Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Archiv / Suche


Tempo, Tempo
17.06.2004 (GE 12/04, Seite 705) Hier soll nicht die Rede sein von den politischen Implikationen der Tempodrom-Affäre, nicht von Herrn Strieder und seinen Vorgängern, nicht von Herrn Specker und anderen Förderern. Was hier untersucht wird, das ist die Frage, ob Bauten wie das Tempodrom überhaupt privat finanzierbar sind.
Ob geltungssüchtige Architekturentwürfe bezahlbar sind, ob nicht Bauten wie das Tempodrom, das Velodrom, die Akademie am Brandenburger Tor und die dortigen Bankentempel, am Ende auch all die neuen Bundesbauten von einem derartigen Mißverhältnis zwischen Aufwand und Nutzungsertrag (oder auch nur -ertragsmöglichkeit) geprägt sind, daß sich jede normale privatwirtschaftliche Finanzierung (mit Zins und Tilgung) von selbst verbietet. Und dabei ist von den Folgekosten, die diese Glastempel in der Regel verursachen, noch gar nicht die Rede. Auch für deren Bezahlung kommen eigentlich nur Sponsoren wie Banken, wie der Bund oder (früher mal) das Land Berlin in Betracht. Soweit es das Tempodrom angeht, galt wohl bei seiner Planung der Satz: „Luftschlösser verursachen keine Baukosten …„, nur vergaß man damals, den zweiten Halbsatz zu zitieren und zu beachten: „… aber ihre Zerstörung ist oft sehr teuer„ (Francois Mauriac).

Bei Kirchen (früher mal, als die noch gebaut wurden), bei Museen und schon gar bei einem der jüdischen Vergangenheit gewidmeten Bauwerk fragt erst gar keiner nach dem wirtschaftlichen Nutzen, und das Geld für das Ganze - na, das hat man eben, oder man läßt es gleich sein. Skulpturen wie das jüdische Museum haben eben tolle Kunstwerke zu sein. Sind sie das, fragt keiner mehr nach den Kosten.

Ganz anders sieht die Sache dann aus, wenn das zerstörte WORLD TRADE CENTER in New York wieder aufgebaut werden soll: Da reicht eine noch so ambitionierte Libeskind-Skulptur nicht aus (Historie hin, Mahnmal her), da wird dann ein gestandener Architekt hinzugezogen, der etwas von Statik, vom Raumflächenfaktor und überhaupt auch eine Menge von Bauwirtschaft, von Vermietung, von Betriebskosten, von Versicherungsgebühren und von all dem Kleingedruckten versteht, das in Bau- und Nutzungsverträgen so seinen Niederschlag findet.

Aber kehren wir aus der Höhe zurück zum Tempodrom, zu Veranstaltungshallen, zu Sporthallen, zu Musikhallen und allen anderen Vergnügungsstätten. Denn die sind eigentlich alle nur finanzierbar, wenn ausschließlich Eigenkapital - und sei es in Form der Spenden von Förderern - oder wenn Mittel der öffentlichen Hand zum Einsatz kommen. Jeder Fachmann weiß das, und manche haben es auch von Anfang an gesagt. Aber es gibt Leute, die nicht eher hören, als bis man ihnen die Ohren abschneidet (Lichtenberg). Nun wird geschnitten und geschnippelt, zwar nicht an den Ohren, wohl aber am Ruf und an der Reputation von Leuten, die alle bester Absicht waren. Nur - mit gutem Willen allein lassen sich bekanntlich keine Häuser bauen. Und jetzt wird heimgezahlt, wenn auch nicht von denen, denen man das Geld beschafft hat. Aber das ist schon wieder Politik und Strieder, und deswegen lassen wir das.

Die Moral von der Geschicht? Daß man beim nächsten Mal die gleichen Fehler wieder begehen wird: Die Finanzierung wird für sicher erklärt und der Bau für bezahlbar, obwohl das ein Wettbewerb war, und der verzickteste Entwurf gekürt wurde.

Vielleicht ganz gut, daß die Sache schief ging. Denn Erfolg ist so ziemlich das letzte, was einem vergeben wird (Truman Capote). Herr Strieder kann ein Lied davon singen, denn was stand da wohl im Hintergrund der ganzen gezielten Abschuß-Operation Tempodrom? Na, dreimal braucht man gar nicht zu raten, wenn man sich daran erinnert, wer die jetzige Koalition gezimmert hat. Herr Zimmer doch wohl nicht!

In jeder Ausgabe des GRUNDEIGENTUM finden Sie interessante mietrechtliche Gerichtsentscheidungen, Aufsätze, Hintergrundinformationen, Gesetze und Verordnungen sowie wertvolle Praxistips rund um die Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft.

Informieren Sie sich schon vorab im Inhaltsverzeichnis des aktuellen GRUNDEIGENTUM-Heftes, das wir Ihnen im DOWNLOAD-Bereich als PDF-Datei zur Verfügung stellen, über die jeweiligen Inhalte bzw. Themenschwerpunkte!
Autor: Dietmar Otremba