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Streng bei Streupflicht
Gefrierender Sprühregen
06.08.2004 (GE 15/04, Seite 925) Auch in einer Seitenstraße muß ständig gestreut werden, wenn mit nicht unerheblichem Fußgängerverkehr zu rechnen ist. Die Streupflicht kann bei fast ununterbrochen gefrierendem Regen oder bei Blitzeisbildung entfallen. Die Einzelumstände muß allerdings der Streupflichtige dartun und ggf. beweisen.
Der Fall: Aufgrund von Glatteis kam es vor einem Haus in einer Seitenstraße zu einem Sturzunfall, obwohl in den frühen Morgenstunden gestreut worden war. Das aufgebrachte Streugut hatte jedoch aufgrund von gefrierendem Sprühregen seine Wirkung verloren. Der in Anspruch genommene Hauseigentümer trug vor, daß weiteres Streuen wegen des andauernden gefrierenden Sprühregens sinnlos gewesen sei. Mit diesem Vortrag hatte er beim Kammergericht keinen Erfolg.
Die Entscheidung: Der 14. Senat des Kammergerichts setzte die sehr strenge Rechtsprechung des KG, auch des BGH, zur Streupflicht fort, die zum Schutz des Fußgängerverkehrs jedenfalls dann gilt, wenn mit Fußgängern in erheblichem Umfang zu rechnen ist (vorliegend befand sich im Nebenhaus eine Arztpraxis). Es muß auch bei außergewöhnlichen Glätteverhältnissen gestreut werden. Das gelte allerdings dann nicht, wenn das wiederholte Streuen sinn- bzw. zwecklos sei bzw. nur zu einer unwesentlichen oder ganz vorübergehenden Minderung der Verkehrsgefährdung führen könne. Denn Unzumutbares könne insoweit nicht verlangt werden. Eine solche Situation könne bei fast ununterbrochenem gefrierenden Regen gegeben sein oder im Fall sogenannten Blitzeises, d. h. dem plötzlichen Entstehen von Glatteis am Boden durch Niederschläge. Die Streupflicht entfalle allerdings nicht bei nur andauerndem gefrierenden Sprühregen, der Streumaßnahmen nicht von vornherein zwecklos mache. Prozessual habe in diesem Zusammenhang der Geschädigte die eine Streupflicht begründenden Wetter- und Straßenverhältnisse darzulegen und ggf. zu beweisen. Der Streupflichtige müsse dann allerdings die Ausnahmesituation eines Fortfalls der Streupflicht dartun und ggf. beweisen. Das konnte der Hauseigentümer im vorliegenden Fall nicht.
Anmerkung: Die Rechtsprechung zwingt den Hauseigentümer dazu, bei Glätte aufgrund von Glatteis oder Schnee die Situation ständig im Auge zu behalten und ggf. das Streuen zu wiederholen. Man mag über die sehr strengen Anforderungen im vorliegenden Fall geteilter Meinung sein, da auch aufgrund der Auskunft des Meteorologischen Instituts von mehr oder weniger ständigem Niederschlag mit Glättebildung auszugehen war. Dennoch, und hier liegt die besondere Bedeutung der Entscheidung: Eine Ausnahmesituation, die wiederholtes Streuen obsolet macht, muß der Streupflichtige darlegen und beweisen. Dazu benötigt der Hauseigentümer Zeugen, z. B. Mieter des Hauses oder den Hauswart. Denn sonst hat er im Rechtsstreit schlechte Karten und er bzw. seine Versicherung muß Schadensersatz leisten. Klaus Schach
KG, Urteil vom 30. April 2004 - 14 U 159/02 - Wortlaut Seite 962

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