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Kommt die Grundgebühr beim Wasser oder nicht?
Höhere Preise für Wasser und Abwasser ab 2005
13.09.2004 (GE 17/04, Seite 1052) Die Berliner müssen sich auch 2005 auf eine Erhöhung der Preise für Wasser und Abwasser einstellen. Offen ist allerdings noch, ob, wie von den Wasserbetrieben zunächst beabsichtigt, Grund- und Arbeitspreise eingeführt werden. Die BWB haben beim Senator für Wirtschaft einen Tarifgenehmigungsantrag gestellt, der eine solche Splittung noch nicht vorsieht.
Zum Hintergrund: Bis jetzt galt für Wasser- und Abwasserpreise ein sehr „demokratisches“ Preismodell. Es galt ein einheitlicher Kubikmeterpreis einerseits für das Wasser und ein (anderer) einheitlicher Kubikmeterpreis für die Abwasserbeseitigung. Eine Preisstaffelung etwa nach der Menge des bezogenen Wassers fand nicht statt, obwohl der Verwaltungsaufwand bei den Kunden, die - um ein Beispiel zu geben - 200 m3 Wasser im Jahr beziehen, bezogen auf den Kubikmeter deutlich höher ist als bei den Kunden, die beispielsweise 100.000 m3 Wasser im Jahr beziehen.
Eine mengenmäßige Staffelung der Berliner Wasserpreise ist allerdings aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht - oder jedenfalls nicht so ohne weiteres - möglich.
Möglich wäre aber die Aufteilung in einen Grund- und Arbeitspreis, die auf indirekte Art die Bezieher größerer Mengen entlastet.
Hintergrund einer Aufteilung in Grund- und Arbeitspreis ist, daß der größte Teil der Kosten, die der Verbraucher zu tragen hat, Fixkosten sind, die unabhängig von den insgesamt im Jahr bezogenen bzw. in die Kanalisation abgeführten Wassermengen anfällt. Verteilt man nun, wie es beabsichtigt war, einen Teil der Fixkosten über Grundgebühren, die sich an Zahl und Dimension der Wasseranschlüsse orientieren, erreicht man dadurch ohne weiteres den Effekt, daß diejenigen Kunden entlastet werden, die größere Mengen beziehen.
Ein derartiges Tarifmodell ist von der Rechtsprechung grundsätzlich als zulässig eingestuft, die meisten Wasser- und Abwasserbetriebe in der Bundesrepublik arbeiten auch mit einem solchen Modell.
Die Berliner Wasserbetriebe hatten in mehreren Gesprächsrunden mit den Verbänden der Wohnungswirtschaft, des Handwerks und der Unternehmen und der Senatsverwaltung für Wirtschaft ein solches Tarifmodell und Gestaltungsmöglichkeiten diskutiert. Sie haben ein solches Modell und seine Umsetzung auch präferenziert - ebenso der für die Tarifgenehmigung zuständige Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS).
Dieses Tarifmodell mit einem Grund- und einem Arbeitspreis fand jedoch ganz offensichtlich im Gesamtsenat keine ausreichende Mehrheit. Wolf hätte es im Senat gar nicht zur Diskussion zu stellen brauchen, hat es aber getan und wird es deshalb schwerlich gegen den Mehrheitswillen im Senat umsetzen.
Aus diesem Grunde haben die Wasserbetriebe, weil die Zeit für die Tarifgenehmigung drängt, einen Erhöhungsantrag auf der bisherigen Basis (einheitliche Preise nach Kubikmeter) gestellt.
Ob das - auch für 2005 - aber das wirklich letzte Wort ist, ist offen, denn insbesondere die Industrie- und Handelskammer will noch einmal einen Versuch unternehmen, um eine Aufteilung der Wasser- und Abwassertarife in Grund- und Arbeitspreise zu erreichen.
Die Preiskalkulation
Die Berliner Wasserbetriebe, nach den verlorenen Prozessen gegen Haus & Grund Berlin mit wesentlich mehr Bereitschaft zur Transparenz ihrer Preiskalkulationen, kalkulieren Wasser- und Abwasserpreise unter Berücksichtigung folgender Ansätze:
1. Abschreibung und Abnutzung (AfA) auf den (seit 2004) Wiederbeschaffungszeitwert
2. kalkulatorische Zinsen (auf das sogenannte betriebsnotwendige Kapital)
3. sonstige kalkulierte Kosten
4. Roh- und Hilfsstoffe
5. Material
6. Personal
7. sonstiger Aufwand.
Der Personalaufwand beläuft sich zur Zeit auf 250 Mio. Euro p. a., was einem Anteil von etwa 25 % am Gesamtaufwand entspricht.
Der eigentliche Preistreiber sind die unter 2. genannten kalkulatorischen Zinsen. Die Höhe des Zinssatzes wird jeweils durch Rechtsverordnung des Senats festgelegt. Sie beträgt für das Jahr 2004 6 % (für die Jahre 2000 bis 2003 waren es rund 4 %). Für das Jahr 2005 steigt die Verzinsung auf rund 6,5 %, im Jahr 2006 muß mit einem Rahmen von 6,3 bis 7,2 % gerechnet werden.
Allerdings steigt nicht nur der Zinssatz, sondern auch die Basis, auf die er berechnet wird: das betriebsnotwendige Vermögen. Dieses betrug zum Zeitpunkt der Teilprivatisierung deutlich unter 3 Mrd. Euro, derzeit beläuft es sich nach Angaben der Wasserbetriebe bereits auf 3,6 Mrd. Euro und wird voraussichtlich auf über 4 Mrd. Euro ansteigen. Wenn, wie geplant, in dieses Anlagevermögen auch immaterielle Vermögensgegegenstände wie z. B. die Grunddienstbarkeiten für Leitungsrechte in den östlichen Bezirken aufgenommen würden, was geplant ist, würde das betriebsnotwendige Kapital bis zum Jahr 2010 um eine weitere Milliarde Euro steigen. Jede Milliarde Euro zusätzliches betriebsnotwendiges Vermögen verteuert die Wasserpreise im Jahr um 60 bis 70 Mio. Euro - je nach Höhe des gesetzlich festgelegten Zinssatzes.
Haus & Grund Berlin ist bekanntlich der Auffassung, daß - bezogen auf den Zeitpunkt der Teilprivatisierung - 90 % des sogenannten betriebsnotwendigen Vermögens nicht den Wasserbetrieben zuzurechnen ist, sondern den Kunden und daß deshalb keine kalkulatorischen Zinsen für diesen Teil angesetzt werden dürfen. Diese Frage muß in den anhängigen Prozessen von den Gerichten entschieden werden.
Bezogen auf das Jahr 2005 und den angepeilten Zinssatz von 6,5 % handelt es sich dabei um über 160 Mio. Euro, von denen fraglich ist, ob die Wasserbetriebe sie überhaupt bei ihren Tarifen berücksichtigen dürfen. Bezogen auf Wasser- und Abwasserpreis wären das beinahe 17 % Überhöhung, wenn die Gerichte sich dieser Rechtsauffassung anschlössen.
Die Berliner Wasserbetriebe und der Senat von Berlin sind allerdings - im Gegensatz zu ihren immer wiederholten Versicherungen - überhaupt nicht daran interessiert, daß diese bisher von keinem Gericht entschiedene Grundsatzfrage durch den Bundesgerichtshof schnell beantwortet wird. Im Gegensatz zu den Versprechungen nach Verfahrensbeschleunigung haben die Berliner Wasserbetriebe einer möglichen Sprungrevision in dem von Haus & Grund Berlin begleiteten Musterverfahren zum Bundesgerichtshof nicht zugestimmt. Der Grund dafür wird nur hinter vorgehaltener Hand ausgesprochen: Setzt sich Haus & Grund Berlin mit seiner Rechtsauffassung durch, bedeutet das die Rückgängigmachung der Teilprivatisierung. In diesem Falle würden allerdings auch jene Befürchtungen gegenstandslos werden, die wir an dieser Stelle schon einmal so formuliert haben: „Die Berliner Preise für Wasser wandern in Richtung schottischer Whisky.“ Im Moment ist diese Tendenz jedenfalls ungebrochen.
In jeder Ausgabe des GRUNDEIGENTUM finden Sie interessante mietrechtliche Gerichtsentscheidungen, Aufsätze, Hintergrundinformationen, Gesetze und Verordnungen sowie wertvolle Praxistips rund um die Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft.
Informieren Sie sich schon vorab im Inhaltsverzeichnis des aktuellen GRUNDEIGENTUM-Heftes, das wir Ihnen im DOWNLOAD-Bereich als PDF-Datei zur Verfügung stellen, über die jeweiligen Inhalte bzw. Themenschwerpunkte!
Eine mengenmäßige Staffelung der Berliner Wasserpreise ist allerdings aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht - oder jedenfalls nicht so ohne weiteres - möglich.
Möglich wäre aber die Aufteilung in einen Grund- und Arbeitspreis, die auf indirekte Art die Bezieher größerer Mengen entlastet.
Hintergrund einer Aufteilung in Grund- und Arbeitspreis ist, daß der größte Teil der Kosten, die der Verbraucher zu tragen hat, Fixkosten sind, die unabhängig von den insgesamt im Jahr bezogenen bzw. in die Kanalisation abgeführten Wassermengen anfällt. Verteilt man nun, wie es beabsichtigt war, einen Teil der Fixkosten über Grundgebühren, die sich an Zahl und Dimension der Wasseranschlüsse orientieren, erreicht man dadurch ohne weiteres den Effekt, daß diejenigen Kunden entlastet werden, die größere Mengen beziehen.
Ein derartiges Tarifmodell ist von der Rechtsprechung grundsätzlich als zulässig eingestuft, die meisten Wasser- und Abwasserbetriebe in der Bundesrepublik arbeiten auch mit einem solchen Modell.
Die Berliner Wasserbetriebe hatten in mehreren Gesprächsrunden mit den Verbänden der Wohnungswirtschaft, des Handwerks und der Unternehmen und der Senatsverwaltung für Wirtschaft ein solches Tarifmodell und Gestaltungsmöglichkeiten diskutiert. Sie haben ein solches Modell und seine Umsetzung auch präferenziert - ebenso der für die Tarifgenehmigung zuständige Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS).
Dieses Tarifmodell mit einem Grund- und einem Arbeitspreis fand jedoch ganz offensichtlich im Gesamtsenat keine ausreichende Mehrheit. Wolf hätte es im Senat gar nicht zur Diskussion zu stellen brauchen, hat es aber getan und wird es deshalb schwerlich gegen den Mehrheitswillen im Senat umsetzen.
Aus diesem Grunde haben die Wasserbetriebe, weil die Zeit für die Tarifgenehmigung drängt, einen Erhöhungsantrag auf der bisherigen Basis (einheitliche Preise nach Kubikmeter) gestellt.
Ob das - auch für 2005 - aber das wirklich letzte Wort ist, ist offen, denn insbesondere die Industrie- und Handelskammer will noch einmal einen Versuch unternehmen, um eine Aufteilung der Wasser- und Abwassertarife in Grund- und Arbeitspreise zu erreichen.
Die Preiskalkulation
Die Berliner Wasserbetriebe, nach den verlorenen Prozessen gegen Haus & Grund Berlin mit wesentlich mehr Bereitschaft zur Transparenz ihrer Preiskalkulationen, kalkulieren Wasser- und Abwasserpreise unter Berücksichtigung folgender Ansätze:
1. Abschreibung und Abnutzung (AfA) auf den (seit 2004) Wiederbeschaffungszeitwert
2. kalkulatorische Zinsen (auf das sogenannte betriebsnotwendige Kapital)
3. sonstige kalkulierte Kosten
4. Roh- und Hilfsstoffe
5. Material
6. Personal
7. sonstiger Aufwand.
Der Personalaufwand beläuft sich zur Zeit auf 250 Mio. Euro p. a., was einem Anteil von etwa 25 % am Gesamtaufwand entspricht.
Der eigentliche Preistreiber sind die unter 2. genannten kalkulatorischen Zinsen. Die Höhe des Zinssatzes wird jeweils durch Rechtsverordnung des Senats festgelegt. Sie beträgt für das Jahr 2004 6 % (für die Jahre 2000 bis 2003 waren es rund 4 %). Für das Jahr 2005 steigt die Verzinsung auf rund 6,5 %, im Jahr 2006 muß mit einem Rahmen von 6,3 bis 7,2 % gerechnet werden.
Allerdings steigt nicht nur der Zinssatz, sondern auch die Basis, auf die er berechnet wird: das betriebsnotwendige Vermögen. Dieses betrug zum Zeitpunkt der Teilprivatisierung deutlich unter 3 Mrd. Euro, derzeit beläuft es sich nach Angaben der Wasserbetriebe bereits auf 3,6 Mrd. Euro und wird voraussichtlich auf über 4 Mrd. Euro ansteigen. Wenn, wie geplant, in dieses Anlagevermögen auch immaterielle Vermögensgegegenstände wie z. B. die Grunddienstbarkeiten für Leitungsrechte in den östlichen Bezirken aufgenommen würden, was geplant ist, würde das betriebsnotwendige Kapital bis zum Jahr 2010 um eine weitere Milliarde Euro steigen. Jede Milliarde Euro zusätzliches betriebsnotwendiges Vermögen verteuert die Wasserpreise im Jahr um 60 bis 70 Mio. Euro - je nach Höhe des gesetzlich festgelegten Zinssatzes.
Haus & Grund Berlin ist bekanntlich der Auffassung, daß - bezogen auf den Zeitpunkt der Teilprivatisierung - 90 % des sogenannten betriebsnotwendigen Vermögens nicht den Wasserbetrieben zuzurechnen ist, sondern den Kunden und daß deshalb keine kalkulatorischen Zinsen für diesen Teil angesetzt werden dürfen. Diese Frage muß in den anhängigen Prozessen von den Gerichten entschieden werden.
Bezogen auf das Jahr 2005 und den angepeilten Zinssatz von 6,5 % handelt es sich dabei um über 160 Mio. Euro, von denen fraglich ist, ob die Wasserbetriebe sie überhaupt bei ihren Tarifen berücksichtigen dürfen. Bezogen auf Wasser- und Abwasserpreis wären das beinahe 17 % Überhöhung, wenn die Gerichte sich dieser Rechtsauffassung anschlössen.
Die Berliner Wasserbetriebe und der Senat von Berlin sind allerdings - im Gegensatz zu ihren immer wiederholten Versicherungen - überhaupt nicht daran interessiert, daß diese bisher von keinem Gericht entschiedene Grundsatzfrage durch den Bundesgerichtshof schnell beantwortet wird. Im Gegensatz zu den Versprechungen nach Verfahrensbeschleunigung haben die Berliner Wasserbetriebe einer möglichen Sprungrevision in dem von Haus & Grund Berlin begleiteten Musterverfahren zum Bundesgerichtshof nicht zugestimmt. Der Grund dafür wird nur hinter vorgehaltener Hand ausgesprochen: Setzt sich Haus & Grund Berlin mit seiner Rechtsauffassung durch, bedeutet das die Rückgängigmachung der Teilprivatisierung. In diesem Falle würden allerdings auch jene Befürchtungen gegenstandslos werden, die wir an dieser Stelle schon einmal so formuliert haben: „Die Berliner Preise für Wasser wandern in Richtung schottischer Whisky.“ Im Moment ist diese Tendenz jedenfalls ungebrochen.
In jeder Ausgabe des GRUNDEIGENTUM finden Sie interessante mietrechtliche Gerichtsentscheidungen, Aufsätze, Hintergrundinformationen, Gesetze und Verordnungen sowie wertvolle Praxistips rund um die Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft.
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