Archiv / Suche
Oberverwaltungsgericht kippt seine bisherige Rechtsprechung
Kein Anspruch auf Anschlußförderung
23.12.2004 (GE 01/05, Seite 12) Entgegen den Erwartungen aller Betroffenen hat der 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin mit Urteil vom 16. Dezember 2004 - OVG 5 B 4.04 - im ersten Hauptsacheverfahren über die Anschlußförderung für Sozialwohnungen entschieden, daß nach Ablauf der ursprünglich auf 15 Jahre bewilligten Wohnungsbauförderung (sog. Grundförderung) kein Anspruch auf Anschlußförderung besteht. Der Berliner Senat hatte zu Beginn des Jahres 2003 die ursprünglich bestehenden Anschlußförderungsrichtlinien aufgehoben. Die wohnungswirtschaftlichen Verbände reagierten außerordentlich bestürzt auf die unerwartete Entscheidung.
In dem Rechtsstreit ging es um den vom Berliner Senat im Februar 2003 beschlossenen Ausstieg des Landes Berlin aus der Anschlußförderung des sozialen Wohnungsbaus rückwirkend zum 1. Januar 2003.
Geklagt hatte die Eigentümerin einer von ihr im sozialen Wohnungsbau errichteten Mietwohnanlage. Auf der Grundlage der Wohnungsbauförderungsbestimmungen hatte sie vom Land Berlin für die Dauer von 15 Jahren eine Aufwendungshilfe erhalten, die die Lücke zwischen der sich aus den Kapital- und Bewirtschaftungskosten errechnenden Kostenmiete und der vom Sozialmieter zu tragenden „Mietermiete“ decken sollte (sog. Grundförderung). Die Klägerin wandte sich gegen die Ablehnung ihres Antrags, mit dem sie vor dem Auslaufen der Grundförderung die Gewährung einer Aufwendungshilfe nach der Anschlußförderungsrichtlinie begehrt hatte. Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren war sie in zweiter Instanz erfolgreich. Das OVG hatte das Land Berlin im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, ihr vom 1. Februar 2003 an für die Zeit der Rechtshängigkeit der Klage eine finanzielle Hilfe zu den laufenden Aufwendungen für ihre Mietwohnanlage zu zahlen (vgl. GE 2003, 1085). Im Hauptsacheverfahren war die Klägerin erstinstanzlich unterlegen, das Verwaltungsgericht (VG) hatte ihre Klage abgewiesen (vgl. GE 2003, 422).
Nun hat auch das OVG – entgegen seiner Haltung im einstweiligen Verfahren – den Anspruch verneint und deshalb die Berufung der klagenden Wohnungsbaukommanditgesellschaft gegen das Urteil des VG Berlin vom 27. November 2003 zurückgewiesen. Das OVG gab damit seine bisherige Haltung ausdrücklich auf.
Die ausführliche Begründung der Entscheidung liegt noch nicht vor. In einer Presseerklärung begründete das Gericht seine maßgeblichen Erwägungen so:
Dem der Klägerin ursprünglich erteilten Bescheid über die Gewährung einer Grundförderung für 15 Jahre seien keine rechtlich verbindlichen Festlegungen in bezug auf eine Anschlußförderung zu entnehmen. Weder sei in dem Bescheid ein 30jähriger Förderungszeitraum bestimmt noch enthalte er die Zusicherung, über die Gewährung einer Anschlußförderung werde nach Ablauf des 15jährigen Förderungszeitraumes dem Grunde nach positiv entschieden. Auch aus den Vorschriften des Wohnungsförderungsgesetzes, des inzwischen außer Kraft getretenen II. Wohnungsbaugesetzes, aus Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz sowie aus dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzgrundsatz lasse sich - einzeln oder in gemeinsamer rechtlicher Betrachtung - kein Anspruch auf die Gewährung von Anschlußförderung herleiten. Beanspruchen könne die Klägerin vielmehr lediglich eine ermessensfehlerfreie Entscheidung des Beklagten über die genannte Frage. Eine solche Entscheidung habe die Investitionsbank Berlin mit Bescheid vom 1. April 2003 getroffen. Daß dieser Bescheid wegen eines Ermessensfehlers rechtswidrig wäre, könne nicht festgestellt werden. Soweit in diesem Zusammenhang vor allem Vertrauensschutzgesichtspunkte und Artikel 14 Abs. 1 GG zu beachten seien, hielten die vom Beklagten im Bescheid und in den ergänzend heranzuziehenden Verwaltungsvorgängen angestellten Ermessenserwägungen verfassungsrechtlichen Maßstäben stand. Danach sei es im Ergebnis nicht zu beanstanden, wenn der Klägerin angesichts der veränderten Rahmenbedingungen des Landes Berlin als Subventionsgeber die mit dem Ausstieg aus der Wohnungsbauförderung durch Wegfall der Anschlußförderung verbundenen Risiken aufgebürdet würden.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das OVG die Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zugelassen. Und grundsätzliche Bedeutung hat manches nicht nur am Fall, sondern auch an der – sich durch die Presseerklärung abzeichnenden – Begründung. Das betrifft den „Tunnelblick“ des Gerichts (formale Betrachtung des Bescheidinhalts und der Verwaltungsvorgänge, Unbeachtlichkeit aller immer wieder und breit gestreuter Zusagen von Politikern und Beamten im Parlament und auf zahllosen Tagungen, man werde fördern, bis die Kostenmiete tragbar sei) ebenso wie die faktische Ausrufung des Staatsnotstandes mit der schwer nachvollziehbaren Schlußfolgerung, daß nur eine Minderheit die Suppe auslöffeln soll, die von allen eingebrockt wurde.
Die beiden besonders betroffenen unternehmerischen Verbände der Wohnungswirtschaft haben das Urteil des OVG Berlin „mit Überraschung und Bestürzung aufgenommen.“ Die OVG-Entscheidung könne aus Sicht der betroffenen Unternehmen und ihrer Mieter nur bedauert werden, kommentierten Ludwig Burkardt, Vorstand des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. (BBU), und Walter Rasch, Vorstandsvorsitzender des Landesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Berlin/Brandenburg e.V. (LFW). Insbesondere müsse überraschen, daß das Gericht von seiner früheren Auffassung abgewichen sei: In Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes war es nach summarischer Prüfung in zahlreichen Fällen zu dem Schluß gekommen, daß die Versagung der Anschlußförderung rechtswidrig sei.
Eine Verweigerung der Anschlußförderung habe für die Wohnungsunternehmen zum Teil dramatische Folgen, so Burkardt und Rasch: Der Liquiditätsausfall belaufe sich bei allen Betroffenen auf insgesamt 3,3 Milliarden Euro und könne nur durch die Reduzierung der Investitionen in die Wohnungsbestände, durch erhebliche Mietsteigerungen und Wohnungsverkäufe kompensiert werden. Bei einer ganzen Reihe von Wohnungsunternehmen werde der Wegfall der Förderung überdies zur Insolvenz führen.
Aus diesem Grund würden die Verbände die Einlegung einer Revision gegen das Urteil prüfen, sobald die schriftliche Urteilsbegründung vorliege. Schließlich habe das OVG durch die ausdrückliche Zulassung der Revision anerkannt, daß wichtige Sachverhalte dieser Problematik einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen.
Senkung der Kappungsgrenze?
Während einerseits angeblich kein Geld für eine Anschlußförderung vorhanden ist, soll bei noch in der Förderung befindlichen Wohnungen die Kappungsgrenze gesenkt werden, bis zu der Mieterhöhungen aufgrund von Förderabbau zulässig sind. Das erfordert zusätzliche Mittel.
Die Verwaltungsvorschriften über die Kürzung der Förderung von Sozialwohnungen vom 7. November 2003 sehen für ab 1972 geförderte Wohnungen zum 1. April 2005 eine weitere planmäßige Kürzung der Aufwendungszuschüsse um 0,1278 E/m2 Wfl. mtl. vor und außerdem eine weitere außerplanmäßige Kürzung (zusammen eine Mieterhöhung von 0,30 E/m2 Wfl. mtl.) - und zwar bis zu einer Kappungsgrenze von 5,50 E/m2 Wfl. mtl.
Der BBU hatte gefordert, diese Kappungsgrenze auf 5 E herabzusetzen, weil schon die Mieterhöhungen aufgrund der Fördermittelkürzung im Jahr 2004 zum Teil nur unvollständig oder gar nicht beim Mieter durchgesetzt werden konnten.
Die SPD möchte offenbar bei rund 45.000 Wohnungen in Problemgebieten die Kappungsgrenze auf 5,20 E senken.
Geklagt hatte die Eigentümerin einer von ihr im sozialen Wohnungsbau errichteten Mietwohnanlage. Auf der Grundlage der Wohnungsbauförderungsbestimmungen hatte sie vom Land Berlin für die Dauer von 15 Jahren eine Aufwendungshilfe erhalten, die die Lücke zwischen der sich aus den Kapital- und Bewirtschaftungskosten errechnenden Kostenmiete und der vom Sozialmieter zu tragenden „Mietermiete“ decken sollte (sog. Grundförderung). Die Klägerin wandte sich gegen die Ablehnung ihres Antrags, mit dem sie vor dem Auslaufen der Grundförderung die Gewährung einer Aufwendungshilfe nach der Anschlußförderungsrichtlinie begehrt hatte. Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren war sie in zweiter Instanz erfolgreich. Das OVG hatte das Land Berlin im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, ihr vom 1. Februar 2003 an für die Zeit der Rechtshängigkeit der Klage eine finanzielle Hilfe zu den laufenden Aufwendungen für ihre Mietwohnanlage zu zahlen (vgl. GE 2003, 1085). Im Hauptsacheverfahren war die Klägerin erstinstanzlich unterlegen, das Verwaltungsgericht (VG) hatte ihre Klage abgewiesen (vgl. GE 2003, 422).
Nun hat auch das OVG – entgegen seiner Haltung im einstweiligen Verfahren – den Anspruch verneint und deshalb die Berufung der klagenden Wohnungsbaukommanditgesellschaft gegen das Urteil des VG Berlin vom 27. November 2003 zurückgewiesen. Das OVG gab damit seine bisherige Haltung ausdrücklich auf.
Die ausführliche Begründung der Entscheidung liegt noch nicht vor. In einer Presseerklärung begründete das Gericht seine maßgeblichen Erwägungen so:
Dem der Klägerin ursprünglich erteilten Bescheid über die Gewährung einer Grundförderung für 15 Jahre seien keine rechtlich verbindlichen Festlegungen in bezug auf eine Anschlußförderung zu entnehmen. Weder sei in dem Bescheid ein 30jähriger Förderungszeitraum bestimmt noch enthalte er die Zusicherung, über die Gewährung einer Anschlußförderung werde nach Ablauf des 15jährigen Förderungszeitraumes dem Grunde nach positiv entschieden. Auch aus den Vorschriften des Wohnungsförderungsgesetzes, des inzwischen außer Kraft getretenen II. Wohnungsbaugesetzes, aus Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz sowie aus dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzgrundsatz lasse sich - einzeln oder in gemeinsamer rechtlicher Betrachtung - kein Anspruch auf die Gewährung von Anschlußförderung herleiten. Beanspruchen könne die Klägerin vielmehr lediglich eine ermessensfehlerfreie Entscheidung des Beklagten über die genannte Frage. Eine solche Entscheidung habe die Investitionsbank Berlin mit Bescheid vom 1. April 2003 getroffen. Daß dieser Bescheid wegen eines Ermessensfehlers rechtswidrig wäre, könne nicht festgestellt werden. Soweit in diesem Zusammenhang vor allem Vertrauensschutzgesichtspunkte und Artikel 14 Abs. 1 GG zu beachten seien, hielten die vom Beklagten im Bescheid und in den ergänzend heranzuziehenden Verwaltungsvorgängen angestellten Ermessenserwägungen verfassungsrechtlichen Maßstäben stand. Danach sei es im Ergebnis nicht zu beanstanden, wenn der Klägerin angesichts der veränderten Rahmenbedingungen des Landes Berlin als Subventionsgeber die mit dem Ausstieg aus der Wohnungsbauförderung durch Wegfall der Anschlußförderung verbundenen Risiken aufgebürdet würden.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das OVG die Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zugelassen. Und grundsätzliche Bedeutung hat manches nicht nur am Fall, sondern auch an der – sich durch die Presseerklärung abzeichnenden – Begründung. Das betrifft den „Tunnelblick“ des Gerichts (formale Betrachtung des Bescheidinhalts und der Verwaltungsvorgänge, Unbeachtlichkeit aller immer wieder und breit gestreuter Zusagen von Politikern und Beamten im Parlament und auf zahllosen Tagungen, man werde fördern, bis die Kostenmiete tragbar sei) ebenso wie die faktische Ausrufung des Staatsnotstandes mit der schwer nachvollziehbaren Schlußfolgerung, daß nur eine Minderheit die Suppe auslöffeln soll, die von allen eingebrockt wurde.
Die beiden besonders betroffenen unternehmerischen Verbände der Wohnungswirtschaft haben das Urteil des OVG Berlin „mit Überraschung und Bestürzung aufgenommen.“ Die OVG-Entscheidung könne aus Sicht der betroffenen Unternehmen und ihrer Mieter nur bedauert werden, kommentierten Ludwig Burkardt, Vorstand des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. (BBU), und Walter Rasch, Vorstandsvorsitzender des Landesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Berlin/Brandenburg e.V. (LFW). Insbesondere müsse überraschen, daß das Gericht von seiner früheren Auffassung abgewichen sei: In Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes war es nach summarischer Prüfung in zahlreichen Fällen zu dem Schluß gekommen, daß die Versagung der Anschlußförderung rechtswidrig sei.
Eine Verweigerung der Anschlußförderung habe für die Wohnungsunternehmen zum Teil dramatische Folgen, so Burkardt und Rasch: Der Liquiditätsausfall belaufe sich bei allen Betroffenen auf insgesamt 3,3 Milliarden Euro und könne nur durch die Reduzierung der Investitionen in die Wohnungsbestände, durch erhebliche Mietsteigerungen und Wohnungsverkäufe kompensiert werden. Bei einer ganzen Reihe von Wohnungsunternehmen werde der Wegfall der Förderung überdies zur Insolvenz führen.
Aus diesem Grund würden die Verbände die Einlegung einer Revision gegen das Urteil prüfen, sobald die schriftliche Urteilsbegründung vorliege. Schließlich habe das OVG durch die ausdrückliche Zulassung der Revision anerkannt, daß wichtige Sachverhalte dieser Problematik einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen.
Senkung der Kappungsgrenze?
Während einerseits angeblich kein Geld für eine Anschlußförderung vorhanden ist, soll bei noch in der Förderung befindlichen Wohnungen die Kappungsgrenze gesenkt werden, bis zu der Mieterhöhungen aufgrund von Förderabbau zulässig sind. Das erfordert zusätzliche Mittel.
Die Verwaltungsvorschriften über die Kürzung der Förderung von Sozialwohnungen vom 7. November 2003 sehen für ab 1972 geförderte Wohnungen zum 1. April 2005 eine weitere planmäßige Kürzung der Aufwendungszuschüsse um 0,1278 E/m2 Wfl. mtl. vor und außerdem eine weitere außerplanmäßige Kürzung (zusammen eine Mieterhöhung von 0,30 E/m2 Wfl. mtl.) - und zwar bis zu einer Kappungsgrenze von 5,50 E/m2 Wfl. mtl.
Der BBU hatte gefordert, diese Kappungsgrenze auf 5 E herabzusetzen, weil schon die Mieterhöhungen aufgrund der Fördermittelkürzung im Jahr 2004 zum Teil nur unvollständig oder gar nicht beim Mieter durchgesetzt werden konnten.
Die SPD möchte offenbar bei rund 45.000 Wohnungen in Problemgebieten die Kappungsgrenze auf 5,20 E senken.