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Sapere aude!
13.09.2004 (GE 17/04, Seite 1041) Auch nach - fast auf den Tag genau - 230 Jahren ist das dünne Traktätchen hochaktuell, dem Immanuel Kant als Titel die Frage vorangestellt hat: „Was ist Aufklärung?"
Im Angesicht der „Diskussionen„ um Hartz IV drängt sich ein gräßlicher Verdacht - daß wir uns nämlich nicht weiter-, sondern zurückentwickelt haben - geradezu auf, wenn man Kants auf die Frage unmittelbar gegebene Antwort wieder einmal liest:
„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!„
„Faulheit und Feigheit„ seien die Ursachen, so der Königsberger, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem die Natur sie längst von fremder Leitung freigesprochen, dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben und es andern so leicht werde, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. „Es ist so bequem, unmündig zu sein.„
Die Vormünder haben in Deutschland Hochsaison. Beispiele gibt es zuhauf.
Nehmen wir Oskar Lafontaine, dessen Reformrolle rückwärts 1998 (Stichworte „Scheinselbständigkeit„, „Fortzahlung im Krankheitsfalle„, „Eliminierung des demographischen Faktors aus der Rentenberechnung„, „620-DM-Jobs„) dem Land fünf Jahre Stagnation gebracht hat: Braucht es mehr als die Benutzung des eigenen Verstandes, um zu erkennen, daß diesen Mann nichts als Eitelkeit, Selbstbezogenheit und Selbstverliebtheit treiben?
Oder hören wir uns an, was Norbert Blüm („die Rente ist sicher„) derzeit absondert: Schreiend ungerecht sei es, daß durch Hartz IV jemand, der 40 Jahre in der Arbeitslosenversicherung einbezahlt habe, genauso behandelt würde wie jemand, der ein Jahr eingezahlt hat. Und die Leute finden es gut, daß da einer für sie denkt, sonst kämen sie vielleicht zur unangenehmen Erkenntnis, daß es auch bei anderen Versicherungen im Versicherungsfall gleichgültig ist, wie lange man Prämien bezahlt hat.
Würden die Menschen ihren eigenen Verstand gebrauchen, hätten „Vormünder„ (siehe Kant) keine Chance. Dem Blüm würde man die Volksweisheit entgegenhalten: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht …„ Und die Leipziger hätten auf den Demos den Lafontaine höhnisch dafür beglückwünscht, daß er es in seinem Alter doch noch über die - 1990 noch von ihm geforderte innerdeutsche - Wirtschafts- und Währungsmauer geschafft hat.
Daß die PDS und die Rechtsradikalen den Versuch machen, die vermeintliche Gunst der Stunde zu nutzen, versteht sich sowieso von selbst. Aber ernüchternd ist das schon, daß an die politischen Rattenfänger nicht die einfache Frage gestellt wird, die man jedem stellt, der sich bewirbt: „Sagen Sie mal, was haben Sie denn bisher so gemacht? Haben Sie Referenzen?„
Warum, so fragt man sich, sind wir unfähig, die praktische Intelligenz, die doch viele von uns im Alltagsleben beweisen, ins öffentliche Leben zu übertragen? Weil es so „bequem„ ist, wie Kant vermutet?
Die Verführung zur Bequemlichkeit ist jedenfalls allgegenwärtig, nicht nur in der Politik (siehe Werbeslogan der Hypo-Vereinsbank: „Sorge Dich nicht, lebe!„. Will meinen: Liefere Deine Kohle ab, auch wenn unsere Anlageberater sie manchmal verbrennen.
Gegen all diese Verführungen in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft hilft nur eins: sapere aude! Trau Dich, Deinen eigenen Verstand zu gebrauchen.
In jeder Ausgabe des GRUNDEIGENTUM finden Sie interessante mietrechtliche Gerichtsentscheidungen, Aufsätze, Hintergrundinformationen, Gesetze und Verordnungen sowie wertvolle Praxistips rund um die Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft.
Informieren Sie sich schon vorab im Inhaltsverzeichnis des aktuellen GRUNDEIGENTUM-Heftes, das wir Ihnen im DOWNLOAD-Bereich als PDF-Datei zur Verfügung stellen, über die jeweiligen Inhalte bzw. Themenschwerpunkte!
„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!„
„Faulheit und Feigheit„ seien die Ursachen, so der Königsberger, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem die Natur sie längst von fremder Leitung freigesprochen, dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben und es andern so leicht werde, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. „Es ist so bequem, unmündig zu sein.„
Die Vormünder haben in Deutschland Hochsaison. Beispiele gibt es zuhauf.
Nehmen wir Oskar Lafontaine, dessen Reformrolle rückwärts 1998 (Stichworte „Scheinselbständigkeit„, „Fortzahlung im Krankheitsfalle„, „Eliminierung des demographischen Faktors aus der Rentenberechnung„, „620-DM-Jobs„) dem Land fünf Jahre Stagnation gebracht hat: Braucht es mehr als die Benutzung des eigenen Verstandes, um zu erkennen, daß diesen Mann nichts als Eitelkeit, Selbstbezogenheit und Selbstverliebtheit treiben?
Oder hören wir uns an, was Norbert Blüm („die Rente ist sicher„) derzeit absondert: Schreiend ungerecht sei es, daß durch Hartz IV jemand, der 40 Jahre in der Arbeitslosenversicherung einbezahlt habe, genauso behandelt würde wie jemand, der ein Jahr eingezahlt hat. Und die Leute finden es gut, daß da einer für sie denkt, sonst kämen sie vielleicht zur unangenehmen Erkenntnis, daß es auch bei anderen Versicherungen im Versicherungsfall gleichgültig ist, wie lange man Prämien bezahlt hat.
Würden die Menschen ihren eigenen Verstand gebrauchen, hätten „Vormünder„ (siehe Kant) keine Chance. Dem Blüm würde man die Volksweisheit entgegenhalten: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht …„ Und die Leipziger hätten auf den Demos den Lafontaine höhnisch dafür beglückwünscht, daß er es in seinem Alter doch noch über die - 1990 noch von ihm geforderte innerdeutsche - Wirtschafts- und Währungsmauer geschafft hat.
Daß die PDS und die Rechtsradikalen den Versuch machen, die vermeintliche Gunst der Stunde zu nutzen, versteht sich sowieso von selbst. Aber ernüchternd ist das schon, daß an die politischen Rattenfänger nicht die einfache Frage gestellt wird, die man jedem stellt, der sich bewirbt: „Sagen Sie mal, was haben Sie denn bisher so gemacht? Haben Sie Referenzen?„
Warum, so fragt man sich, sind wir unfähig, die praktische Intelligenz, die doch viele von uns im Alltagsleben beweisen, ins öffentliche Leben zu übertragen? Weil es so „bequem„ ist, wie Kant vermutet?
Die Verführung zur Bequemlichkeit ist jedenfalls allgegenwärtig, nicht nur in der Politik (siehe Werbeslogan der Hypo-Vereinsbank: „Sorge Dich nicht, lebe!„. Will meinen: Liefere Deine Kohle ab, auch wenn unsere Anlageberater sie manchmal verbrennen.
Gegen all diese Verführungen in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft hilft nur eins: sapere aude! Trau Dich, Deinen eigenen Verstand zu gebrauchen.
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Autor: Dieter Blümmel