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Schöne Zeiten
17.09.2004 (GE 18/04, Seite 1113) Schöne Zeiten waren das, als - etwa in den Jahren 1994 bis 1997 - Sprüche und Sottisen veröffentlicht wurden, denen Mangelverhältnisse am Wohnungsmarkt zugrunde lagen.*
„Ich möchte eine dringende Wohnung nachgewiesen haben, da ich einen großen Drang, der mich zum Heiraten berechtigt, verspüre„ (Brief an das Wohnungsamt). Oder: „In Deutschland sind zur Zeit 2,5 Mio. fehlende Wohnungen vorhanden„ (aus einer deutschen Tageszeitung). Oder: „Lieber ein Haus im Grünen als die Grünen im Haus„ (Kurt Beck, rheinland-pfälzischer Ministerpräsident). Oder: „Bauen ist ein teuffels-ding„ (nein, nicht die neue deutsche Rechtschreibung, sondern ein Ausspruch des Kurfürsten von Mainz, um 1700; der Bausüchtige sah sich selbst vom „bauwurmb„ befallen).
Ist das, vom „bauwurmb„ mal abgesehen, erst zehn Jahre her? Haben wir heute Märkte, in denen jeder jede Wohnung zu jedem Preis mieten kann? Ist gar das Reihenhaus, das Eigenheim ein antiquierter Wunsch, ein vermeintliches Auslaufmodell wie Familien mit zwei und mehr Kindern?
Seit sechs Jahren tut die Bundesregierung alles, um den Menschen die Lust am Bauen, am Investieren in ihre Zukunft und in ihr Alter, auszutreiben. Von Kapitalanlegern, die in Neubauwohnungen investieren wollen, ganz zu schweigen. AfA-Sätze sinken, Werbungskosten werden zu Baukosten, eine adäquate Einbeziehung in die Alterssicherung findet nicht statt, Einheitswerte steigen und damit natürlich auch die Erbschaftssteuer - die Eigenheimzulage wird gekürzt und demnächst wohl ganz gestrichen. Daß die Baugeldzinsen gesunken sind, nutzt auch nicht viel, denn die restriktive Vergabe von Krediten hat natürlich längst auf Eigenheimbauer und Kleinanleger durchgeschlagen, sofern die Banken sich mit diesem „teuffels-ding„ überhaupt noch befassen.
Genug davon, denn die volkswirtschaftliche Wirkung des ständigen Rückgangs der Bauerei will bedacht sein - und die ist wahrlich dramatisch. Die KfW-Bankengruppe hat berechnet, daß ohne Berücksichtigung der Bauwirtschaft im deutschen Osten zwischen 1992 und 2003 ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 3,7 % erreicht wurde (im Westen nur 1,2 %). Und klar ist, daß wir zwischen 0,5 und 1,0 Mio. Arbeitslose weniger hätten ohne den dramatischen Rückgang in allen Bereichen des Bauens.
Oder anders herum: Spränge die Bauwirtschaft ab 2005 auch nur in Maßen an, so könnte das sehr schnell zu einer Steigerung des Bruttoinlandsproduktes von 1 % und mehr beitragen.
Das wird ohne allgemeinen Wirtschaftsaufschwung nicht kommen - aber warum, in Gottes Namen, muß man denn alles, wirklich alles tun, um den Eigenheimbau abzuwürgen, wo immer es geht? Andreas J. Zehnder hat am 20. August in der FAZ die immer kürzer werdende Halbwertzeit der Gesetzesänderungen zu diesem Thema beklagt und festgestellt:
— Die Wohnungseigentumsförderung ist nicht eingeführt worden, um den Wohnungsbau anzukurbeln, sondern in erster Linie, um mehr Familien und breiteren Bevölkerungsgruppen zum Wohneigentum zu verhelfen;
— die Bevölkerungszahl sinkt bis 2020 nur geringfügig, dagegen wird die für die Wohnungsversorgung entscheidende Zahl der Haushalte bis 2020 um über 1 Mio. zunehmen;
— die Eigenheimzulage gibt es nur für die Selbstnutzung von Wohnungen. Schon deshalb kann in dem Bereich nicht am Bedarf vorbeigebaut werden.
Wer ein Haus baut, ist schon genug gestraft, denn „Eigenhaus ist Himmel und Hölle„. Wenn dann auch noch die Rahmenbedingungen jedes Jahr geändert werden - dann kauft man doch besser einen Campingwagen und fährt mit dem in den Süden.
Fußnote:
*Alle folgenden Zitate aus: „Durch Weisheit wird ein Haus gebaut„ von Dieter Gutekunst, Umschau/Braus GmbH 1998.
In jeder Ausgabe des GRUNDEIGENTUM finden Sie interessante mietrechtliche Gerichtsentscheidungen, Aufsätze, Hintergrundinformationen, Gesetze und Verordnungen sowie wertvolle Praxistips rund um die Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft.
Informieren Sie sich schon vorab im Inhaltsverzeichnis des aktuellen GRUNDEIGENTUM-Heftes, das wir Ihnen im DOWNLOAD-Bereich als PDF-Datei zur Verfügung stellen, über die jeweiligen Inhalte bzw. Themenschwerpunkte!
Ist das, vom „bauwurmb„ mal abgesehen, erst zehn Jahre her? Haben wir heute Märkte, in denen jeder jede Wohnung zu jedem Preis mieten kann? Ist gar das Reihenhaus, das Eigenheim ein antiquierter Wunsch, ein vermeintliches Auslaufmodell wie Familien mit zwei und mehr Kindern?
Seit sechs Jahren tut die Bundesregierung alles, um den Menschen die Lust am Bauen, am Investieren in ihre Zukunft und in ihr Alter, auszutreiben. Von Kapitalanlegern, die in Neubauwohnungen investieren wollen, ganz zu schweigen. AfA-Sätze sinken, Werbungskosten werden zu Baukosten, eine adäquate Einbeziehung in die Alterssicherung findet nicht statt, Einheitswerte steigen und damit natürlich auch die Erbschaftssteuer - die Eigenheimzulage wird gekürzt und demnächst wohl ganz gestrichen. Daß die Baugeldzinsen gesunken sind, nutzt auch nicht viel, denn die restriktive Vergabe von Krediten hat natürlich längst auf Eigenheimbauer und Kleinanleger durchgeschlagen, sofern die Banken sich mit diesem „teuffels-ding„ überhaupt noch befassen.
Genug davon, denn die volkswirtschaftliche Wirkung des ständigen Rückgangs der Bauerei will bedacht sein - und die ist wahrlich dramatisch. Die KfW-Bankengruppe hat berechnet, daß ohne Berücksichtigung der Bauwirtschaft im deutschen Osten zwischen 1992 und 2003 ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 3,7 % erreicht wurde (im Westen nur 1,2 %). Und klar ist, daß wir zwischen 0,5 und 1,0 Mio. Arbeitslose weniger hätten ohne den dramatischen Rückgang in allen Bereichen des Bauens.
Oder anders herum: Spränge die Bauwirtschaft ab 2005 auch nur in Maßen an, so könnte das sehr schnell zu einer Steigerung des Bruttoinlandsproduktes von 1 % und mehr beitragen.
Das wird ohne allgemeinen Wirtschaftsaufschwung nicht kommen - aber warum, in Gottes Namen, muß man denn alles, wirklich alles tun, um den Eigenheimbau abzuwürgen, wo immer es geht? Andreas J. Zehnder hat am 20. August in der FAZ die immer kürzer werdende Halbwertzeit der Gesetzesänderungen zu diesem Thema beklagt und festgestellt:
— Die Wohnungseigentumsförderung ist nicht eingeführt worden, um den Wohnungsbau anzukurbeln, sondern in erster Linie, um mehr Familien und breiteren Bevölkerungsgruppen zum Wohneigentum zu verhelfen;
— die Bevölkerungszahl sinkt bis 2020 nur geringfügig, dagegen wird die für die Wohnungsversorgung entscheidende Zahl der Haushalte bis 2020 um über 1 Mio. zunehmen;
— die Eigenheimzulage gibt es nur für die Selbstnutzung von Wohnungen. Schon deshalb kann in dem Bereich nicht am Bedarf vorbeigebaut werden.
Wer ein Haus baut, ist schon genug gestraft, denn „Eigenhaus ist Himmel und Hölle„. Wenn dann auch noch die Rahmenbedingungen jedes Jahr geändert werden - dann kauft man doch besser einen Campingwagen und fährt mit dem in den Süden.
Fußnote:
*Alle folgenden Zitate aus: „Durch Weisheit wird ein Haus gebaut„ von Dieter Gutekunst, Umschau/Braus GmbH 1998.
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Autor: Dietmar Otremba