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Fund-Raising-Dinner
17.09.2004 (GE 18/04, Seite 1120) Was haben die Deutschen nicht alles für’s leibliche Wohl aus Amerika importiert. Cola, Hamburger und Hot-dogs. Aber nichts von alldem schlägt so furchtbar auf den Magen wie ein Fund-Raising-Dinner.
In den Vereinigten Staaten ist das seit langem ein beliebtes Mittel, Wahlkampfspenden einzuwerben. Das funktioniert ganz einfach: Der politische Spitzenkandidat oder - besser noch - Prominente, die mit ihm sympatisieren, laden zu einem durchaus üppigen Essen ein, bei dem ganz offen als Teilnahmebedingung gilt, daß die Gäste für Speisen und Getränke ein Vielfaches dessen bezahlen, was man üblicherweise in Nobelherbergen abdrücken muß. Die Differenz fließt in den Wahlkampf. Und weil Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit schon immer von Glanz und Glamour und Stars und Sternchen der Neuen Welt angezogen wurde, nimmt es nicht wunder, daß die Berliner SPD auch der amerikanischen Tradition der Fund-Raising-Dinner etwas abgewinnen konnte. 2001 wurde zu einem solchen Essen im „Hotel Palace„ eingeladen. Initiatoren waren der ehemalige Bauunternehmer Roland Specker und Volksbank-Chef Karl Kauermann. Weil aber hierzulande amerikanische Tradition noch nicht ganz so verinnerlicht ist, wurde auch gleich Klartext geschrieben: Die verbindliche Zusage werde mit der Erwartung einer Spende von 5.000 DM für die Berliner SPD verbunden, hieß es in der Einladung. Und so dinierten sie denn. Und es wäre ein Genuß ohne Reue geworden, hätte nicht die Staatsanwaltschaft im Rahmen der Tempodrom-Ermittlungen das Einladungsschreiben entdeckt. Gegen einige der Gourmets wird jetzt ermittelt, weil sie die Menükosten über ihre Unternehmen abgewickelt hatten. Und das ist jedenfalls verboten, wenn es sich um ein öffentliches Unternehmen handelt (ob es 2000 schon verboten war, bestreiten einige Geister; das Bundesverfassungsgericht hatte sein Verdikt über derartige Parteifinanzierungen allerdings schon 1992 gesprochen). Daß Bahnchef Hartmut Mehdorn einer der Mitesser war, wußte man seit geraumer Zeit. Auch der frühere BerlinWasser-Vorstandschef Thomas Mecke saß mit am Tisch. Aber weil er mutmaßlich das Wasser mitgebracht hatte, zahlte BerlinWasser nur knapp 2.000 DM. Daß Vorstandsmitglieder Berliner Wohnungsbaugenossenschaften derartigen Parteibefehlen auf Punkt und Komma Folge leisten, bewies DEGEWO-Chef Thies-Martin Brandt. Der spendete 5.000 DM, vermutlich weil er zu geizig war, aus Firmenmitteln, die nach SPD-Angaben aber von Brandt als „persönliche Spende“ gedacht gewesen sein sollen (Wie denn das? Er wird doch nicht etwa die Spende noch von der Steuer abgesetzt haben?), vom - vor zwei Jahren wegen Unregelmäßigkeiten entlassenen - SPD-Kassierer aber als Unternehmensspende verbucht worden waren (wie auch sonst, wenn sie doch von der DEGEWO kamen?). Oder sollte Brandt die DEGEWO-Spendenüberweisung vielleicht mit seinem Gehalt verrechnet haben? Bei den bisher gehörten Erklärungsversuchen wird ja selbst der Baron von Münchhausen grün vor Neid.