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Markt und Macht
18.03.2005 (GE 06/05, Seite 313) Wo in (wenigstens einigermaßen funktionierenden) Märkten die Preise gebildet werden, wo also nicht nur angeboten und nachgefragt, sondern im besten Sinne miteinander konkurriert wird, halten sich Preissteigerungen gegenwärtig in engsten Grenzen.
Die Mieten stiegen 2004 nur noch um 1 % gegenüber dem Vorjahr, seit dem Jahre 2000 stiegen sie um insgesamt 4,8 %. Die Lebenshaltungskosten erhöhten sich demgegenüber um 1,6 % (2004) bzw. 6,2 % (seit 2000). Noch stärker aber stiegen die Wohnnebenkosten: 2,3 % (2004) bzw. 7,3 % (seit 2000). Doch auch diese Zahlen werden wohl als märchenhaft niedrig in die Geschichte der Preissteigerungen eingehen, wenn die jüngste Entwicklung so weitergeht: Im Januar 2005 (verglichen mit dem Januar 2004) verteuerten sich Heizöl und Kraftstoffe um 24,5 %, die Müllabfuhr um 7,5 %, das Abwasser um 5,5 % und das Frischwasser um 4,1 % - bei einer durchschnittlichen Steigerung der Lebenshaltungskosten um 1,6 % und einer Verringerung der Nahrungsmittelpreise von 1,7 % (Quelle: Statistisches Landesamt Berlin). Spricht man mit Politikern der CDU über die skandalöse Preisentwicklung des weißen und des braunen Wassers, so ist sofort die Rede von Mängeln und Problemen, obwohl damals, Ende der 90er Jahre, die Berechnungsbasis für den heutigen Mißstand gelegt wurde.
Die SPD hingegen spricht von „Rahmenbedingungen„, die man leider nicht ändern könne - klar, man saß ja damals mit im Boot. Nur gilt eben auch: Wer Monopole erhält, statt sie abzubauen, darf sich über die bekannten monopolistischen Gaunereien bei der Preisfindung nicht wundern.
Solange es im Wassermarkt keine Konkurrenz gibt, helfen nur Prozesse - und im Müllsektor ist es nicht anders. Monopolisten stehen nie unter dem Zwang, die Kosten stabil halten zu müssen, und zwar auch dann, wenn sich weitere Preiserhöhungen eigentlich von selbst verbieten sollten. Die Preise werden ohne Rücksicht auf Markt und Absatz festgesetzt - und die Verbraucher haben nur die Möglichkeit, kürzer zu duschen, seltener zu spülen, den Müll zu komprimieren, Zeitungen und Zeitschriften im Rundlauf zu lesen, Weinflaschen öffentlich zu entsorgen (nachts, dann sieht’s nicht jeder) und die Bierflaschen zurückzubringen.
Beim Heizöl schließlich (klassisches Oligopol, wie es im Buche steht) das gleiche Bild: Der höhere Preis kann nur mit weniger Verbrauch beantwortet werden: Niedrigere Zimmertemperaturen, dickere Pullover.
Und wenn man die Heizung erneuern oder gar dereinst mal wieder Gebäude neu bauen sollte, dann bedarf es keiner Gesetze und keiner verordneten Gebäude-TÜV-Plaketten: Die Isolierungen werden verbessert, die Glasflächen verkleinert. Jene Architekten, die in Glas statt in Beton dachten und planten, dürfen sich wieder mit Mauern befassen.
Der Verbraucher allerdings zahlt allemal die Zeche falscher Rahmenbedingungen. Dabei - sollte man denken - sind doch auch Parlamentarier Verbraucher! Richtig, aber anscheinend solche, bei denen die Diätenentwicklung Schritt hält mit jener der Heizöl-, der Wasser- und der Müllabfuhrpreise. Der Normalverbraucher, so er nicht im Parlament sitzt, im öffentlichen Dienst arbeitet oder die städtischen Versorgungsbetriebe als Arbeitgeber hochschätzen darf, ist schlecht dran. Reicht Minderverbrauch nicht aus, so bliebe nur der Streik - aber wer geht schon gerne ungewaschen auf ein Plumpsklo?
Dann ist es doch besser, Anwälte und Gerichte zu bemühen, auch wenn das Geld kostet. Und im übrigen haben wir ja noch „Haus und Grund„ - und damit eine Menge Lästigkeitspotential.
Autor: Dietmar Otremba