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Schönheitsreparaturenklauseln
BGH: Abwälzung auf Mieter ist Verkehrssitte
13.09.2004 (GE 17/04, Seite 1060) Die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter muß vereinbart werden, ist aber nach Auffassung des BGH inzwischen Verkehrssitte. Das hilft den Vermietern bei der Klauselbeurteilung.
Der Fall: Die mietvertragliche Formularklausel zu den Schönheitsreparaturen lautete: „Die Kosten der Schönheitsreparaturen trägt der - Mieter - Vermieter.“ Das Wort „Vermieter“ war handschriftlich durchgestrichen. Das Mietverhältnis dauerte über 20 Jahre. Der Mieter zog aus, ohne Schönheitsreparaturen durchgeführt zu haben. Der Vermieter verlangte nach Aufforderung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen mit Fristsetzung und Ablehnungsandrohung Schadensersatz. Amts- und Landgericht (Karlsruhe) wiesen die Klage ab. In der Revision verurteilte der BGH den Mieter zur Zahlung von Schadensersatz.
Die Entscheidung: Der BGH kam zu dem Ergebnis, daß aus der Sicht eines verständigen Mieters der Abwälzungsklausel eine Verpflichtung zur Ausführung der Schönheitsreparaturen zu entnehmen sei. Die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter sei, wenn dies auch weiterhin der Vereinbarung bedürfe, Verkehrssitte geworden. Die Vertragsparteien eines Wohnraummietvertrages würden es als selbstverständlich ansehen, daß der Mieter die Schönheitsreparaturen zu tragen hat. Die Belastung des Mieters mit dieser Verpflichtung werde in aller Regel bei der Kalkulation der Miete berücksichtigt. Die zur Verkehrssitte gewordene Praxis der Abwälzung der Vornahme der Schönheitsreparaturen auf den Mieter habe maßgeblichen Einfluß auf den „Empfängerhorizont“ eines durchschnittlich, rechtlich nicht vorgebildeten Mieters. Vor diesem Hintergrund sei die Klausel nicht lediglich im Sinne der Auferlegung von Kosten, sondern - entsprechend der im Wohnraummietrecht üblichen Handhabung - im Sinne einer Pflicht zur Ausführung der Schönheitsreparaturen zu verstehen. Im übrigen ergebe sich auch die Pflicht der Ausführung der Schönheitsreparaturen aus einer weiteren Klausel des Mietvertrages, wonach der Mieter sich u. a. dazu verpflichte, die Wohnräume in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten.
Anmerkung: Die Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter durch eine Allgemeine Geschäftsbedingung muß eindeutig sein. Das ist jedenfalls bei einer Klausel „Der Mieter ist verpflichtet, die während des Mietverhältnisses anfallenden Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durchzuführen“ der Fall (vgl. GE-Mietvertrag, Fassung I-AGB/KE/4.2004, § 4 Nr. 6). Auch die Klausel „Der Mieter trägt die Schönheitsreparaturen“ ist noch ausreichend eindeutig (OLG Karlsruhe, RE, NJW-RR 1992, 969 = WuM 1992, 349 = GE 1992, 669). Nicht dagegen die Klausel „Der Mieter hat die Räumlichkeit ordnungsgemäß und schonend zu behandeln und bei Mietende in einem ordnungsgemäßen Zustand zurückzugeben“ (OLG Düsseldorf DWW 1992, 365).
Es entsprach der bisherigen Rechtsprechung, daß eine vertragliche Vereinbarung zur Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter nicht durch die Tatsache stillschweigend ersetzt werden kann, daß heutzutage die Übernahme von Schönheitsreparaturen durch den Mieter der Regelfall ist. Denn daraus konnte (bisher) weder eine Verkehrssitte noch ein Gewohnheitsrecht und auch keine stillschweigende Verpflichtung abgeleitet werden, der Mieter habe auch ohne eine besondere Vereinbarung die Schönheitsreparaturen zu tragen (vgl. Schach, Schönheitsreparaturen, GE-Verlag 2002, Seite 6). Die vorliegende Entscheidung des BGH könnte auf den ersten Blick als Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung angesehen werden. Bei genauerem Hinsehen ist das zwar nicht der Fall, aber … Daß die Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter üblich ist, wird vom BGH als Verkehrssitte bezeichnet, die jedoch - wie bisher - eine mietvertragliche Vereinbarung nicht ersetzt.
Die zur Verkehrssitte gewordene Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter hat allerdings Einfluß auf die Auslegung einer entsprechenden Abwälzungsklausel, die vom BGH „weitherziger“ vorgenommen wird, als es bei der bisherigen Rechtsprechung der Fall war. Bei der vorliegenden Klausel, wonach der Mieter „die Kosten der Schönheitsreparaturen„ trägt, wird ein juristisch nicht vorgebildeter oder nicht entsprechend beratener Mieter kaum auf die Idee gekommen sein, daß er für die Schönheitsreparaturen nicht „zuständig“ ist. Der BGH denkt (anders als viele Instanzgerichte) nüchtern und pragmatisch und läßt sich nicht durch die hohe Juristerei „verblenden“.
Die Klausel des Mietvertrages, daß der Mieter die Räume pfleglich zu behandeln und in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten und zurückzugeben habe, wird vom BGH (nach wie vor) nicht als wirksame Abwälzungsklausel angesehen. Diese Vereinbarung wird lediglich dafür herangezogen, daß dem Mieter vertraglich nicht nur die Pflicht zur Kostentragung, sondern auch zur Ausführung der Schönheitsreparaturen auferlegt werden sollte.
Auch wenn der BGH die o. a. Klausel als wirksame Abwälzungsklausel angesehen hat, sollte bei neuen Mietverträgen diese Klausel lieber nicht verwendet werden. Die (schlichte) Klausel, daß der Mieter verpflichtet ist, die während des Mietverhältnisses anfallenden Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durchzuführen, ist allemal besser.
Klaus Schach
BGH, Urteil vom 14. Juli 2004 - VIII ZR 339/03 - Wortlaut Seite 1093

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