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Die Tricks und Winkelzüge beim Betanken
Teure Heizöl-Schnäppchen
27.07.2004 (GE 14/04, Seite 866) Wer nutzt nicht günstige Heizölpreise aus? Vor allem, weil man wegen der politischen Situation nicht abschätzen kann, wie sich die Ölpreise entwickeln werden. Da freut es einen, wenn man auf ein „Extra super-günstiges Heizöl-Sonderangebot“ stößt. Doch aufgepaßt! Bei solch marktschreierischen Annoncen sollte man vorsichtig sein.
Ob im Sommer oder im Winter: Heizölkauf ist immer Vertrauenssache.
Wiederholt haben nämlich Eichämter Tankwagen ins Visier genommen. So lesen wir in der Westfalenpost (Ausgabe Hagen) vom 25. Mai 2004 (Zitat): „10 % der Öllieferanten gelten als schwarze Schafe, die ihren Kunden weniger als angegeben liefern.“
Und weiter: „Immer wieder fallen Händler mit manipulierten Meßanlagen auf.“ Leider, muß man sagen, denn solche Gauner bringen ja ihre vielen anständigen Kollegen in Verruf.
Kann der Hausbesitzer sich denn überhaupt gegen kriminelle Abzocker wehren?
Ja, denn wir haben bei unseren Recherchen etliche Manipulationstricks gefunden, die im Laufe der Jahre ans Licht gekommen sind. Einzelne Dinge werden vielleicht nicht mehr praktiziert, andere können eventuell hinzukommen. Dem Erfindungsreichtum sind ja bekanntlich keine Grenzen gesetzt.
Beherzigen Sie die nachfolgenden Tips, geben Sie dem Betrüger keine Chance!

Zahlen müssen stimmen
Ob Heizöl oder Flüssig-Gas geliefert wird: Man sollte unbedingt die Werte des Tankwagen-Zählers mit den Mengenangaben auf Rechnung bzw. Lieferschein vergleichen. Das gilt auch für den automatisch ausgedruckten Beleg. Ist das Tankauto erst einmal weggefahren, läßt sich hier nichts mehr richten.

Bei Null fängt das Zählen an
Man sollte stets prüfen, daß der Zähler im Tankauto auch tatsächlich bei Null anfängt zu zählen. Um dem Kunden hier den kritischen Blick zu verwehren, liegt bisweilen wie zufällig die Mütze des Fahrers oder ein größerer Putzlappen über der Meßuhr. Und wenn der Zähler schon unsichtbare 200 Liter aufweist, dann fehlt diese Menge hinterher im Heizöltank, muß aber vom Kunden gleichwohl bezahlt werden.
Jeder Meßvorgang muß immer mit Null beginnen. Das gilt für elektronische Anzeigen mit Digital-Leuchtziffern ebenso wie für mechanische Meßuhren bzw. Rollenzählwerke. Überprüfen Sie unbedingt die erforderliche Nullstellung unmittelbar vor Beginn des Abfüllvorgangs.
Achten Sie also genau auf die Zähleranzeige, im nachfolgenden Bild waren es 3.357 Liter.

Meßuhr geeicht?
Auch müssen die Meßarmaturen geeicht sein. Dies wird durch den sogenannten Hauptstempel nachgewiesen. Dieser wird oft auch als „Eichmarke“ bezeichnet. Diese Marke wird oft halb auf das Typenschild und halb auf das Gehäuse geklebt, um ein Austauschen des Typenschildes zu verhindern. Der Hauptstempel darf nicht älter als zwei Jahre sein. Hier hilft die Farbe: Bei der Jahresendziffer 0 oder 5 ist die Farbe gelb; bei der 1 oder 6 ist sie braun, bei der 2 oder 7 blau; bei 3 oder 8 grau; bei 4 oder 9 grün.
Oft enthält der Hauptstempel noch einen Text, der angibt, bis wann die Eichung gültig ist. Im nachfolgenden Beispiel erlischt die Eichung Ende 2004.

Ist der Hauptstempel beschädigt oder unleserlich, dann erlischt die Eichung. Fragen sie den Fahrer nach dem Hauptstempel, vor allem an der Meßuhr, und lassen Sie ihn sich zeigen. Will der Tankfahrer Sie abwimmeln, ist dies ein Grund zu besonderer Vorsicht.

Mit Funk ging’s schneller
In Nordrhein-Westfalen wurde ein Tankfahrzeugfahrer erwischt, als er die Meßarmatur seines Fahrzeuges mittels eines Funkgerätes schneller laufen ließ. Denn elektronische Meßuhren können auch durch elektronische Steuerimpulse beeinflußt werden. Und weil die technische Ausstattung des Armaturenschranks teilweise auch mit elektrisch betätigten Magnetventilen arbeitet, kann auch schon ein mehr oder weniger versteckt angebrachter Magnet zu einer Manipulation führen.

Besonders übel: Die Reibachleitung
Findige Tankfahrer haben diese Rücklaufleitung erfunden, die in Fachkreisen eben Reibachleitung heißt. Und die funktioniert so: Ein Teil des Öls, welches schon durch die Meßuhr gelaufen ist, wird durch eine dünne verborgene Leitung wieder in den Tank zurückgepumpt und läuft dann erneut über die Meßuhr. Während des gesamten Abpumpvorganges wird also ein Teil des Öls sozusagen mehrfach gezählt. Ergebnis: Die Meßuhr zeigt mehr an, als tatsächlich in den Haustank gepumpt wurde.
Damit lassen sich pro Tankwagen locker 10.000 Euro und mehr an jährlichem „Reingewinn“ erzielen.
Einen gewissen Schutz kann auch eine am hauseigenen Öltank anzubringende Tankuhr bieten, die genauer arbeitet als die standardmäßig mitgelieferten Anzeiger. Aber: Die Nachrüstung eines solch präziser arbeitenden Gerätes kostet einige hundert Euro und bietet auch nur einen ersten Anhalt.

Luft-Geschäfte
Durch Manipulation an den Leitungen, welche von den einzelnen Tankkammern des Lieferautos zur Pumpenanlage führen, kann dem Heizöl Luft beigemischt werden. Dann zählt die Meßuhr nicht nur das Öl, sondern auch soundso viele Liter „heiße Luft“.
Wenn Luft durch die Pumpenanlage des Tankautos strömt, sollte der ordnungsgemäß arbeitende Gasmeßverhüter eigentlich das System sofort abschalten - tut er aber dann nicht, wenn manipuliert wurde.
Aber: Am unteren Schauglas des Gasmeßverhüters sind dann perlende Luftblasen in dem roten Heizöl zu erkennen.
Nur, wie finde ich auf Anhieb das richtige Schauglas? Im nachstehend abgebildeten Tankauto-Armaturenschrank sind beispielsweise fünf Schaugläser zu sehen. Es kommt aber nur auf die beiden Schaugläser an, die hier mit einem Pfeil markiert sind, vor allem auf das untere Schauglas. Lassen Sie sich nicht beschwatzen, das System wäre seit kurzem geändert, es handele sich um eine völlig neue Anlage, solche Kontrollen würden heutzutage vom Computer automatisch übernommen usw. Am besten Sie lassen sich vor der Bestellung vom Heizölhändler einmal das Wichtigste erklären.

Die richtige Tageszeit
Wenn der Heizölfahrer an einem düsteren Herbstmorgen schon um viertel vor sechs auf der Matte steht, ist manch einer versucht, mit den Worten „Nun machen Sie mal …“ ihm den Schlüssel zum Heizkeller in die Hand zu drücken.
Doch besser ist es, während der gesamten Zeit immer unmittelbar neben dem Fahrer zu stehen. So kann man rasch erkennen, ob versucht wird, hier etwas zu verstellen, dort etwas zu verdecken, an diesem Rädchen zu drehen oder an jenem Ventil zu stellen.

Teurer Kaffee
Und wenn der Fahrer mit noch so treuherzigem Blick um eine Tasse Kaffee oder dergleichen bittet, hier zahlt sich Höflichkeit nicht aus. Denn wenn der Kunde nur wenige Minuten außer Sichtweite ist, kann dies ausreichen, um an der Anlage heimlich etwas zu verstellen. Denn kommen Sie dann zurück, kann es passieren, daß der Fahrer den Kaffee mit freudigem Gesicht annimmt und sagt „Ich hab’ Ihnen auch schon den Lieferschein mit dem Automaten ausgedruckt.“
Dann ist es mit der Kontrolle schon schlechter, vor allem wenn es der Fahrer nun plötzlich eilig hat.
Also: Seien Sie unbedingt dabei, wenn der Lieferschein ausgedruckt wird. Prüfen sie alle Zählerangaben sowohl zu Beginn als auch zu Ende des Abfüllvorgangs.

Die 15-Grad-Falle
Besonders tückisch ist die 15-Grad-Falle, die nur technisch Versierte ohne weiteres verstehen.
Kommt nämlich das Heizöl frisch von der Raffinerie, hat es vielleicht eine Temperatur von 55 Grad Celsius. In den Heizöltank eingefüllt, kühlt es sich im Laufe von ein paar Tagen ab. Und dann schrumpft natürlich das Volumen. Denn bei Abkühlung ziehen sich alle Körper zusammen. Grob gerechnet können bei 3.000 Litern Heizöl und 40 Grad Temperaturunterschied auf diese Weise rund 100 Liter „verschwinden“. Aus diesem Grunde sind moderne Abfüllpumpen mit einer elektronischen Kompensation ausgestattet. Hier wird das Volumen des warmen Öls auf einen Standardwert von 15 Grad heruntergerechnet.
Beim automatischen Ausdruck könnte also der entsprechende Beleg über die Temperaturkompensation wie folgt lauten:

Beleg-Nummer xyz ....
Zähler-Nummer xyz ....
Datum 25. Mai 2004
Beginn 15:25:30 Uhr
Ende 16:09:45 Uhr
Produkt Heizöl El
Abgabemenge
bei 15 °C 3.357 Liter

Hinweis: Eine weitere Kontrolle ergibt sich aus Datum, Beginn und Ende des Abfüllvorganges. Diese Zeitspanne sollte in etwa mit der Anwesenheitszeit des Tankautos übereinstimmen.
Es wird aber berichtet, daß es immer noch vereinzelte Lieferanten gibt, welche diese Umrechnung per Kugelschreiber auf dem Lieferschein vornehmen. Wer hier als Kunde nicht in Prozent-, Dreisatz- und Klammerrechnung besonders fit ist, möglicherweise auch noch etwas unaufmerksam, kann rasch übers Ohr gehauen werden.
Die manuelle Umrechnung auf die 15 Grad erfolgt wie nachstehend gezeigt:
Zunächst muß die Temperatur ermittelt werden, welche das Öl im Tankwagen hat. Diese heißt „tAbgabe„.
Dann benötigt man die Menge, also das Volumen, welches laut Meßuhr abgegeben wurde. Das ist „VAbgabe“.
Diese Zahlenwerte werden wie folgt berechnet: V0 = VAbgabe x (1 + 0,00084 x [15 °C – tAbgabe])
Das Ergebnis des Rechenvorgangs ist die „wahre„, nämlich temperaturbereinigte Volumenangabe „V0“, welche die 15-Grad-Umrechnung schon beinhaltet.
Ein Beispiel: VAbgabe sei 3.414 Liter; tAbgabe betrage 35 °C. Das bedeutet: Es werden 3.414 Liter Öl in den Haustank gepumpt, welches 35 Grad warm ist.
Dann ergibt sich folgender Rechenweg (Ergebnisse gerundet):
Die Temperaturdifferenz in Zahlen beträgt 15 - 35 = - 20. Dieser Wert von minus zwanzig wird mit 0,00084 malgenommen. Das ergibt - 0,0168. Dazu muß + 1 hinzugefügt werden. Das ergibt 0,9832. Mit diesem Betrag sind die 3.414 (Liter) malzunehmen. Das ergibt 3.414 x 0,9832 = 3.357 Liter als bei 15 Grad tatsächlich zu berechnende Liefermenge. Die Differenz zwischen dem 35 Grad warmen Öl und dem Öl von 15 Grad beträgt 3.414 - 3.357 = 57 Liter. Bei einem Literpreis von 40 Cent ergibt das, falls nicht berücksichtigt, einen Verlust von knapp 23 Euro. Ist das eingepumpte Öl wärmer als 35 Grad, also etwa 50 oder 60 Grad, dann sind auch die Verluste größer.

Wo bleibt das „verschwundene„ Öl?
Wenn unseriöse Lieferanten mehr Heizöl berechnen als sie tatsächlich liefern, muß das erschwindelte Heizöl ja irgendwo bleiben. Zumal wenn es sich um nennenswerte Mengen handelt. Hier wird berichtet, daß dieses Heizöl bisweilen nochmals verkauft wird, aber diesmal ohne Mehrwertsteuer. Der unseriöse Lieferant macht also zweimal richtig Kasse.
Doch Vorsicht! Wenn Ihnen jemand etwa für Ihr Einfamilienhaus Heizöl ohne Quittung und obendrein noch ohne Mehrwertsteuer anbietet, dann bewegen sich solche Geschäfte auf gefährlichem Terrain. Hier kann auf seiten des Verkäufers der Tatbestand des Betruges und der Steuerhinterziehung erfüllt werden. Und sogar der Kunde kann sich z. B. der Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar machen, nämlich dann, wenn er mit Wissen und Wollen bei einer solchen Kungelei mitmacht. Auch kann er vom Finanzamt zur Nachzahlung verpflichtet werden (§§ 369 ff., 71 ff. AO).
Daher gilt nach wie vor der Satz: Billig ist teuer!

In jeder Ausgabe des GRUNDEIGENTUM finden Sie interessante mietrechtliche Gerichtsentscheidungen, Aufsätze, Hintergrundinformationen, Gesetze und Verordnungen sowie wertvolle Praxistips rund um die Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft.

Informieren Sie sich schon vorab im Inhaltsverzeichnis des aktuellen GRUNDEIGENTUM-Heftes, das wir Ihnen im DOWNLOAD-Bereich als PDF-Datei zur Verfügung stellen, über die jeweiligen Inhalte bzw. Themenschwerpunkte!
Autor: RA Frank-Georg Pfeifer, Hagen