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Kammergericht zur Mieterhöhung bei Bruttomieten
Umrechnung nur mit aktuellen Betriebskosten beim Mietspiegelvergleich
08.02.2005 (GE 03/05, Seite 157) Das Kammergericht ist - gegen die einheitliche Rechtsprechung der Mietberufungskammern des Landgerichts Berlin - der Meinung, bei der Erhöhung von Bruttomieten mittels Berliner Mietspiegel sei die Vergleichbarkeit der Werte durch die Verwendung der aktuellen Betriebskosten bei Abgabe der Mieterhöhung herzustellen. Die Mietenkammern verwenden dazu in ständiger Rechtsprechung die im Mietspiegel veröffentlichten „durchschnittlichen“ (pauschalen) Betriebskosten.
Will der Vermieter, der mit seinem Mieter eine Bruttomiete vereinbart hat, mit Hilfe des Berliner Mietspiegels eine Mieterhöhung durchführen, muß er die von ihm künftig verlangte Miete in eine Nettomiete umrechnen, um sie mit den Tabellenwerten des Berliner Mietspiegels vergleichbar zu machen, der bekanntlich seit Jahren Nettowerte enthält.
Umstritten war von Anfang an, welche Betriebskosten bei der Umrechnung angesetzt werden durften. Die
1. im Mietspiegel informell ausgewiesenen „durchschnittlichen“ (pauschalen) Betriebskosten oder
2. die tatsächlichen Betriebskosten?
Beim Ansatz der tatsächlichen Betriebskosten konnte man sich darüber streiten, ob es sich um die
— bei Abgabe der Mieterhöhungserklärung oder die
— bei Zugang der Mieterhöhungserklärung oder die
— im Wirkungszeitpunkt der Mieterhöhung tatsächlich in der Miete enthaltenen oder
— die in der Bruttomiete auf der Basis der letzten (u. U. schon Jahre zurückliegenden) Betriebskostenerhöhung (so Beuermann in NZM 1998, 598)
handeln müsse.
Je nachdem, welchen Wert man einsetzt, hat man kreative Spiel- und auch Mieterhöhungsmöglichkeiten. Je höher bei Bruttokaltmieten die Betriebskosten sind, desto größer ist der Spielraum für Mieterhöhungen.
Beispiel: Die vereinbarte Bruttokaltmiete beträgt 6,90 E, die ortsübliche Nettomiete 6,16 E. Die pauschalen Betriebskosten lt. Berliner Mietspiegel 2003 betragen 1,19 E, die tatsächlichen Betriebskosten werden einmal mit 1,50 E und einmal mit 0,80 E unterstellt. Legt man die pauschalen Betriebskosten zugrunde, beträgt der Mieterhöhungsspielraum (6,16 + 1,19 =) 7,35 - 6,90 = 0,45 E. Legt man die tatsächlichen Betriebskosten zugrunde, beträgt der Spielraum bei der ersten Annahme (6,16 + 0,80 =) 6,96 - 6,90 = 0,06 E, bei der zweiten (6,16 + 1,50 =) 7,66 - 6,90 = 0,76 E.
Die Mietenkammern des Landgerichts Berlin haben bei der Beurteilung, ob eine Mieterhöhung formwirksam war, beide Berechnungsarten zugelassen: den Abzug der pauschalen wie der tatsächlichen Betriebskosten. Bei der Frage, ob die Mieterhöhung auch inhaltlich berechtigt war, der sogenannten Begründetheit einer Zustimmungsklage, hatten sie in den letzten Jahren auf die im Mietspiegel ausgewiesenen sog. „durchschnittlichen“ Betriebskosten zurückgegriffen.
Das Kammergericht schließt sich dagegen jetzt der Auffassung an, die in dieser Zeitschrift für zutreffend gehalten wurde: den Rückgriff auf die zum Zeitpunkt der Abgabe der Mieterhöhungserklärung tatsächlich vom Vermieter im Außenverhältnis zu entrichtenden Betriebskosten.
Praxistip: Man sehe sich das oben aufgeführte Beispiel an. Da die Verwendung von pauschalen Betriebskosten die formelle Begründetheit der Mieterhöhung nicht beeinträchtigt, sondern erst bei der inhaltlichen Begründetheit und damit nur im Prozeß eine Rolle spielt, zu dem es nur in den seltensten Fällen kommt, wird der Praktiker auch in Zukunft mal auf pauschale, mal auf tatsächliche Werte zurückgreifen. Je nachdem, wo der Mieterhöhungsspielraum größer ist.
KG, Urteil vom 20. Januar 2005 - 8 U 127/04 - Wortlaut GE Nr. 3/2005 Seite 180