Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Archiv / Suche


Die Gefahr
11.10.2004 (GE 19/04, Seite 1186) „50 Wohnungsfirmen vor der Pleite“, meldete der „Tagesspiegel“ am 10. April 2004. Gemeint waren märkische Wohnungsunternehmen der verschiedenen öffentlichen Hände, deren Leerstand 15 % und mehr beträgt und deren Bestände vor allem in berlinfernen Regionen stehen und liegen. Die Rede ist von insgesamt 165.000 Wohnungen - Folge eines radikalen Bevölkerungsschwundes. Soweit der Bericht.
Wenn nun schon von Ursachen die Rede ist und uns die Frage umtreibt, was denn zu tun sei, so muß man die Zeit etwas weiter zurückdrehen. Denn ursächlich für das jetzige Dilemma im ländlichen Raum ist die Industrialisierungs-Idiologie der sozialistischen Planwirtschaft. Ursächlich sind aber auch die heutigen industriellen Strukturen, die sich auf Schwerpunkte in Ballungszentren konzentrieren. Was unseren Krisen-Regionen bleibt, ist der Tourismus. Und was viel stärker entwickelt werden könnte, das ist die Nahrungsmittelwirtschaft, die Erzeugung und Veredlung der landwirtschaftlichen Produkte, die in der Region - vorzugsweise und in großen Mengen im Verflechtungsraum Berlin - abgesetzt werden können. Die Entwicklung entsprechender Strukturen bringt Arbeitsplätze, und diese sind Voraussetzung dafür, daß die Menschen bleiben.
Wohnungspolitik - soweit es eine solche noch geben kann - ist also Bestandteil der Strukturpolitik. Die sinnvolle Förderung des ländlichen Raums kann der Entvölkerung und damit dem Wohnungsleerstand entgegenwirken. Nur - das braucht Zeit, und es wird auch nicht überall erfolgreich sein. In Teilen ist die Entvölkerung nicht aufzuhalten. Andere Länder haben das schon hinter sich - man fahre einmal durch Frankreich und Italien.

Daß Plattenbauten abgerissen werden müssen, steht außer Frage und geschieht ja auch schon flächendeckend. Und die Wohnungsbaugesellschaften? Müssen entweder entschuldet oder - wo das nicht geht - in die Insolvenz geschickt werden. Die Insolvenz zumal hätte, so bitter sie im Einzelfall ist, den großen Vorteil, daß die Verschlankung und die Zusammenlegung von Gesellschaften auch da möglich würde, wo die Verkrustungen von Jahrzehnten dem heute noch entgegenstehen.

Ich sagte es schon: Eine Strukturpolitik für den ländlichen Raum ist nötig, also die enge Kooperation verschiedener Behörden: Wirtschafts-, Finanz-, Landwirtschafts- und Wohnungsbauministerien, Landräte, Amtsdirektoren und Bürgermeister. Und eben da liegt das Problem in Brandenburg. Wo schon drei Ministerien mit drei verschiedenen Schwerpunktprogrammen für den Radwegebau zuständig sind, wo das Landwirtschaftsministerium eine eigene Tourismusförderung („Ferien auf dem Lande„) weitgehend unabgestimmt mit der dem Wirtschaftsministerium zugeordneten Tourismusförderungsgesellschaft betreibt; wo in den Köpfen vieler politischer Macher die Großprojekte weit außerhalb Berlins noch immer herumspuken - in einem solchen Lande, einer solchen Region ist es schwer, der Einsicht eine Schneise zu schlagen: der Einsicht nämlich, daß Klein sehr fein und effektiv sein kann und daß viele kleine Pflanzen am Ende auch ein großes Feld ergeben können. Mit anderen Worten: Kehren wir gedanklich zurück ins kleine Brandenburg und nehmen wir uns das als Muster, was schon da ist und funktioniert: die Klosterbrauerei in Neuzelle statt der Großbrauerei in Nirgendwo; die Hundert-Kilometer-Skaterpiste im Fläming statt des gigantischen Autoringes in der Lausitz; die Gurkenproduktion im Spreewald statt der Chipfabrik in Frankfurt/Oder. Alles sehr einfach, sehr banal. Keine Sonntagsreden, wenig Förderung - und dennoch Brot für viele Menschen, die ihre Wohnung hier behalten und die Mark auch künftig mit Leben erfüllen werden.

In jeder Ausgabe des GRUNDEIGENTUM finden Sie interessante mietrechtliche Gerichtsentscheidungen, Aufsätze, Hintergrundinformationen, Gesetze und Verordnungen sowie wertvolle Praxistips rund um die Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft.

Informieren Sie sich schon vorab im Inhaltsverzeichnis des aktuellen GRUNDEIGENTUM-Heftes, das wir Ihnen im DOWNLOAD-Bereich als PDF-Datei zur Verfügung stellen, über die jeweiligen Inhalte bzw. Themenschwerpunkte!
Autor: Dietmar Otremba