach einem neuerlichen Vorfall kündigte der Vermieter das Mietverhältnis fristlos und hilfsweise fristgerecht.
Die Entscheidung: Das Amtsgericht Schöneberg kam zum Ergebnis, daß eine schuldhafte und nicht unerhebliche Verletzung der vertraglichen Pflichten vorgelegen habe. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme sei es erwiesen, daß jemand aus einem Zimmer der Wohnung des Mieters wieder entsprechende Flugblätter geworfen habe, und zwar just in dem Moment, als Makler und Kaufinteressenten sich das Objekt angesehen hätten. Das sei nicht mehr durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Wenn der beklagte Mieter die Zettel nicht selbst aus dem Fenster geworfen haben sollte, hätte er zumindest verhindern müssen, daß andere es tun, denn er hätte aufgrund der vorangegangenen Streitigkeiten sensibel sein müssen. Der Vermieter seinerseits habe das Recht, über sein Eigentum frei zu verfügen. Das könne ihm von dem Mieter nicht genommen werden.
Das AG meint (ohne nähere Begründung), daß die fristlose Kündigung nicht bzw. nicht ausreichend begründet worden sei. Sie sei jedoch in eine fristgemäße Kündigung umzudeuten und als solche rechtswirksam.
AG Schöneberg, Urteil vom 1. März 2005 - 11 C 165/04 - Wortlaut Seite 437